Einblicke in unsere Werkstatt: 3 x Strategie in Unternehmen
"Mehr Strategie? verordnen Management-Gurus kleinen und mittleren Unternehmen. Und was hei?t das in der Praxis? Wir haben Mittelst?ndler bei Strategieprozessen begleitet und stellen Erkenntnisse daraus hier vor. Ein Dienstleister und zwei Industrieunternehmen, alle drei vergleichbar gro? (ca. 26 ? 52 Mitarbeiter), wachsen und planen strategisch ihre weitere Expansion. Im Mittelpunkt stehen daher die vier priorit?ren strategischen Schl?sselgr??en: Marktpositionierung, Produktivit?t, Innovation und Attraktivit?t f?r das passende Personal.
Den Spagat verkraften
Bei Strategieprozessen in Wirtschaftsunternehmen bekommt man es meist mit Spagatkonstellationen zu tun, die von den internen Strukturen und Prozessen verkraftet werden (m?ssen):
- Wenn ich einem intensiven Preis- und damit Kostenwettbewerb durch gr??ere Anbieter ausgesetzt bin oder absehbar sein werde, und gleichzeitig auf stark umworbene Fachkr?fte angewiesen bin ? wie bringe ich dann die n?tigen Investitionen (z. B. f?r Personalmarketing und Incentives) zur Verbesserung meiner Arbeitgeberattraktivit?t auf?
- Wenn ich meine Unabh?ngigkeit von Fachkr?ften bewahren, will um meine Wachstumsziele nicht zu gef?hrden, wie schaffe ich es dann, mich wirkungsvoll auf Qualit?tsm?rkten zu positionieren?
- Wenn ich mich in Qualit?tsm?rkten mit individuelleren Leistungen positioniere und in der Folge meine teuren Anlagen auf Dauer zu wenig ausgelastet sind, wie schaffe ich es dann, dass mit dem Umsatzwachstum zugleich auch mein Betriebsergebnis w?chst?
Nat?rlich schafft ein Strategieprozess diese Spagate nicht aus der Welt, tr?gt aber betr?chtlich dazu bei, dass ein Unternehmen mit ihnen (oder neu entstehenden) leben kann.
Noch ein weiteres zeigen die drei Unternehmensbeispiele: Je nach strategischer Konstellation sind die Personalaufgaben in kleinen Unternehmen sehr unterschiedlich gelagert. Entweder ein Unter-nehmen braucht ?berhaupt keine eigene Personalfunktion, oder es ergeben sich spezifische personalwirtschaftliche Aufgaben, die ohne ausdifferenzierte Personalfunktion nicht effektiv und effizient bew?ltigbar sind.
Unternehmensbeispiel (1) Dienstleister in der Pflegebranche: Arbeitgeberattraktivit?t in einem stark reglementierten (Preis-)Markt
Das Unternehmen hat 35 Mitarbeitern und drei Produkt-/Marktkonstellationen: Grundpflege, Behandlungspflege und Tagespflege. Daneben gibt es noch die hauswirtschaftliche Betreuung mit allerdings marginalem Anteil am Umsatz des Unternehmens. Es ist stabil, familiengef?hrt und hat einen guten Ruf in der Region sowie in der Branche. Der Markt ist regional klar segmentiert und w?chst ? auch langfristig ? auf Grund des demografischen Wandels. Das er?ffnet dem Unternehmen guten Wachstumschancen, mindestens bei Behandlungspflege und Tagespflege. Die Gesch?ftsf?hrung beabsichtigt, mindestens mit dem Markt zu wachsen.
Ein Risiko liegt darin, dass gro?e Wettbewerber auf die regionalen M?rkte dr?ngen und kleine regionale Anbieter preislich unterbieten. Dabei ist der Markt insgesamt stark (gesetzlich) reglementiert, Krankenkassen und Pflegekasse bestimmen als gro?e Kunden mit einem sehr professionellen und ?berregional agierenden Einkaufsmanagement Preise und Wettbewerbsbedingungen. Das Unternehmen erzielt 90 Prozent seines Umsatzes mit den Krankenkassen und 10 Prozent mit Privatkunden.
Insgesamt gelten in der Pflegebranche die Merkmale wachsender M?rkte:
- Intensivierung des Wettbewerbs, verbunden mit dem f?r einzelne Anbieter hohen Risiko, aus dem Markt herauszufallen,
- Notwendigkeit, sich ?ber Qualit?t zu positionieren bei tendenziell nivellierendem Qualit?tsniveau sowie
- hohem Finanzbedarf der Unternehmen.
In dieser Situation muss es f?r kleinere Anbieter vor allem darum gehen, einen verteidigungsf?higen Marktanteil zu erringen (10 bis 15 Prozent), den das Beispiel-Unternehmen noch nicht erreicht hat. Damit eng verbunden ist die Notwendigkeit, eine wettbewerbsf?hige Kostenposition aufzubauen, um gegen erwartbare Preisk?mpfe gewappnet zu sein.
Ohne ausgebildetes Fachpersonal ist das Unternehmen nicht handlungsf?hig. Dieses ist branchenweit knapp, daher besteht eine besondere Herausforderung darin, sich als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren, der in Weiterbildung investiert und ?ber ein f?higes Management verf?gt. Gleichzeitig ist es von existenzieller Bedeutung, die Personalkostenproduktivit?t zu verbessern. Kein ungew?hnlicher Spagat f?r kleine mittelst?ndische Unternehmen, bei dem ein Strategieprozess hilfreich ist.
Lesen Sie auch das 2. Beispiel und das 3. Beispiel aus Industrieunternehmen.