KI-Anwendungen erkennen, bewerten, gestalten

Bei Digitalisierungsvorhaben greifen in deutschen Unternehmen auch KI-Anwendungen immer mehr Raum. Oftmals geschieht dies gar nicht geplant und gezielt, sondern eher beil?ufig. Dies bringt dann erhebliche Nachteile mit sich. Es kann beispielsweise dazu f?hren, dass die Chancen einer KI-Anwendung nicht zielf?hrend ausgesch?pft werden (k?nnen), weil in Ger?ten implementierte KI-Verfahren unerkannt bleiben. Oder dazu, dass ihre Auswirkungen auf die Arbeitsprozesse bestenfalls im Nachgang deutlich werden. Das kann bedeuten, dass Arbeitsschutzrechte von Besch?ftigten verletzt werden oder Regelungsbedarfe, wie etwa Datensicherheit und Datenschutz ?bersehen und nicht beachtet werden. Eine standardm??ige Ausweisung von KI-Elementen bei allen Softwareprodukten sowie technischen Produkten, die Software enthalten, sollte daher allen Herstellern und Softwareunternehmen zur Pflicht gemacht werden.

Noch ist dies aber nicht so. Umso wichtiger ist es, dass alle betrieblichen Akteure Grundlagenkenntnisse ?ber KI-Verfahren erwerben k?nnen, die ihnen eine erste Orientierung bieten, ob und welchen Nutzen ein Betrieb aus KI-Verfahren ziehen kann und welche Aspekte bei einer betrieblichen KI-Einf?hrung zu beachten sind.

Lern- und Experimentierr?ume KI: Gestaltungswissen f?r Betriebsr?te

Die Projekte aus der BMAS-F?rderrichtlinie ?Zukunftsf?hige Unternehmen und Verwaltungen im digitalen Wandel? haben mit ihren ?Lern- und Experimentierr?umen KI? genau dies zum Ziel. Neben dem Verbundprojekt enAIble hat nun auch das Lern- und Experimentierraumprojekt humAIn work.lab Betriebsr?te befragt, wie sie KI-Anwendungen einsch?tzen und welche Anforderungen aus ihrer Funktion als Interessensvertretung f?r Besch?ftigte an die Einf?hrung und die Arbeitsgestaltung von KI zu stellen sind.

Die Ergebnisse aus den zehn Interviews, die das enAIble-Team mit Betriebs- und Personalr?ten durchgef?hrt hat, sind in unserer Projektbrosch?re  zusammengefasst. Diese werden nun best?tigt und erweitert durch die Ergebnisse einer Betriebsr?tebefragung mit dem Titel K?nstliche Intelligenz im Betrieb ? Handlungsfelder und Gestaltungserfordernisse f?r Interessenvertreter*innen, die unser ?Schwesterprojekt? humAIn work.lab der Forschungs- und Beratungsgesellschaft INPUT Consulting gGmbH in Stuttgart im September 2021 durchgef?hrt hat.

Rahmen der Befragung

An der Befragung haben sich 923 Interessenvertretungen der Gewerkschaften Ver.di, IG Metall und dem DGB beteiligt. Sie stammen ?berwiegend aus gro?en Betrieben und Dienstleistungsbranchen. Ein Drittel (33 Prozent) gab an, dass in ihrem Unternehmen KI genutzt wird. Bei einem F?nftel (19 Prozent) wird eine Anwendung geplant. Bei knapp der H?lfte (44 Prozent) wird im Haus noch keine KI eingesetzt und es ist auch keine in Planung.

Bemerkenswert ist, dass immerhin ein F?nftel der Befragten nicht wei?, ob KI im eigenen Unternehmen ?berhaupt genutzt wird. Dies weist auf den bereits oben genannten grundlegenden Orientierungs- und Qualifizierungsbedarf hin.

Ergebnisse aus der Befragung

Auswirkungen auf Arbeit: Mehr Bef?rchtungen als Hoffnungen

Die befragten Betriebsr?te erwarten, dass der Einsatz von KI weitreichende Ver?nderungen in der gesamten Arbeitswelt mit sich bringt. Jeweils knapp 90 Prozent erwarten neue Arbeitsinhalte und Qualifikationsanforderungen sowie eine Zunahme der Ver?nderungsgeschwindigkeit im Arbeitsleben.

Insgesamt ?berwiegt bei den Betriebsr?ten Skepsis in Bezug auf die Auswirkungen des Einsatzes von KI. Jeweils rund 80 Prozent bef?rchten st?rkere Kontrollen und Arbeitsplatzverluste durch Automatisierung. 70 Prozent sehen Gefahren beim Datenschutz. Zwei Drittel sehen steigenden Arbeitsdruck auf die Besch?ftigten zukommen. Diejenigen Befragten, in deren Betrieb KI bereits eingesetzt wird, registrieren in besonders hohem Ma?e Arbeitsdruck.

Die KI-erfahrenen Befragten stellen zu knapp 80 Prozent vor allem den Wegfall von Routinet?tigkeiten fest. Dies ist ein zweischneidiges Schwert. Denn Routinet?tigkeit k?nnen zwar anstrengend, monoton und stupide sein. Sie k?nnen aber auch Ausgleich und Abwechslung von komplizierten T?tigkeiten bieten, die eine hohe Konzentration und Anstrengung erfordern.

Nur eine Minderheit sieht Ansatzpunkte f?r ?New Work?

Eindeutig positive, optimistische Erwartungen an die Arbeit mit KI, die mit dem Etikett ?New Work? in Verbindung gebracht werden k?nnen, sind nicht stark verbreitet. 30 Prozent der Betriebsr?te erwarten interessantere Arbeitsaufgaben, ein Viertel mehr Lerngelegenheiten und lediglich ein knappes F?nftel sehen eine St?rkung der Eigenverantwortung von Besch?ftigten.

Aus Sicht der Betriebsr?te droht k?nstliche Intelligenz die Arbeitenden eher in ein Korsett aus hohen Leistungsanforderungen und vor allem auch Kontrolle zu zw?ngen als Unterst?tzung und mehr Handlungsspielr?ume f?r sie zu bieten. Die Gefahr ?gl?serne Mitarbeitende?, deren Leistungen personenbezogen stets erfasst und kontrolliert werden k?nnen, zieht sich wie ein roter Faden durch die Ausk?nfte der befragten Interessenvertretungen. Sowohl in den enAIble-Interviews mit der Zielgruppe Betriebsr?te als auch im weiteren Verlauf der Input-Consulting-Befragung kommt dieses Thema immer wieder zur Sprache.

Leistungsf?higkeit der KI ist begrenzt - der Vorrang des Menschen muss bleiben

Die Einsch?tzung der Betriebsr?te zur KI sind weit entfernt von Science-fiction-Visionen, die der Technologie eine ?berlegenheit oder gar ?bermacht ?ber den Menschen zuschreiben. Von einer Ersetzbarkeit des Menschen durch KI gehen sie realistischerweise nicht aus. Zu begrenzt ist aus ihrer Sicht die Leistungsf?higkeit der Anwendungen im Alltag und in der Arbeitswelt.

Eine Mehrheit der Befragten schreibt der KI eine gute Leistungsf?higkeit dort zu, wo es um Verbesserungen von technisch-organisatorischen Funktionalit?ten geht, wie bei der Unterst?tzung von B?roarbeit, der vorausschauenden Wartung und dem Einsatz von Robotertechnik.

Das Zutrauen in die Zuverl?ssigkeit der KI ist jedoch dann gering, wenn es um Themen geht, bei denen Mensch und Maschine interagieren. Ob im Kundenservice, bei der Gesch?ftsprozesssteuerung oder gar bei Personalfunktionen, das Misstrauen in die Zuverl?ssigkeit der KI ist hoch. Der Mensch bleibt aus der Sicht der Betriebsr?te als Entscheider gefragt und darf die Ergebnisse von KI-Anwendungen keineswegs unhinterfragt ?bernehmen.

Zwei S?ulen der Arbeitsgestaltung: Prozessbeherrschung und Datenschutz

Folgerichtig muss, so fordern die Betriebsr?te, beim Einsatz von KI der Vorrang menschlichen Handelns gesichert werden. Daf?r muss der Mensch die technischen Prozesse beherrschen k?nnen. Dies stellt aus Sicht der Betriebsr?te einige grundlegende Anforderung an die Gestaltung der Technik im Betrieb.

KI-Anwendungen m?ssen zun?chst einmal zuverl?ssig und sicher funktionieren. Der Mensch braucht prinzipiell stets die M?glichkeit, in technische Abl?ufe eingreifen zu k?nnen. Daf?r ist es nach Meinung der befragten Betriebsr?te wiederum erforderlich, dass die Abl?ufe f?r die Besch?ftigten transparent, verst?ndlich und nachvollziehbar sind.

Qua Amt sind Betriebsr?te gefordert, die Einhaltung der Datenschutzregeln f?r die Besch?ftigten im Betrieb zu kontrollieren. Daher bilden die Einhaltung von Grundrechten sowie die Befolgung der Rechtsgrundlagen der Datenerhebung und -nutzung, also die informationelle Selbstbestimmung, Hauptkriterien f?r die Akzeptanz von KI-L?sungen. Es geht hier um die Beachtung der Pers?nlichkeitsrechte der Mitarbeitenden im Betrieb. Sie sch?tzen vor ?berwachung, Kontrolle und damit auch vor Bevormundung.

Problemfelder der Betriebsratsarbeit

In seinen Grundlinien scheint der Auftrag der Interessenvertretungen im Bereich KI klar konturiert zu sein. Die Betriebsr?tebefragung zeigt gleichwohl einige "offene Flanken".

Im Rahmen des Betriebsverfassungsgesetzes sind die Interessenvertretungen vorrangig mit personalpolitischen Aufgaben befasst: dem hochbrisanten Feld des Schutzes personenbezogener Daten sowie der Setzung der leistungspolitischen Rahmenbedingungen f?r die Besch?ftigten. Diese beiden Kernaufgaben m?ssen gerade in kleineren Betrieben mit recht knappen Arbeitskapazit?ten bew?ltigt werden.

An den konkreten Arbeitsprozessen und den wichtigen Details der Arbeitsgestaltung sowie den technisch-organisatorischen Prozessen in den Bereichen sind sie oft nicht allzu nah dran. Dies erkl?rt m?glicherweise die folgenden widerspr?chlichen Ausk?nfte der Befragten. Wachsender Arbeitsdruck wird einerseits als ein zentrales Problem beim Einsatz von KI identifiziert. Andererseits werden die Themen Arbeitsorganisation und Handlungsspielr?ume der Besch?ftigten als eher nachrangiges Feld der KI-Folgeabsch?tzung betrachtet. Zudem ist Ergonomie als Pr?findikator f?r KI-Systeme f?r die Betriebsr?te eher unwichtig.

Die Betriebs- und Personalr?te sehen sich ?ber die Informationspflichten im Betriebsverfassungsgesetz hinaus bei Planungen und Entscheidungen zum KI-Einsatz zu wenig eingebunden. Sie bem?ngeln nicht ausreichende Mitbestimmungsm?glichkeiten, die ?ber die Informationspflichten des Arbeitgebers hinausgehen. Aus den enAIble-Interviews wissen wir, dass die mangelnde Einbindung der Betriebsr?te auch mit einem fehlenden Austausch zwischen Betriebsr?ten und den IT-Fachkr?ften zusammenh?ngen kann. Dadurch fehlen den Betriebsr?ten nicht nur Informationen ?ber die genaue Gestaltung von KI-L?sungen, sondern auch der Zugriff auf das Fachwissen der betrieblichen Expertinnen und Experten.

Ausblick: Mehr Beteiligung an der Gestaltung von KI-L?sungen

Betriebliche Foren f?r einen kontinuierlichen Austausch der Akteure zum Thema KI-Systeme, der ?ber hierarchische Ebenen hinweg und interdisziplin?r zusammengesetzt ist, stehen daher weit oben auf der ?Wunschliste? der Befragten. Sie sind nahezu einhellig der Meinung, dass der Einsatz von KI ein proaktives, mitgestaltendes Selbstverst?ndnis von betrieblichen Interessenvertretungen erfordert. Dazu k?nnen neben Durchsetzungskraft auch Wissen ?ber KI und deren Gestaltungsm?glichkeiten im eigenen Betrieb ma?gebliche Beitr?ge leisten.

Die Befragung unseres Schwesterprojekts best?tigt somit einen zentralen Befund unserer enAIble-Interviews: Eine erfolgreiche Einf?hrung von KI-Anwendungen setzt die rechtzeitige Einbindung aller beteiligten betrieblichen Akteure voraus ? dazu z?hlen auch die Interessenvertretungen.

Weitere Informationen und Publikationen zum Projekt enAIble 

W?nschen Sie weitere Informationen zum Projekt enAIbe? Wir freuen uns ?ber Ihr Interesse und Ihre Kontaktaufnahme.

Carmen Hammer Fachkr?ftesicherung / Projektleiterin

06196 495-3205
Carmen Hammer

Dr. Andreas Hinz Fachkr?ftesicherung / Referent

06196 495-3213
Dr. Andreas Hinz

Bleiben Sie auf dem Laufenden!

Mit unseren RKW Alerts bleiben Sie immer auf dem Laufenden. Wir informieren Sie automatisch und kostenlos, sobald es etwas Neues zum Projekt "enAIble ? Digital Mentoren" auf unserer Website gibt. Alles, was Sie dafür brauchen, ist eine E-Mail-Adresse und 10 Sekunden Zeit.

Bitte geben Sie hier das Wort ein, das im Bild angezeigt wird. Dies dient der Reduktion von Spam.

CAPTCHA-Bild zum Spam-Schutz Wenn Sie das Wort nicht lesen können, bitte hier klicken.