?Im Grunde begann alles mit meinem alten Chef vor ?ber 20 Jahren?, erz?hlt sie. Wir haben Sabine Stengel in ihrer Dachgeschosswohnung mitten in Friedrichshain in Berlin getroffen. Wir wollen mehr ?ber die 51-j?hrige Unternehmerin erfahren, was sie zum Vorbild macht und wer ihre Vorbilder waren.

Die Unternehmerin lebt seit 30 Jahren in Berlin. Unsere Frage, ob sie denn von Haus aus Unternehmerin sei, beantwortet sie mit einem klaren ?Nein?. ?Ich stamme aus einer klassischen Beamtenfamilie. Und als ich meine Idee vom Selbstst?ndig-Sein konkretisierte, wurde ich damals fast f?r verr?ckt erkl?rt?, erz?hlt sie.

Vorbild vs. Antivorbild

Wer war also ihr Vorbild? ?Ich hatte auf jeden Fall ein Antivorbild.? Ihre Antwort macht neugierig. Nun holt sie weiter aus, erz?hlt, dass sie in ihrem Studium zur Diplom-Kartografin noch lernte, Landkarten mit Tusche und Zei?chenfeder zu zeichnen. Heute kaum noch vorstellbar. Computer und Soft?ware brachte sie sich selber bei. Nach dem Studium ab 1990 war sie in einem Unternehmen angestellt ? war dabei erfolgreich, stieg auch auf bis zur Abteilungsleiterin. Was sie auszeichnete? ?Ich habe immer gute Ideen, wie man etwas verbessern kann.? Ihr Chef aber, der eingangs schon erw?hnt wurde, bremste sie aus: ?Mache Du Dir nicht die Gedanken, die ich mir machen sollte? und macht ihr damit eine klare Ansage. Eine Schl?sselsituation f?r Sa?bine Stengel: ?Ich war richtig w?tend und dachte mir: Na gut, dann nutze ich meine Ideen eben f?r meine eigene Unternehmung?. Dieses Frustrations?erlebnis war der Startpunkt.

Allerdings hat die Unternehmerin in den letzten Jahrzehnten auch immer positive Beispiele und beeindruckende Menschen kennengelernt, die ihr Vor?bild waren. Da ist zum Beispiel Heide Meyer: Sie ist 72 Jahre alt, eine echte Berlinerin und eine der bekanntesten Einzelhandelsverk?uferinnen Deutsch?lands. Sie hat 50 Jahre lang Dessous verkauft, sie war die j?ngste Eink?ufe?rin im KaDeWe und hat sp?ter erfolg?reich eine eigene Boutique in Berlin aufgebaut.

?Ihre Art das Leben zu sehen, ihr Inte?resse an Menschen und ihre Geschich?te, dass sie immer noch offen und wissbegierig ist, das ist f?r mich ein Vorbild?, erz?hlt Sabine Stengel begeis?tert.

Erstes Unternehmen: cartogis ? einfach sch?ne Landkarten

Sabine Stengel gr?ndete 1996 die car?togis GmbH, mit der sie seit vielen Jahren erfolgreich ist. Nach dem Mot?to ?Die Welt braucht sch?ne Karten? erstellte sie mit ihrem Team individu?ell gestaltete Landkarten, die Kunden waren unter anderem Werbeagen?turen und gro?e Unternehmen. Die Mitarbeiteranzahl wuchs stetig, schon 1998 hatte sie ihre erste Webseite und wenige Jahre sp?ter entwickelte sie einen der ersten deutschen Online-Landkarten Shops zum Download von Landkartenvorlagen.

Zweites Standbein: Innovationsmanagement

Doch in Zeiten von Google Maps wa?ren die Kunden nicht mehr bereit, ihre Leistung entsprechend zu bezahlen und das unvermeidliche trat ein: das Downshiften der GmbH im Jahr 2011. Heute arbeitet sie noch alleine in ih?rem Betrieb, aber nur f?r ausgew?hlte Kunden. Sabine Stengel lie? sich je?doch nicht entmutigen. ?Ich brannte noch immer f?r neue Ideen und traf dann auf die Leuphana Universit?t L??neburg. Mit knapp 50 Jahren studierte ich so noch einmal Innovationsma?nagement?, berichtet sie zurecht etwas stolz.

Zweites Unternehmen: Beratung f?r Innovationsmanagement

Die 20 Jahre Berufserfahrung, die selbst erlebten H?hen und Tiefen halfen ihr, ihr zweites unternehmerisches Projekt umzusetzen ? ein Beratungsunterneh?men f?r Innovationsmanagement, und zwar vor allem in kleinen und mittleren Unternehmen.

Drittes Gesch?ftsmodell: Die Ideenretter

Dann kam die Initiative ?FRAUEN un?ternehmen?, die ihre dritte Unter?nehmung zu ?verschulden? hat, wie Sabine Stengel schmunzelnd erz?hlt. Im Rahmen einer Veranstaltung der Initiative f?hrte sie ehrenamtlich Workshops f?r Innovation & Entre?preneurship an Schulen durch. Dieses Experiment kam gut an und begeisterte auch die Unternehmerin selbst so sehr, dass sie gemeinsam mit einer Partne?rin daraus ein Gesch?ftsmodell ?Die Ideenretter? entwickelte. Daraufhin gewann sie im Herbst dieses Jahres ein Beratungsstipendium von startso?cial ?Hilfe f?r Helfer?. Ihr Konzept: Jugendliche lernen ?ber einfache Me?thoden und Werkzeuge, wie sie ihre eigenen Produkt- oder Gesch?ftsideen entwickeln und umsetzen k?nnen. Die prozessorientierte Begleitung erm?g?licht Jugendlichen, speziell denen mit schwierigen Startchancen, die verin?nerlichte Machtlosigkeit (?Das klappt ja eh nicht?-Einstellung) zu ?berwin?den und zu zielstrebigen und neugie?rigen Akteuren zu werden.

Was macht sie zum Vorbild?

Auf diese nicht ganz einfache Frage antwortet die Unternehmerin: ?Ich habe gro?e Selbstdisziplin und ein gutes Durchhalteverm?gen, ich habe n?mlich schon etliche H?hen und Tie?fen durchlebt. Ich kann Menschen be?geistern und bin ein optimierungs- und l?sungsorientierter Mensch. Au?erdem habe ich in einer m?nnerdominierten Branche meinen Platz gefunden.?

Sabine Stengel ist aber nicht nur un?ternehmerisch ein Vorbild, sondern auch im Ehrenamt. Neben den ehren?amtlichen T?tigkeiten f?r die Initiative ?FRAUEN unternehmen? ist sie auch beim Verband deutscher Unterneh?merinnen und beim TWIN-Programm engagiert, das einzige Mentoringpro?gramm von Unternehmerinnen f?r Unternehmerinnen. Zudem ist sie auch in der Hospizarbeit ehrenamtlich aktiv.

Wahrlich ein Vorbild ? deshalb haben wir die Unternehmerin auch zu unserer RKW Beiratssitzung ?Gr?ndung? im November eingeladen (siehe Bericht im RWK-Magazin 4/2015). Dort berichtete sie von ihrem Werdegang und moderierte einen Workshop.