6 Zusammenfassung und Empfehlungen

6 Zusammenfassung und Empfehlungen

Die digitale Gr?ndung steht bereits heute zumindest im Prinzip den meisten angehenden Unternehmern offen. Die technischen und rechtlichen Voraussetzungen sind nahezu ?berall geschaffen. In der Praxis greifen Gr?nder aber immer noch vielfach zu Stift, Papier und Briefmarke oder gehen gleich zum Amt. Die Gr?nde daf?r sind vielf?ltig, nicht zuletzt auch weil sich die in der Untersuchung beobachteten Ans?tze und Umst?nde in den L?ndern und Kommunen in mehrerlei Hinsicht und mitunter auch deutlich unterscheiden.

Der Weg zur Verwaltungsleistung

Nahezu alle Gemeinden bieten eine Suche ?ber ihre Seite sowie ein Verzeichnis der Verwaltungsleistungen, wobei einige Gemeinden sogar Verwaltungsleistungen auff?hren, f?r die sie gar nicht zust?ndig sind. Dementsprechend z?gig finden Gr?nder zumindest die Seite zur Gewerbeanmeldung. Etwas schwieriger kann es sein, wenn der Gr?nder spezielle Verwaltungsleistungen sucht, weil die Zust?ndigkeit woanders liegt oder dem Gr?nder die Begriffe nicht gel?ufig sind. Eine bislang noch selten genutzte M?glichkeit, den Gr?nder hier intuitiver zur gesuchten Verwaltungsleistung zu f?hren, k?nnten ?Entry Pages? f?r einzelne Zielgruppen sein.

Eine weitere M?glichkeit, dem Gr?nder die Recherche zu erleichtern, besteht in der Sicherstellung, dass der Gr?nder f?r eine Verwaltungsleistung immer auf die gleiche Seite gelangt, unabh?ngig davon, welchen Weg er zuvor gew?hlt hat. In diesem Zusammenhang ist der Mehrwert einer Rubrik wie z.B. ?Online-Services? kritisch zu hinterfragen, vor allem, wenn der Gr?nder unter dieser Rubrik eine andere Seite findet, als wenn er ?ber das Verzeichnis der Verwaltungsleistungen gegangen w?re. In Anbetracht der Anforderung des OZG, ohnehin den gr??ten Teil der Verwaltungsleistungen in Zukunft online anbieten zu m?ssen, empfiehlt es sich, diese Rubrik zu streichen und die Optionen zur elektronischen Meldung oder Beantragung auf der ?regul?ren? Seite zur Verwaltungsleistung zu nennen.

Gestaltung der Seite zur Verwaltungsleistung

Selbst wenn einige Gemeinden ausf?hrlich informative und ?bersichtliche Seiten anbieten, so kann der Befund, dass ein erheblicher Teil der untersuchten Seiten nur mangelhaft Auskunft zur Verwaltungsleistung oder zum konkreten Verfahren geben, doch nicht zufriedenstellen. Ebenso mangelhaft ist in einigen F?llen die Auffindbarkeit elektronischer Angebote. Hier besteht f?r viele Kommunen ein erhebliches Potential, ohne dazu einen nennenswerten Aufwand betreiben zu m?ssen.

Um diese Potentiale zu bergen, k?nnten nach Ansicht der Gespr?chspartner in den Kommunen Checklisten oder Richtlinien helfen, da die Fachbereiche in der Regel allein f?r die Inhalte verantwortlich sind und die Mitarbeiter die Seiten nebenher pflegen. Nach den Erfahrungen aus der Untersuchung bieten sich f?r eine solche Checkliste drei Empfehlungen an:

  • Eine Seite sollte immer alle M?glichkeiten zur Erledigung einer Verwaltungsleistung ? sei es per Briefpost, elektronisch ?ber ein Landesportal oder ?ber eine andere Stelle ? als gleichwertige Optionen deutlich sichtbar nennen. Dies gilt auch f?r die Kammern, die als zust?ndige Erlaubnisbeh?rde bislang ebenfalls nur selten auf die M?glichkeit der elektronischen Beantragung ?ber das Portal des Landes hinweisen.
  • Wenn der Fachbereich auf einen Standardtext des Landes ? sei es per ?Copy & Paste? oder mittels Integration eines Frames ? zur?ckgreift, sollten die generischen Angaben zur Zust?ndigkeit und zum Ansprechpartner im Text ersetzt oder erg?nzt werden. Ideal w?re ein mit dem Land abgestimmter Text, der sich nahtlos auf die Seite einer Kommune einf?gen w?rde und dennoch ?ber ein Skript vom Land zentral gepflegt werden k?nnte.
  • Die Texte sollten vor Ver?ffentlichung auf deren Verst?ndlichkeit f?r einen Laien hin gepr?ft werden. Die Aufforderung Unterlagen zur ?Auskunft ?ber Eintr?ge gem. ? 26 Absatz 2 Insolvenzordnung (InsO) und ? 882 ZPO im Schuldnerverzeichnis des zust?ndigen Amtsgerichts? beizubringen, ist ohne weitere Erl?uterung f?r einen nicht juristisch vorbelasteten Gr?nder nicht hilfreich.

Verzahnung von Kommunen und Land

F?r die vollst?ndig digitale Unternehmensgr?ndung sind die Kommunen auf die Unterst?tzung der L?nder angewiesen. Dies gilt nicht nur, weil die L?nder gem?? OZG ein Portal zur Verf?gung stellen m?ssen, auf dem die Kommunen wiederum ihre Leistungen anzubieten haben, sondern auch weil eine Gemeinde allein gar nicht alle Zust?ndigkeiten abbilden kann und auch oftmals f?r eine digitale L?sung keine Ressourcen besitzt. Dementsprechend trafen in den Gespr?chen die Landesportale mit ihren inhaltlichen und technischen Angeboten auf gro?es Interesse. Dennoch wollen nicht alle Kommunen ? zumindest nicht die interviewten ? einfach nur auf das Portal verweisen, f?rchten sie doch um die Hoheit ?ber die sie betreffenden Inhalte sowie um den Verlust eines Instruments zum Standortmarketing. Zudem sahen die Gespr?chspartner die Kommune in der Pflicht, die eigenen B?rger ausreichend informieren zu k?nnen.

Um nun Doppelarbeit und widerspr?chliche Ausk?nfte zu vermeiden, bedarf es einer M?glichkeit f?r die Kommune, zum einen selbst erstellte Inhalte automatisiert ins Landesportal einzuspielen und zum anderen hilfreiche bereits vom Land erstellte Inhalte auf den eigenen Seiten, ebenfalls automatisiert, einbinden zu k?nnen. Ans?tze dazu gibt es bereits in mehreren Bundesl?ndern, wenn auch im Detail unterschiedlich umgesetzt. Die Gespr?che legen dazu zwei Erfolgsfaktoren nahe: Erstens m?ssen die Schnittstellen der Content-Management-Systeme der Kommune und des Landes kompatibel sein, was zumindest bislang noch nicht f?r alle Systeme der Fall zu sein scheint. Hier sind das Land und die einzelnen Anbieter kommunaler Software gefordert. Zweitens bedarf eine solche L?sung eines unb?rokratischen und st?ndigen Austauschs von Kommunen und Land, um erforderliche ?nderungen z?gig vornehmen zu k?nnen.

Die Kommunikation mit dem Gr?nder

In den vergangenen Jahren wurden erhebliche Anstrengungen unternommen, f?r Unternehmensgr?nder pers?nliche Beratungsangebote zu schaffen. Daher verwundert es, dass in der digitalen Welt ausgerechnet f?r den so wichtigen rechtlichen Teil der Gr?ndung, von dem die meisten Gr?nder die geringsten Kenntnisse haben d?rften, kaum M?glichkeiten zur pers?nlichen Kommunikation mit dem Gr?nder existieren. Vor allem in gro?en St?dten und in Portalen findet ein Gr?nder oftmals keinen f?r ihn zust?ndigen Ansprechpartner. Sowohl das Mystery Shopping als auch die Interviews haben jedoch ergeben, dass der pers?nliche Kontakt hilft, Fehler und unn?tigen Aufwand zu vermeiden. Dies soll allerdings nicht bedeuten, dass die analoge Unternehmensgr?ndung grunds?tzlich vorteilhafter w?re. Vielmehr gilt es, die Digitalisierung zu nutzen, um die Kommunikation zwischen Gr?nder und Verwaltung zu optimieren und so den Schritt von der Internetseite als blo?er beh?rdlicher Aushang hin zum vollwertigen digitalen Amt zu gehen. Dazu steht eine Vielzahl digitaler Tools zur Verf?gung, wozu z.B. Chats, Remotesitzungen und digitale Terminassistenten geh?ren, die Gemeinden und Kreise in ihre eigenen Seiten einbinden k?nnen oder das Land mit einer entsprechenden Regionalisierung in den Anmeldeoder Antragsprozess im Portal implementieren kann.

Der Blick ?ber den Tellerrand

Aus Sicht des Gr?nders ist die Anmeldung des Unternehmens ein einheitlicher Akt, wozu neben der initialen Gewerbeanmeldung grunds?tzlich mindestens auch die steuerliche Erfassung beim Finanzamt und die Anmeldung bei der Berufsgenossenschaft geh?ren. Dennoch weisen rund zwei Drittel der Gemeinden im Zuge der Gewerbeanmeldung weder auf die Anforderungen des Finanzamts noch der Berufsgenossenschaft hin. Selbst wenn man alle Ausk?nfte im Zuge der Unternehmensgr?ndung einbezieht, ?stolpert? noch nicht einmal die H?lfte der Gr?nder ?ber einen entsprechenden Hinweis, selbst wenn die Ausk?nfte an anderer Stelle bereits vorhanden sind. Ein m?glicher Grund daf?r ist die Fokussierung der Mitarbeiter in den Fachbereichen auf das eigene Thema. Um die Mitarbeiter zu motivieren, die Unternehmensgr?ndung als Ganzes zu erl?utern, helfen nach Ansicht der Gespr?chspartner aus den Kommunen eine gewisse Verbindlichkeit und, wie auch schon oben zu den anderen Inhalten einer Seite erl?utert, eine Art Checkliste, die unter anderem eine ?bersicht zu den bereits vorhandenen Ausk?nften an anderen Stellen enthalten kann. Auf diese Weise lassen sich auch die Eintr?ge in den Landesportalen besser mit den kommunalen Seiten verzahnen.

Verantwortung f?r das eigene Verfahren

Der einfachste Weg, Gr?ndern in einem Antragsverfahren Zeit und Aufwand zu ersparen, ist der Verzicht auf die Vorlage einzelner Nachweise. M?chte die Erlaubnisbeh?rde zur Erf?llung ihrer Kontrollfunktion auf einen Nachweis nicht verzichten, kann sie die Auskunft entweder im Hintergrund selbst einholen oder ? sofern rechtlich erforderlich ? auf ausdr?cklichen Wunsch des Antragstellers besorgen. Von dieser M?glichkeit machen einige Erlaubnisbeh?rden je nach ihren Zust?ndigkeiten in unterschiedlichem Umfang bereits heute Gebrauch. Der zweiteinfachste Weg ist die Integration verlangter Nachweise auf der Seite zum Antragsverfahren. Diese M?glichkeit nutzen die Erlaubnisbeh?rden in sehr unterschiedlicher Weise. Hinweise zum Vollstreckungsportal oder F?hrungszeugnis finden sich deutlich h?ufiger als solche zum Insolvenzgericht. Allerdings kommt es selbst beim F?hrungszeugnis und Auszug aus dem Gewerbezentralregister oftmals zu einem Medienbruch, da ein Hinweis auf die M?glichkeit der Onlinebeantragung beim Bundesamt f?r Justiz fehlt.

Wollen Gemeinden, Kreise und L?nder diese Einsparpotentiale realisieren, ist eine umfassende Vollzugskritik unerl?sslich, damit die jeweilige Erlaubnisbeh?rde pr?fen kann, welche Nachweise ein Gr?nder rechtlich zwingend selbst besorgen muss oder per Saldo kosteng?nstiger einholen kann. F?r die dann noch verbleibenden Nachweise sollten die Erlaubnisbeh?rden motiviert werden, grunds?tzlich immer einen direkten Link zur Beantragung der betreffenden Bescheinigung anzugeben. Damit dies den Erlaubnisbeh?rden auch auf jeden Fall m?glich ist, m?ssen die L?nder erg?nzend Finanzbeh?rden und Gerichte bewegen, auf den jeweiligen Webseiten die betreffenden Verwaltungsleistungen aufzuf?hren.

Ausdehnung der digitalen Verwaltungsleistungen

Insgesamt ist das Angebot elektronisch zu ?bermittelnder Meldungen und Antr?ge in den Kommunen selbst f?r die in der Untersuchung erfassten g?ngigen Verfahren noch sehr ausbauf?hig. W?hrend jedoch ein elektronisches Verfahren im Hinblick auf die Gewerbeanmeldung, Maklererlaubnis oder Eintragung in die Handwerksrolle zumindest keine Seltenheit mehr ist und die Nachweise des Bundesamts f?r Justiz und des Vollstreckungsportals grunds?tzlich online beantragbar sind, k?nnen andere Verfahren und Bescheinigungen, wie z.B. die Apothekenbetriebserlaubnis, die Bescheinigung des Insolvenzgerichts oder die in Steuersachen ausschlie?lich oder meistens nur analog beantragt werden. Sofern die Kommune nicht die Zust?ndigkeit f?r die Apothekenbetriebserlaubnis besitzt, liegen diese Verfahren in der Zust?ndigkeit der L?nder, die ebenso wie Gemeinden, Kreise und Kammern das Angebot bis Ende 2022 noch erheblich ausweiten m?ssen.

eID und B?rgerkonto

Die analoge Beantragung etwa der Bescheinigung des Insolvenzgerichts oder der in Steuersachen ist prinzipiell nicht zwingend erforderlich. So war in einigen F?llen die Beantragung per E-Mail oder Telefon problemlos m?glich. Aber auch f?r andere Verfahren, die aus rechtlichen Gr?nden eine st?rkere Authentifizierung ben?tigen, steht mit der eID des neuen Personalausweises, die unter anderem zur Registrierung eines B?rgerkontos Verwendung findet, eine Option zur Verf?gung, die auch von den Gespr?chspartnern in den Kommunen zur Authentifizierung pr?feriert wird. Dennoch wurde den Mystery Shoppern diese Option nur selten angeboten. Eine M?glichkeit, dieses Angebot zu verbreitern, k?nnte nach dem Hinweis eines Gespr?chspartners sein, den Mitarbeitern in den Fachbereichen eine Klarstellung an die Hand zu geben, f?r welche Verfahren die eID gen?gt.

Medienbr?che

Eine medienbruchfreie Beantragung scheitert nicht nur, weil der Antrag nicht elektronisch ?bermittelbar ist, sondern auch weil die meisten Bescheinigungen dem Gr?nder nur in Papierform zugesandt werden oder immer noch einzelne Unterlagen nur in beglaubigter Form beigef?gt werden k?nnen. F?r solche Unterlagen gilt es, rechtssichere Alternativen anbieten zu k?nnen. Dass dies grunds?tzlich m?glich ist, zeigen die ? wenn auch wenigen ? Beispiele zur elektronischen ?bermittlung des Gewerbescheins oder der grunds?tzlich elektronischen Auskunft aus dem Vollstreckungsportal.

Kompatibilit?t der Schnittstellen

Die Akzeptanz der Kommunen, elektronische Meldungen und Antr?ge ?ber ein Landesportal zu bewerben, h?ngt nicht zuletzt vom Aufwand f?r die ?bernahme der Daten in die kommunale Fachanwendung ab, was wiederum die Verf?gbarkeit kompatibler Schnittstellen voraussetzt. In den Gespr?chen zeigte sich, dass Kommunen hier noch einen dringenden Kl?rungsbedarf haben. Eine Optimierung der erforderlichen Schnittstellen k?nnte zudem neben einer Arbeitsentlastung der Verwaltungsmitarbeiter Einsparungen bei den Ausgaben der Kommunen f?r externe Dienstleistungen mit sich bringen.