Frau Dr. Beermann (Leiterin der Gesch?ftsstelle und Direktorin f?r Transfer und Innovation), Herr Prof. Dr. Baum (Inhaber des Lehrstuhls f?r Entrepreneurship & digitale Gesch?ftsmodelle und Direktor f?r Entrepreneurship) und Herr Prof. Dr. Isidor (Inhaber des Lehrstuhls f?r HRM & Intrapreneurship und Direktor f?r Intrapreneurship) leiten das im Jahr 2020 neu gegr?ndete Institut f?r Entrepreneurship & Innovation an der Universit?t Bayreuth.
Frau Dr. Beermann, Herr Prof. Baum, Herr Prof. Isidor - im Rahmen des Global Entrepreneurship Monitors wird die Gr?ndungseinstellung u. a. anhand der Wahrnehmung der eigenen Gr?ndungschancen und -f?higkeiten und anhand der Angst vor dem Scheitern gemessen. Wie messen Sie Gr?ndungseinstellungen?
Bei der Gr?ndungseinstellung unterscheiden wir zwischen der eigentlichen Einstellung gegen?ber der Gr?ndung und Faktoren, die diese Einstellung verst?rken oder abschw?chen. Die Gr?ndungseinstellung einer Person fassen wir dabei so, dass jemand bewusst ein Unternehmen gr?nden m?chte und dies f?r die Zukunft plant.
Bei der Frage nach m?glichen Treibern und Barrieren nehmen wir u.a. drei zentrale Aspekte in den Fokus: 1) Wie w?nschenswert oder erstrebenswert der Karrierepfad als Unternehmein oder Unternehmer angesehen wird; 2) Die normativen Werte des unmittelbaren sozialen Umfelds und des ?bergeordneten kulturellen Rahmens, hinsichtlich unternehmerischen Verhaltens; 3) Die ?berzeugung einer Person, das geplante Gr?ndungsvorhaben umsetzen zu k?nnen, d.h. ?ber die erforderlichen F?higkeiten zu verf?gen und die relevanten Faktoren beeinflussen oder steuern zu k?nnen.
Welche Rolle spielen die Gr?ndungseinstellungen von Personen bei der Entscheidung, ein Unternehmen zu gr?nden?
Die Entscheidung, tats?chlich ein Unternehmen gr?nden zu wollen, ist eng mit der Entrepreneurial Intention verkn?pft. Viele Menschen fassen zwar den Vorsatz, irgendwann einmal ein eigenes Unternehmen gr?nden zu wollen, setzen diesen Vorsatz aber selten in die Tat um. Der Unterschied ist hier im Abstraktionsgrad zu sehen, der auch dazu f?hrt, dass die oben genannten Faktoren f?r die tats?chliche Gr?ndungsentscheidung noch einmal eine viel st?rkere Rolle spielen als f?r blo?e unternehmerische Absichten. Entrepreneurial Intentions richten sich haupts?chlich auf die Attraktivit?t und Machbarkeit der identifizierten unternehmerischen Gelegenheit, d.h. als wie reizvoll die eigene Idee wahrgenommen wird. Je konkreter das eigene Gr?ndungsvorhaben wird, desto tangibler und dringlicher werden s?mtliche Aktivit?ten und Probleme, die es im Rahmen einer Gr?ndung zu bew?ltigen gilt. Anders formuliert, im Vergleich zur Komplexit?t einer tats?chlichen Gr?ndung, ist es wesentlich einfacher nur mit dem Gedanken einer Unternehmensgr?ndung zu spielen. Das Bewusstwerden dieser Komplexit?t kann zu Zweifeln und Unentschlossenheit f?hren, die in ein Aufschieben des Gr?ndungsvorhabens m?nden. F?r das ?bergehen der Intention hin zu Action ist insbesondere das unmittelbare soziale Umfeld und das Vertrauen in die eigenen F?higkeiten essenziell.
M?nner haben etwas positivere Gr?ndungseinstellungen als Frauen. Wie erkl?ren Sie sich das?
Frauen haben im Schnitt etwas niedrigere unternehmerische Intentionen als M?nner. Dies ist aber nicht darin begr?ndet, dass sie weniger unternehmerische Gelegenheiten erkennen als M?nner. Vielmehr zeigen Frauen ein breiteres Wahrnehmungsspektrum bez?glich m?glicher Hindernisse und Herausforderungen. Ein wichtiger Faktor ist hierbei die so genannte Selbstwirksamkeit, d.h. das Zutrauen und die ?berzeugung f?hig zu sein, ein Gr?ndungsvorhaben umsetzen zu k?nnen. Diese unternehmerische Selbstwirksamkeit scheint bei Frauen weniger stark ausgepr?gt zu sein als bei M?nnern. Dies kann dazu f?hren, dass Frauen schneller an der Umsetzbarkeit zweifeln und Vorhaben verwerfen bzw. gar nicht erst verfolgen. Damit verbunden sind etwaige gesellschaftliche Rollenbilder und Geschlechterstereotype bei der Berufswahl. Insbesondere Frauen scheinen ihre Berufsw?nsche auf Grund eines wahrgenommenen Mangels an erforderlichen F?higkeiten eher einzuschr?nken. Frauen sind also nicht weniger unternehmerisch eingestellt als M?nner, sondern sie scheinen im Schnitt weniger Zutrauen in ihre F?higkeiten zu haben, um die damit einhergehenden Herausforderungen meistern zu k?nnen. Dies w?re auch ein geeigneter Ankn?pfungspunkt f?r spezifische F?rderprogramme zur St?rkung der F?higkeiten, Resilienz und Selbstwirksamkeit.
Welche Ma?nahmen sind sinnvoll, um die Gr?ndungseinstellung von Personen positiv zu beeinflussen? Welchen Beitrag leisten Sie bzw. die Universit?t Bayreuth dazu?
F?r studentische Gr?ndungsaktivit?ten sind die individuellen Merkmale der Studierenden am wichtigsten, sodass die Entwicklung spezieller Ma?nahmen (z. B. handlungsorientiertes Training und Netzwerkveranstaltungen) zur F?rderung fr?hzeitiger positiver unternehmerischer Einstellungen und Kompetenzen vorteilhaft ist. Entrepreneurship Bildungsangebote k?nnen die Bildung von Intentionen zur Unternehmensgr?ndung insbesondere dann erh?hen, wenn diese aktionsbasiert sind. Um m?glichst viele Studierende erreichen und f?r Unternehmertum sensibilisieren zu k?nnen, versuchen wir unsere Entrepreneurship Education in alle Fachbereiche zu tragen. Dabei setzen wir in der Regel auf hybride Formate, d.h. zun?chst vermitteln wir das erforderliche Wissen und die F?higkeiten, die dann in Gruppen und in Zusammenarbeit mit Startups und Gr?ndenden in einem realen Kontext erprobt und angewandt werden. Mit diesem Vorgehen erreichen wir sehr gute Erfolge, um ein unternehmerisches Bewusstsein zu schaffen und studentisches Interesse an Unternehmertum zu wecken.
Was muss zuk?nftig passieren, damit sich Gr?ndungseinstellungen in der Gesellschaft in Deutschland verbessern?
Als gr??te Herausforderung sehen wir in Deutschland, dass viele Menschen Unternehmertum nicht als positiven Karrierepfad sehen bzw. diese Option f?r sich erst gar nicht in Betracht ziehen. Als gesellschaftlicher Grund ist hier klar das Stigma des Scheiterns zu sehen, das in Deutschland leider immer noch stark vertreten ist. Auch eine stark ausgepr?gte Tendenz zur Unsicherheitsvermeidung beeintr?chtigt die Gr?ndungseinstellung in Deutschland. Es ist leider immer noch so, dass ein klassisches Angestelltenverh?ltnis als die deutlich sicherere und gesellschaftlich akzeptiertere Option im Vergleich zu einer Unternehmensgr?ndung gilt. Ein wichtiger Einflussfaktor ist die noch eher als recht verhalten zu bezeichnende mediale Berichterstattung ?ber erfolgreiche Gr?nderinnen und Gr?nder. Positive Rollenbilder k?nnen ein starker Pr?diktor f?r die Entwicklung unternehmerischer Intentionen sein, aber nur wenige kennen pers?nlich erfolgreiche Unternehmerinnen oder Unternehmer. In Summe braucht es unternehmerinnen- und unternehmerfreundlicherere Regularien, mehr chancenorientierte professionelle Unterst?tzung und in der Breite mehr Entrepreneurship Education. Hier sehen wir insbesondere die Entrepreneurship Education als wichtigen Treiber, um langfristig einen gesellschaftlichen Wandel pro Unternehmertum herbeizuf?hren z.B. ?ber eine Integration von geeigneten Ma?nahmen in die schulische Bildung, um so bereits eine junge Zielgruppe f?r unternehmerische Themen zu sensibilisieren.