"Ich h?tte es vielleicht ein paar Jahre fr?her machen sollen"

Joachim Wersch hat sich als Berater f?r Entsorgungs- und Recyclingkonzepte selbst?ndig gemacht, in einer Branche, die boomt und in der er 25 Jahre als Angestellter gearbeitet und Erfahrungen gesammelt hat. 

Kurzprofil

  • Gr?nder: Joachim Wersch
  • Unternehmen: Wersch Consulting. Waste Management SolutionsWachenheim (Rheinland Pfalz)
  • Gr?ndungsalter: 55 Jahre
  • Gr?ndung: 2013
  • Mitarbeiter/innen: 0


Herr Wersch, Ihre Firma bietet Waste Management Solutions an. Was ist damit gemeint?
Wersch: Salopp gesagt: Abfallberatung. Es ist n?mlich so, dass Unternehmen von Gesetzes wegen verpflichtet sind, bei gewissen Abf?llen Abfallbilanzen aufzustellen und den Weg genau nachzuzeichnen, den diese Abf?lle dann zur?cklegen. Unternehmen ab einer gewissen Gr??e m?ssen daf?r einen Abfallbeauftragten benennen. Das kann ein kleineres Unternehmen naturgem?? nicht. Bei kleineren Unternehmen ist es ?blich, dass die externe Abfallberater beauftragen. Und das war meine Idee: Dass ich diesen Unternehmen unter die Arme greife und ihnen helfe, Entsorgungs- und Recyclingkonzepte zu erstellen.

Wie alt waren Sie? Wann haben Sie gegr?ndet?
Wersch: Ich habe 2013 gegr?ndet. Da war ich 55 Jahre alt.

Und da hatten Sie schon jede Menge Know-how im Rucksack?
Wersch: Ja. Ich war 25 Jahre lang in der Abfallwirtschaft t?tig: Abfallstr?me lenken, Verbrennungsanlagen beschicken, Wiederaufbereitungsanlagen konzipieren. Das bringt nat?rlich Erfahrung mit sich.

Trotzdem haben Sie nach dem Unternehmensstart erst einmal eine ganze Reihe von Weiterbildungen absolviert!
Wersch: Ich brauchte praktisch ein Zeugnis, dass ich als externer Abfallbeauftragter f?r Unternehmen t?tig sein darf. Sie m?ssen als externer Abfallberater gewisse Qualifikationen mitbringen und Zusatzausbildungen nachweisen k?nnen. Darum habe ich die ersten sechs bis acht Monate vorwiegend damit verbracht, mich weiterzubilden.

Wo haben Sie diese Weiterbildungen gemacht?
Wersch: Es gibt verschiedene Institutionen: z.B. der T?V, DEKRA beispielsweise auch, zum Teil auch die Industrie- und Handelskammern, bei denen man Pr?fungen ablegen muss, um Zertifikate zu erlangen.

Aber warum haben Sie das alles auf sich genommen? Sie waren doch eigentlich vorher fest angestellt?
Wersch: Ich bin Zeit meines Berufslebens bei Gro?konzernen besch?ftigt gewesen und schlie?lich bei einem mittelst?ndischen familiengef?hrten Unternehmen gelandet. Da habe ich nach zwei Jahren gemerkt, dass ich mit diesen Strukturen nicht mit zurechtkomme. Da f?hlte ich mich nicht wohl. Bei dem mittelst?ndischen Unternehmen war es durchaus so, dass die Eigent?mer ? was ja deren Recht ist ? mehr oder weniger so gearbeitet haben, wie es ihnen in den Sinn kam. Es war halt nicht so geregelt wie in einem Gro?konzern, dass man sagte: Der hat diese Aufgabe, und der hat jene Aufgabe. Sondern es war schon so, dass da ganz gerne mal in fremden Teichen gefischt wurde. Dann bin ich peu ? peu, auch nach Diskussionen mit meiner Frau, auf den Gedanken gekommen: Vielleicht sollte ich es mal mit einer Selbstst?ndigkeit versuchen.

Als Berater brauchten Sie ja nicht gro?artig zu investieren?
Wersch: Nein, genau. Ich habe mir zwar ein kleines finanzielles Polster angelegt. Das sollte man auch haben, weil es am Anfang nat?rlich nicht ganz so einfach ist, seinen Lebensstil so fortzuf?hren, wie es urspr?nglich mal war. Ganz einfach weil man bei null anf?ngt. Aber man muss als Berater nicht gro?artig investieren. Bis auf die Fortbildungen.

Hat sich die Tatsache, dass Sie bei Ihrer Gr?ndung 55 Jahre alt waren, positiv oder negativ bemerkbar gemacht?
Wersch: Negative Erfahrungen wegen des Alters habe ich ?berhaupt nicht gemacht. Ganz im Gegenteil. Eigentlich eher positive Erfahrungen. Sowohl in meinem Bekanntenkreis, als auch im alten Kundenkreis, den ich noch aus meiner fr?heren T?tigkeit her kannte, haben alle gesagt: Das ist ein mutiger Schritt, toll, ich bewundere Sie, und wir unterst?tzen Sie. Da habe ich eigentlich nur Positives wahrgenommen. Und vor allem glaube ich auch, dass gerade in der Beratert?tigkeit ein seri?ses Auftreten schon sehr viel wert ist. Das ist bei einem J?ngeren, der noch nicht so viele Berufsjahre mitbringt und sich auf gewisse Situationen nicht so flexibel einstellen kann, vielleicht schwieriger, weil er die Erfahrung nicht hat. Ich habe sehr positiv wahrgenommen, dass man mir diesen Erfahrungsschatz, den ich angesammelt habe, hoch angerechnet hat.

Hat Ihnen Ihre berufliche Vergangenheit auch geholfen, Kunden zu finden?
Wersch: Aber ja. Ich sage mal so: Die Entsorgungswirtschaft ist in Deutschland eine Branche, da kennt man sich ab gewissen Positionen schon. Dass ist man sich mal irgendwie bei irgendwelchen Veranstaltungen mal ?ber den Weg gelaufen oder hat auch zusammen gearbeitet. Man darf sich nat?rlich nicht scheuen, alte Kunden auch anzusprechen und zu sagen: Bei mir hat sich was ver?ndert, ich bin jetzt nicht mehr bei Firma XY, sondern ich habe mich selbstst?ndig gemacht und will auf eigene Faust versuchen, meinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Wenn Ihr mal Sorgen habt, k?nnt Ihr mich gerne anrufen. Da muss man sich manchmal schon ein bisschen zu ?berwinden. Und dann sagen Ihnen Ihre Gespr?chspartner erst mal nur: Wenn ich mal einen bestimmten Abfall habe, und ich wei? nicht, wie ich damit umgehen soll, dann rufe ich Sie an. Und das passiert dann oft irgendwann auch.

K?nnen Sie mal ein konkretes Beispiel erz?hlen?
Wersch: Ich hatte einen solchen Erstkontakt mit einem gro?en Entsorgungsunternehmen. Die hatten dann Glasfaserkabelreste zu entsorgen, wo sie gar nicht so genau wussten, wohin damit. Da haben die mich gefragt: K?nnen Sie sich mal drum k?mmern, wo wir das g?nstig loswerden k?nnen, wie wir das bearbeiten oder aufbereiten m?ssen, damit wir das in die Wiederverwertung bringen k?nnen? Da bin ich dann losgezogen und habe Wege gesucht und auch gefunden. Und ich glaube, die sind jetzt ganz zufrieden mit mir.

Es ging f?r Sie ja auch darum, vom Angestellten zum Unternehmer zu werden. Da muss man einige Schalter umlegen. Wie hat das bei Ihnen funktioniert? Und wer hat Ihnen dabei geholfen?
Wersch: Ich habe ein Existenzgr?nderseminar mitgemacht. Das wurde von der Industrie- und Handelskammer angeboten, glaube ich. Aber da wurden nur allgemeine Sachen besprochen, das Thema Steuern und wo und wie man sich anmelden muss und so weiter. Das hat sicherlich auch ein bisschen geholfen. Aber eigentlich hatte mich ein Beispiel aus dem Bekanntenkreis dazu gef?hrt, mich selbstst?ndig zu machen, jemand, der sich auch vor ein paar Jahren selbstst?ndig gemacht hat, auch im Bereich Abfallberatung. Bei dem klappte das ganz gut. Der hat mir Tipps und Wege gezeigt, wie man das am besten machen kann.

Und wie l?uft es bei Ihnen mittlerweile?
Wersch: Mittlerweile, muss ich ganz ehrlich sagen, habe ich das positive Gef?hl, dass sich die Akquisearbeit auszahlt, dass sich immer wieder mal ein Unternehmen meldet: Mensch, Sie waren doch mal vor einem halben Jahr bei uns, wir haben jetzt hier ein Problem. K?nnten Sie mal vorbeikommen? Wobei ich auch sagen muss: Ich habe mich von der Abfallwirtschaft ein bisschen wegbewegt und bin flexibel auf die W?nsche der Kunden eingegangen. Weil ein gro?er Kunde zu mir sagte: Wir wollen hier Risikopl?ne f?r Brandszenarien erstellen. K?nnen Sie uns da in irgendeiner Form unterst?tzen? Das hat mit der Abfallwirtschaft nicht viel zu tun, aber das mache ich mittlerweile auch. Ich lasse mich auch auf ein ganz anderes Thema ein, arbeite mich ein, lese mich ein.  Das ist nat?rlich viel Wochenendarbeit, die man nicht bezahlt bekommt. Aber letztendlich muss ich sagen: Es hat sich gelohnt.

W?rden Sie den Schritt in die Selbstst?ndigkeit noch einmal machen? Sie h?tten ja die Option gehabt, weiter angestellt zu bleiben?
Wersch: Ja, ich h?tte bleiben k?nnen. Aber ich w?rde den Schritt im Nachhinein wieder tun. Ich h?tte es schon eher machen sollen, vielleicht ein paar Jahre eher. Aber auch nicht zu fr?h, weil dann der Erfahrungsschatz noch nicht da ist. Vielleicht so mit 40, Mitte 40 oder so. Das w?re vielleicht optimal gewesen.

Was ist das besonders Positive im Vergleich zu vorher?
Wersch: Einmal das selbstst?ndige Arbeiten, das selbstst?ndige Einteilen seiner Arbeitszeiten. Ich habe auch durchaus Lust, sonntagabends mich bis 12 Uhr nachts hinzusetzen, um da irgendwas nachzuforschen oder Bilanzen aufzustellen. Das mache ich gerne, und daf?r habe ich eben montagsmorgens auch mal Zeit, etwas Anderes zu tun. Und es macht nat?rlich auch Spa?, f?r sich selbst zu arbeiten. Wenn man wei?, was ich jetzt hier in der Kasse habe, das habe ich wirklich selbst erarbeitet.

Wenn jemand vor Ihnen st?nde und sagt: Ich habe eine feste Anstellung und ?berlege, mich selbstst?ndig zu machen. Soll ich? Soll ich nicht? Welchen Rat w?rden Sie ihm geben?
Wersch: Dass die ersten Monate oder auch die ersten zwei Jahre auch Lehrjahre sein k?nnen. Vor allem aber muss er sich ganz dar?ber im Klaren sein, was er tats?chlich m?chte. Wie kann man sich ein bisschen abheben von Anderen? Der Wettbewerb ist gro? ? gerade im Beratungsbereich. Da muss man auch flexibel und bereit sein, mal ganz andere Themen anzufassen, so wie ich das mit den Risikopl?nen und Brandschutz gemacht habe. Ich denke mal: Man sollte ihm den Rat geben, sehr flexibel zu sein, sich auf die Kundenw?nsche einzulassen. Der Kunde ist auch f?r uns Experten, die ihn beraten sollen, der K?nig.
Haben Sie auch eine Gr?ndergeschichte, die Sie erz?hlen m?chten? Dann melden Sie sich bei uns! Verantwortlich f?r das Thema Senior Entrepreneuship ist Dr. Noem? Fern?ndez S?nchez, Projektleiterin.