7.2 RKWeCampus und RKW-DiScover

Im Folgenden werden mit Blick auf die passgenaue Gestaltung von Lerninfrastrukturen Hintergr?nde f?r die kritischen Bewertungen des RKWecampus beleuchtet:

Kritische R?ckmeldungen zum DiScover

Bei den Lernmaterialien des RKWecampus bildet, wie oben schon dargestellt, das Tool DiScover einen Schwerpunkt. Es basiert auf dem RKW Digitalisierungs-Cockpit, das urspr?nglich f?r die Zielgruppe der Gesch?ftsf?hrenden von KMU entwickelt wurde und als Orientierungsmodell f?r die strategische Herangehensweise an Digitalisierung mit Fokus auf die (Weiter)Entwicklung von Gesch?ftsmodellen dient.

Der ausgepr?gte Markt- und Kundenfokus steht im Hinblick auf die unmittelbar praktische Anwendbarkeit im Azubiprojekt vor Hindernissen: In den am Projekt beteiligten Betrieben steht, wie in der deutschen Firmenlandschaft insgesamt, die Digitalisierung von Prozessen klar im Mittelpunkt, w?hrend neue Gesch?ftsmodelle f?r den Markt eine nachrangige Rolle spielen. F?r viele Auszubildende lagen die gesch?ftspolitischen und strategischen Themen recht fern. Das Instrument war in seiner Struktur, bemessen an den eigenen Wirkungsfeldern zu wenig griffig und zu ?feinsinnig? gestrickt, als dass man sich dort einarbeiten w?rde. Vor allem ist zu ber?cksichtigen, dass die Projekte h?ufig unter zeitlichem Druck durchzuf?hren waren, der einer zeitaufw?ndigen Aneignung des Stoffes ohne direkt sichtbaren Ertrag entgegenstand.

Ein n?herer Blick auf die Befragungen zeigt denn auch, dass das DiScover gerade in den Digiscouts?- Projekten nicht gut wegkam, in denen eher kleinr?umige auf Ablaufoptimierung ausgerichtete Digitalisierungsma?nahmen stattfanden. Fast zwei Drittel (63 Prozent) der damit besch?ftigten Azubis bewerteten das Instrument als gar nicht oder nur wenig hilfreich. Ebenso kann festgestellt werden, dass das Instrument bei den Azubis in den gr??eren Betrieben besonders h?ufig negativ bewertet wurde. Es waren immerhin 70 Prozent der Azubis aus den Betriebsgr??en von 50 bis 499 Mitarbeitenden, die eine eher negative Resonanz auf das DiScover gaben. In solchen gr??eren Unternehmen ist eine st?rkere funktionale Differenzierung im Sinne von abteilungsbezogenen Abgrenzungen der Aufgaben und Zust?ndigkeiten vorhanden als bei den kleinen Unternehmen. F?r den Gro?teil der Azubis in den gr??eren Unternehmen d?rfte die stark nach au?en auf den Markt und die Kundschaft gerichtete Perspektive und Systematik des Digitalisierungs-Cockpits zu weit entfernt gewesen sein.

Wo das DiScover gut ?griff?: Erfolgsfaktoren

Im Gegenzug lassen sich aber auch Projektkonstellationen und Settings identifizieren, in denen DiScover recht gut ?griff?. Bei Unternehmen mit unter 50 Besch?ftigten fanden fast zwei Drittel der Azubiteams (65 Prozent) das Tool hilfreich, bei den sehr kleinen bis 20 Besch?ftigten waren es sogar drei Viertel (75 Prozent). Die ?bersichtlichen Strukturen kleiner Unternehmen, die Durchl?ssigkeit zwischen Unternehmensbereichen und vor allem auch die gro?e N?he zum Markt machten f?r Azubiteams die Nutzung eines Instruments plausibel, dessen Hauptakzente auf markt- und kundenbezogenen Funktionen liegen. Damit konnte DiScover f?r viele Azubis in kleinen Unternehmen durchaus Orientierung f?r die Gestaltung der Digitalisierungsprojekte geben.

?berdies schnitt das Instrument nicht bei allen Digitalisierungssto?richtungen so schlecht ab wie in den ablaufoptimierenden Projekten. Bei Ma?nahmen, die auf eine Verbesserung der Steuerungsf?higkeit abzielten, sahen immerhin 53 Prozent der Azubiteams den RKWecampus als hilfreich an. Offenbar passte das Instrument aufgrund seines Fokus auf ?bergreifende betriebswirtschaftliche Zusammenh?nge verh?ltnism??ig gut zu den Anforderungen der Projekte zur Verbesserung der Steuerf?higkeit.

Im Fall der Immobilienfirma Stadt und Land Wohnbauten-Gesellschaft mbH aus Berlin wird dies anschaulich. Das Unternehmen arbeitete an den Prozessen zur Verbesserung der Steuerungsf?higkeit. Hierzu folgende Passage aus einem Interview mit den Azubis des Unternehmens: Auf die Frage, wie sie mit ihrem Digiscouts?-Projekt angefangen h?tten, antworteten sie: ?Zun?chst einmal haben wir uns in einem Brainstorming dar?ber Gedanken gemacht, was bei uns im Unternehmen alles schon digitalisiert ist und wo es noch Bedarf gibt. Eine gro?e Hilfe war auch das DiScover-Tool, das wir ?ber eine E-Learning-Plattform genutzt haben. Wir konnten hier die verschiedenen Handlungsfelder im Unternehmen durchgehen, beispielsweise Prozesse oder Kan?le und konnten in verschiedene Sto?richtungen wie ?Informationsablauf verbessern / neu gestalten? denken.

Der Erfolgsfaktor des Instruments war in diesem Zusammenhang das Fitting zwischen der bereichs?bergreifenden Perspektive des Digiscouts-Projekts und der im Instrument verankerten Sto?richtung Steuerf?higkeit als Digitalisierungsdimension.7

F?r eine weitere Arbeit mit dem DiScover-Tool spricht schlie?lich folgendes: Betriebliche Ausbildungsverantwortliche berichteten unabh?ngig von den Statements der Azubis, dass das Instrument eine f?r den Ablauf der Projekte hilfreiche Orientierungsfunktion innehatte. Es wirkte somit auf die Projekte nicht nur dadurch, dass sich die Azubiteams selbst intensiv mit den Lernmaterialien auseinandersetzten. Es floss auch durch das Agieren von Ausbildungsverantwortlichen und vor allem der RKW-Coaches in die Projektarbeiten ein. In diesem Sinne war das Instrument keineswegs nur ein Lernmittel sondern auch ? oder sogar mehr noch ? ein Lehrmittel zur Begleitung und Unterst?tzung der Azubis.

Fu?note:
7 Im bereits erw?hnten Digitalisierungsprojekt des Truck Centers Ducke arbeitete der Auszubildende intensiv mit dem DiScover-Tool. Das Instrument ? der digitale Karteikartensatz mit Leitfragen ? unterst?tzte ihn dabei. Das Digitalisierungsprojekt verband die Digitalisierung des Rechnungswesens mit neuen Serviceangeboten f?r die Kunden. Insofern passte die marktseitige Ausrichtung des Instruments gut zum Analysebedarf des Azubis. Im konkreten Fall unterst?tzten ?berdies die im RKWecampus bereitgestellten fakultativen Lernmaterialien zum Datenschutz die Arbeit des Auszubildenden bei der rechtskonformen Gestaltung des Umgangs mit den Bestandsdaten der Kunden.

Mit Blick auf die Zug?nglichkeit des DiScover-Tools f?r die Auszubildenden w?ren allerdings Korrekturen und Anpassungen sinnvoll. In seiner Gesamtkonstruktion hat das Instrument eine gewisse ?Unwucht? zulasten ? interner ? Prozesse und zugunsten ? externer ? Markt- und Kundenbeziehungen. Angesichts der sehr feingliedrigen und starken Ausrichtung des Instruments auf Kundenbeziehungen, fallen die Leistungsprozesse als Feld der Aufmerksamkeit tendenziell ab. Daher sollten Elemente bereichsbezogener Arbeits- und Prozessgestaltung in den Lernangeboten st?rker verankert werden. Immerhin m?ssen ja auch die marktseitigen Beziehungen bei der Digitalisierung als Arbeitsprozesse gestaltet werden.