Frau Al Armachi, Sie erz?hlten uns im Vorgespr?ch, dass Sie in Ihrer Heimat Syrien als Immobilienmaklerin gearbeitet haben. Herr Zaim, Sie waren und sind begeisterter ITler. Wie kommt es, dass Sie nun gemeinsam das Cateringunternehmen Jasmin betreiben?

Fadi Zaim: Ein Catering-Unternehmen zu gr?nden war erstmal ein Traum. W?hrend meiner IT-Weiterbildung vor zweieinhalb Jahren, erz?hlte ich immer viel von Syrien und vor allem von unserem Essen. Ich fand es schade, dass man hier selten ein authentisches syrisches Restaurant findet. Eines Tages sprach mich die Gr?nderin der gemeinn?tzigen Bildungseinrichtung an, ob ich nicht f?r eine Veranstaltung syrisches Essen zubereiten k?nnte. Ich habe mit meiner Mutter gesprochen und wir haben zugesagt. Die Dozenten in der Schule engagieren sich dort ehrenamtlich und arbeiten hauptberuflich alle in IT-Unternehmen. Scheinbar haben wir das ganz gut gemacht, denn einige hielten uns f?r einen professionellen Caterer und wollten uns direkt f?r Veranstaltungen in ihrer Firma buchen. Aufgrund dieser positiven R?ckmeldungen haben wir uns dann entschieden ein Gewerbe anzumelden und das Hobby meiner Mutter zum Gesch?ftsmodell zu machen.

Salma Al Armachi: In Syrien habe ich ehrenamtlich in einer K?che f?r arme Menschen und Waisen gearbeitet. Dort habe ich meine gastronomischen Erfahrungen gesammelt. Heute ist aus diesem Hobby mein Job geworden [lacht].

Fadi Zaim: Unseren ersten offiziellen Auftrag erhielten wir ?ber einen der Dozenten in der IT-Schule. Er sagte mir, dass er uns buchen wolle und gab mir seine Karte. Ich dachte ok, das wird vielleicht erstmal eine kleine Geschichte sein. Als ich auf der Karte dann "Cisco" las, war mir klar: "Wow, das ist kein Spa?, jetzt wird?s wirklich ernst!" [lacht]. Ich habe dann meine Mutter angerufen und gefragt: Bist du dabei? Sie sagte ja! Wir hatten aber ja noch gar nichts. Keine Karte, keine Flyer, nur eine kleine Website, die ich als Projekt in der Weiterbildung erstellt hatte. Da wir auch nicht wussten, wie ein Angebot eines Catering-Unternehmens hier aussieht, haben wir uns bei anderen abgeschaut, wie die das machen. Und so hat dann alles doch ganz gut funktioniert.

War der Kunde zufrieden mit seiner Wahl?

Fadi Zaim: Ja, sie waren sehr zufrieden. Wir sind nun bei ihnen im System hinterlegt und werden weiterempfohlen.

Wann und wie haben Sie gemerkt, dass es in Berlin einen Markt f?r syrisches Catering gibt?

Salma Al Armachi: Im Gegensatz zu anderen ist die deutsche K?che ja oft sehr herzhaft und fleischlastig. Syrisches Essen hingegen ist ziemlich gesund, mit viel Gem?se und wenig Fleisch. Hier ist die Multikulti-Stadt Berlin nat?rlich ein guter Markt.

Fadi Zaim: Berlin ist die Hauptstadt der Vegetarier [beide lachen].

Wer ist Ihre Zielgruppe? Und wie akquirieren Sie Neukunden?

Fadi Zaim: Neben einzelnen Unternehmen haben wir auch private Kunden, au?erdem sind wir bei Veranstaltungen wie Workshops oder Konferenzen von ?ffentlichen Institutionen und Stiftungen pr?sent. Die Akquise l?uft vor allem ?ber Mund-zu-Mund-Propaganda und Networking. Daneben sind wir auf Social Media aktiv und pflegen unsere Website. Wir haben mittlerweile auch ein Marketing-Video.

Empfanden Sie die Unternehmensgr?ndung als schwierig?

Salma Al Armachi: Es gibt hier wahrscheinlich die ein oder andere Regulierung und Vorschrift mehr als in Syrien [lacht], aber eigentlich war das gar nicht schwer. Innerhalb eines Tages hatten wir die Antr?ge gestellt und das Gewerbe angemeldet. Bis die Gr?ndung dann formell abgeschlossen war, durften wir bereits mit einer vorl?ufigen Erlaubnis arbeiten. Ein paar Monate lang hatten wir auch noch keine fest angemieteten R?umlichkeiten. Vor knapp eineinhalb Jahren fanden wir dann diese ehemalige Pizzeria. Hier sind wir nun mit unserem Unternehmen niedergelassen.

Fadi Zaim: Finanziert haben wir den Start mit einem kleinen privaten Kredit. Mit subsidi?rem Schutzstatus ist es n?mlich schwierig, einen Kredit zu bekommen. In den ersten Monaten haben wir noch keinen Profit gemacht, sondern viel in Ausstattung und Ger?te investiert, um auch f?r eine gr??ere Anzahl an G?sten kochen zu k?nnen. Das hat sich offenbar auch gelohnt! Wir haben in den letzten Monaten unter anderem bei Facebook, der Deutschen Bahn, Zalando, McKinsey, der Deutschen Telekom, dem Ausw?rtigen Amt, der Bundeszentrale f?r politische Bildung und der italienischen Botschaft gecatert.

Salma Al Armachi: ?und f?r die Bundesekanzlerin, Frau Merkel!

Das klingt ja spannend. Wie kam das zu Stande?

Fadi Zaim: Das war, als sie eine Integrationsorganisation besucht hat. Dort haben wir das Catering gemacht. Als ich ihr dann sagte, dass wir ein Familienunternehmen gegr?ndet haben und ich das gemeinsam mit meiner Mutter mache, fragte sie, wo meine Mutter denn sei, sie w?rde sie gerne kennenlernen. Dann kam meine Mutter von ganz hinten im Raum nach vorne und sie sch?ttelten sich die H?nde. Das war nat?rlich eine sehr sch?ne Geschichte.

Welche beruflichen Ziele haben Sie sich f?r die Zukunft gesetzt?

Salma Al Armachi: Erst einmal m?ssen wir unseren Umsatz steigern und wir brauchen eine stabilere Auftragslage. Dann k?nnen wir dar?ber nachdenken, vielleicht auch jemanden einzustellen, denn wir m?ssen ja die monatlichen Fixkosten eines Besch?ftigten stemmen k?nnen.

Fadi Zaim: Wir w?rden deshalb gerne eine Kooperation mit einer Institution wie zum Beispiel einer Bildungseinrichtung oder einem Hochzeitsladen eingehen. Das ist unser mittelfristiges Ziel.

Was ist ihr USP? Warum sollte man sich f?r Jasmin Catering entscheiden?

Fadi Zaim: Bei uns ist alles hausgemacht, frisch, authentisch und die Portionen immer auch reichlich [lacht]. Und wenn etwas ?brig bleibt, dann wird das am Abend auch nicht weggeworfen, sondern gespendet. Dieser soziale Aspekt ist uns ganz wichtig.

Salma Al Armachi: Ich koche mit viel Liebe! Jede Mahlzeit, die ich zubereite, kommt von Herzen. Vielleicht ist das die wichtigste Zutat.

Fadi Zaim: Wir zeigen unsere Kultur durch unser Essen. Wir sprechen auch zum Beispiel nicht von Kunden, sondern von Jasmin-Freunden. Wir versuchen, diesen Gedanken in unserem Service zu leben. Wir entwickeln uns aber auch st?ndig weiter. Wir lassen uns auch von deutschen Caterern inspirieren und schauen uns immer wieder etwas von anderen ab. Gleichzeitig vermischen wir das dann aber immer mit unseren eigenen Ideen und unserer Kultur. Heraus kommt dann ein einzigartiges Jasmin-Produkt. Das ist unser Erfolgsrezept.

Was w?rden Sie anderen Migranten raten, die m?glicherweise eine Gesch?ftsidee haben?

Fadi Zaim: Es ist wichtig so schnell wie m?glich einen Prototyp zu entwickeln, den man vorzeigen und mit dem man testen kann, wie der Markt reagiert oder um Leute zu finden, die an die Idee glauben. In unserem Fall war das das Essen, das wir auf der Veranstaltung ehrenamtlich zubereitet haben. Als das gut ankam und die ersten Anfragen kamen, waren wir optimistisch, dass das klappen k?nnte.

Salma Al Armachi: Ich sage immer:

Just do it and don?t let anyone limit your dreams"

Ich bin nicht mehr die j?ngste, bin in einem fremden Land und in einer fremden Stadt und habe es geschafft ein Unternehmen zu gr?nden. Als wir angefangen haben, haben uns viele gesagt: "Ach das schafft ihr doch nie! Das ist doch viel zu schwierig!" Doch wir haben einfach angefangen und mittlerweile l?uft es auch ganz gut.

Wo werden wir Sie in f?nf Jahren f?r unser n?chstes Interview treffen?

Fadi Zaim: [lacht] Vielleicht in unserem eigenen Restaurant in Berlin-Mitte.

Frau Al Armachi, Herr Zaim, vielen Dank f?r das spannende Gespr?ch und viel Erfolg weiterhin!

 

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Der neue INQA-Check "Vielfaltsbewusster Betrieb" besch?ftigt sich unter anderem mit der Frage, ob und wie Unternehmen von kultureller Vielfalt strategisch profitieren k?nnen. Die Geschichte von Jasmin Catering zeigt, wie es gehen kann. Hier bringen Salma Al Armachi und Fadi Zaim ihr Wissen und ihren kulturellen Hintergrund in der Produktentwicklung ein und bedienen damit die Nachfrage nach gesunder, gr??tenteils vegetarischer, orientalischer Kost. Machen Sie den Check und entdecken Sie, welche Potenziale und Chancen in Ihrem vielf?ltigen Betrieb stecken.