Anne Nitschke leitet die Kontaktstelle Frau und Beruf Ostw?rttemberg ? Ostalbkreis in Baden-W?rttemberg. Wir haben mit ihr ?ber ihre Einsch?tzung bez?glich Gr?ndungsseinstellungen der Menschen aus ihrer Region gesprochen.
Frau Nitschke, wie ist Ihr Eindruck: Welche Einstellungen bez?glich Unternehmertums haben die Menschen in Ihrer Region?
In der Region Ostw?rttemberg sind viele mittelst?ndische Unternehmen angesiedelt, die den Standort sch?tzen und durch ihr Tun zur Prosperit?t der Region beitragen. Dies wird von den B?rgerinnen und B?rgern wahrgenommen und gesch?tzt. Auch die Pandemie hat gezeigt, dass die Unternehmen den Standort und Arbeitskr?fte halten wollen. Die Menschen stehen den Unternehmen in der Region positiv gegen?ber. Sie sind f?r sie Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, Ausbilderinnen und Ausbilder, Steuer- und Sozialbeitragszahlende, Produzentinnen und Produzenten, Dienstleisterinnen und Dienstleister wie auch Sozial- und Kooperationspartnerinnen -partner und ?bernehmen gesellschaftliche Verantwortung in verschiedenen Bereichen.
Welche Ma?nahmen sind sinnvoll, um Gr?ndungseinstellungen von Personen positiv zu beeinflussen? Welchen Beitrag leistet Ihre Einrichtung dazu?
Wichtig ist, am Mindset zu arbeiten, denn die Einstellungen zu den eigenen Gr?ndungsf?higkeiten und zum Fachwissen werden h?ufig untersch?tzt. Auch die Erkenntnis, nicht alles selbst abdecken zu m?ssen, ist hilfreich: Gr?nden im Team kann eine Chance sein, indem sich die Gr?ndungsperson auf ihr Kerngesch?ft fokussiert und andere mit einbinden kann. Die Angst vor dem Scheitern ist ebenso ein wichtiger Faktor: wir m?ssen eine Fehlerkultur etablieren und aufzeigen, dass ein Scheitern auch Chancen bietet. Ganz wichtig: Gute Beispiele aufzeigen: kennen Menschen andere ?Jungunternehmerinnen und Jungunternehmer?, kann das die Gr?ndungsentscheidung positiv beeinflussen. Ein gutes Umfeld und eine gute Infrastruktur haben weiterhin positive Auswirkungen. Auch das Berufswahlverhalten ist ein wichtiger Dreh- und Angelpunkt. Bei all diesen Aspekten ist unsere Region gut aufgestellt mit einem vielf?ltigen auf die jeweilige Zielgruppe ausgerichtetem Angebot: Hochschulen, Schulen, Kammern, Co-Working-Spaces, spezielle Workshops und individuelle Beratungen von Frauen und vieles andere.
M?nner haben etwas positivere Gr?ndungseinstellungen als Frauen. Wie erkl?ren Sie sich das?
Werden die absoluten Zahlen betrachtet, gr?nden Frauen weniger h?ufig als M?nner. Allerdings ist es wichtig zu erw?hnen, dass es durchaus Unterschiede in verschiedenen Branchen gibt. So gr?nden im Friseurhandwerk mehr Frauen als M?nner; im IT-Bereich sieht es wieder anders aus. Sicher ist die geringere Zahl der Gr?ndungen durch Frauen und sind damit die negativeren Gr?ndungseinstellungen auch auf das immer noch fest verankerte traditionelle Berufswahlverhalten, auf Stereotype, die Sozialisation und auf ein damit verbundenes geringeres Zutrauen in sich selbst und die eigenen Kompetenzen zur?ck zu f?hren. M?nner w?hlen m?nnertypische Berufe, Frauen frauentypische ? und die m?nnertypischen Berufe f?hren eher in eine Gr?ndung. Hinzu kommt, dass Frauen verst?rkt in die Familienarbeit eingebunden sind und damit ?ber weniger Zeit verf?gen, die sie in die Selbst?ndigkeit investieren. Auch auf das soziale Kapital, sprich auf verf?gbare Netzwerke, die ich f?r eine Gr?ndung brauche, hat dies Auswirkungen. Und: verdiene ich weniger, habe ich weniger gute Chancen bei der Kreditvergabe. Daher brauchen wir Vorbilder und m?ssen fr?h an vielen Schnittstellen aktiv werden.
Was muss zuk?nftig passieren, damit sich die Gr?ndungseinstellungen in der Gesellschaft verbessern?
Hier gibt es vielerlei Ansatzpunkte, die aber meist nur mittel- und langfristig Wirkung zeigen k?nnen: Die Schaffung einer gr?ndungsfreundlichen Umgebung, die Integration von ?Unternehmergeist? in Bildung und Ausbildung, digitale Bildung, F?rderung von Kreativit?t und Offenheit f?r Neues, Menschen Angst vor dem Scheitern nehmen ? eine Fehlerkultur etablieren, Belastung durch Regulierungen mindern, Vorbilder darstellen, am Bild vom ?rein gewinnmaximierenden Unternehmertum? arbeiten ? denn das vorherrschende Bild vom ?Unternehmer? hat Auswirkungen auf die individuelle Gr?ndungsbereitschaft; hier bieten die Themen Nachhaltigkeit und Innovation k?nftig gro?e Chancen.