Einsch?tzung der gr?ndungsbezogenen Rahmenbedingungen f?r die Unternehmensnachfolge
Der Markt f?r Unternehmensnachfolge ist durch eine Reihe von Besonderheiten gekennzeichnet. Er ist durch eine gro?e Intransparenz charakterisiert und regional stark fragmentiert. Diese Intransparenz ist auch gut nachvollziehbar, denn nicht wenige Unternehmen f?rchten mit der Ver?ffentlichung der Nachfolgesuche um ihre Reputation und r?ckl?ufige Ums?tze. Zwischen dem Entschluss, die Nachfolgeregelung aktiv anzugehen, und der angestrebten ?bernahme, vergehen in der Regel mehrere Jahre.
Nach aktuellen Sch?tzungen des Instituts f?r Mittelstandsforschung in Bonn (IfM Bonn) steht im Zeitraum von 2018 bis 2022 in rund 150.000 Familienunternehmen die ?bergabe an, also etwa 30.000 ?bergaben pro Jahr (vgl. Kay & Suprinovi? 2018). In r?umlicher Perspektive zeigt sich auf den ersten Blick eine ungleiche Verteilung zwischen Ost- und Westdeutschland. W?hrend in den neuen Bundesl?ndern 18.600 Unternehmen im genannten Zeitraum ??bergabereif? sind, bel?uft sich die Zahl in den alten Bundesl?ndern auf 133.200. Beim n?heren Hinsehen zeigt sich jedoch auch, dass der Unternehmensbestand im Osten deutlich geringer ist. Es handelt sich somit nicht um eine demografische Ursache, sondern um einen wirtschaftsstrukturellen Effekt. Von den ?bertragungen werden in dem oben genannten Zeitraum etwa 2,4 Mio. Besch?ftigte betroffen sein. Eine Branchenbetrachtung zeigt, dass die meisten ?bernahmen im Dienstleistungsbereich anstehen, gefolgt vom Produktionssektor und dem Handel. F?r das Jahr 2018 meldeten die Industrie- und Handelskammern einen Rekord bei Unternehmen, die eine Nachfolge suchen. Gleichzeitig sank die Zahl der ?bernahmeinteressierten auf den niedrigsten Stand der letzten zehn Jahre. Angebot und Nachfrage driften somit zunehmend auseinander.
Die Unternehmensnachfolge ist schon seit L?ngerem keine reine Familienangelegenheit mehr. Immer ?fter wird die Nachfolge au?erhalb des eigenen Unternehmens gesucht. Eine externe L?sung stellt f?r etwa die H?lfte der Inhabenden mittelst?ndischer Unternehmen die anvisierte Nachfolgevariante dar (vgl. Schwartz 2019a). Hierdurch ergeben sich neue Perspektiven f?r die Gestaltung des ?bergabeprozesses: W?hrend bei einer familieninternen L?sung vor allem der Erhalt der Zukunfts- und Wettbewerbsf?higkeit des ?geerbten? Unternehmens im Vordergrund steht, kommen bei einer externen Nachfolge viel st?rker auch investitionsspezifische und renditeorientierte Aspekte ins Spiel. Inwieweit erm?glichen die Rahmenbedingungen in Deutschland eine erfolgreiche Planung und Regelung der Unternehmensnachfolge?
Eine Verschiebung zu mehr externen Nachfolgen stellt besondere Anforderungen an die Finanzierung und an das Matching von Unternehmensinhabenden und potenziellen K?uferinnen und K?ufern. Die Einsch?tzung der GEM-Expertinnen und -Experten zeigt hierzu folgendes Bild: 56 % bewerten die Finanzierungsbedingungen f?r die Realisierung von Nachfolgevorhaben als positiv (vgl. Abbildung 28). Bei der erstmaligen ?bernahme steht in diesem Zusammenhang eine ganze Bandbreite an F?rderdarlehen, B?rgschaften und Beratungszusch?ssen zur Verf?gung. Der durchschnittliche Kaufpreis im Mittelstand liegt derzeit bei 372.000 Euro. Bei 38 % der Unternehmen liegt der Kaufpreis unter 100.000 Euro, w?hrend bei 34 % der Kaufpreis mehr als 500.000 Euro betr?gt. Insbesondere der Erwerb von gr??eren Mittelstandsunternehmen erfordert aus der Sicht der K?uferin oder des K?ufers passende M?glichkeiten zur Finanzierung (vgl. Schwartz 2019b).
F?r die effektive Zusammenf?hrung von Unternehmensinhabenden mit ?bergabeabsicht und potenziellen ?bernehmenden haben sich in den vergangenen Jahren Matching-Formate etabliert. Es handelt sich hierbei unter anderem um Onlineb?rsen, die ?ber Selektionsverfahren Angebot und Nachfrage zusammenbringen. Neben nationalen MatchingPlattformen entstehen zunehmend auch regionale Formate. R?umliche N?he erleichtert h?ufig die Zusammenf?hrung der Beteiligten und geht mit einem Vertrauensbonus einher. Die regionale Unternehmenskultur spielt hier eine wichtige Rolle. Knapp die H?lfte der Befragten bewertet vorhandene Matching-Formate als ?berwiegend negativ (vgl. Abbildung 28). Immerhin stellen 40 % der Befragten der organisierten Zusammenf?hrung von Inhabenden und potenziellen ?bernehmenden ein positives Urteil aus. Diese Einsch?tzung, welche sich im Vergleich zum GEM-L?nderbericht 2017/18 deutlich verschlechtert hat, deutet darauf hin, dass bestehende Matching-Formate nicht auszureichen scheinen, um die zahlreichen H?rden zu meistern. Wie bei vielen Plattformen stellt die Aktualit?t der Profile eine gro?e Herausforderung dar. Sofern diese nicht gew?hrleistet werden kann, sinken Matching-Qualit?t und die Erfolgschancen.
Zur Gruppe der potenziellen Nachfolgenden geh?ren auch Personen, mit dem Wunsch zu gr?nden oder sich selbstst?ndig zu machen. Ein wichtiger Einflussfaktor ist in diesem Zusammenhang die Beratung von Neugr?ndenden ?ber die M?glichkeit der Unternehmens?bernahme. Diese erfolgt beispielsweise ?ber Kammern und Wirtschaftsf?rderungen. Trotz der umfassenden Angebote bewertet die H?lfte der befragten Expertinnen und Experten die Beratung von Neugr?ndenden zur Unternehmens?bernahme negativ. Immerhin haben sich im Jahr 2018 etwa 72.000 Neugr?ndende durch eine ?bernahme selbstst?ndig gemacht (vgl. Schwartz 2019b). Im Vergleich zum Vorjahr l?sst sich hier ein deutlicher Anstieg um 24 % feststellen. Diese Entwicklung deutet bei potenziellen ?bernahmegr?ndenden eher auf einen fortschreitenden Prozess der Sensibilisierung hin. Trotzdem bleiben im Feld der Beratung und Information weiterhin Potenziale ungenutzt. Insbesondere die Einsch?tzung des gesellschaftlichen Bekanntheitsgrades der Unternehmensnachfolge als Gr?ndungsoption wird von 59 % der Befragten negativ bewertet. Diese Einsch?tzung, welche sich im Vergleich zum GEM-L?nderbericht 2017/18 leicht verschlechtert hat (2017: 56 %).