Suchtpr?vention in KMU und empfohlene Ma?nahmen

Suchtpr?vention in KMU und empfohlene Ma?nahmen

Um der mangelnden Bereitschaft (oder nicht vorhandenen Problemsicht) vieler, insbesondere kleinerer Betriebe zur Umsetzung von Ma?nahmen der Suchtpr?vention etwas entgegenzusetzen, pl?dieren Schnabel und Hillenkamp daf?r, die Sozial?konomie als Bewertungs- und Planungsgrundlage betrieblicher Suchtpr?vention heranzuziehen. So sollten "im Interesse der Wirtschaftlichkeit und Sachangemessenheit Indikatoren herangezogen werden, die geeignet sind, die komplizierte Wechselwirkung von Arbeitsalltag, Suchtmittelmissbrauch und Unkostenentstehung auch wirklich abzubilden" (Schnabel & Hillenkamp 2000, 439).

Es sollte deswegen, um auch kleinere Unternehmen f?r eine aktive Suchtpr?vention zu gewinnen, eine differenzierte, arbeitsweltbezogene Suchtberichterstattung entwickelt werden mit dem Ziel, die Entscheidungstr?ger in den Betrieben von den Vorteilen einer wirksamen Suchtpr?vention wirklich zu ?berzeugen. Sie sollten in die Lageversetzt werden, neben dem rein monet?ren auch den sozial?konomischen Nutzen funktionierender sowie die Nachteile ungeeigneter und unterbliebener Ma?nahmen richtig einsch?tzen zu k?nnen. F?r eine ?berzeugungsarbeit in Betrieben mit wenig Personal und geringer Kapitalausstattung sehen sie dies als besonders wichtig an. Die Autoren gehen davon aus, dass Betriebe aller Voraussicht nach eher zu Investitionen in den vorbeugenden Gesundheitsschutz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu motivieren sind, wenn ihnen neben den direkten auch die indirekten Sch?den des Suchtverhaltens am Arbeitsplatz transparent w?ren. Und wenn sie w?ssten, wie viel "zus?tzlicher, ?ber die blo?e Einsparung an Fehltagen und Lohnfortzahlungskosten hinausgehender Gewinn an Planungssicherheit, an Mitarbeiterengagement, an Produktqualit?t und an Kundenzufriedenheit durch eine erfolgreiche Pr?ventionspolitik erwirtschaftet werden k?nnte" (Schnabel & Hillenkamp 2000, 449).

Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverb?nde (BDA 2010) geht in ihrer Schrift "Arbeitsschutz und Gesundheitsf?rderung: Unternehmen engagiert und erfolgreich" auf einen ?konomischen Aspekt ein, der aus ihrer Sicht dazu geeignet ist, insbesondere kleinere Betriebe mit weniger als 30 Mitarbeitern davon Abstand nehmen zu lassen, in Ma?nahmen der betrieblichen Gesundheitsf?rderung oder Suchtpr?vention zu investieren: Das Umlageverfahren U1 (Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen f?r Entgeltfortzahlung). Durch das Umlageverfahren erhalten kleine Betriebe Aufwendungen f?r die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall (teilweise) erstattet, was nach Ansicht der BDA zu einem Fehlanreiz f?hrt.

M?hlig und Hoyer (2007) behandeln die Frage, wie problematischem Suchtverhalten durch Ans?tze sekund?rer Pr?vention am Arbeitsplatz entgegengewirkt werden kann. Neben einer Diskussion der Pr?valenzen von s?chtigen Verhaltensformen am Arbeitsplatz setzen sie sich mit der Entwicklung von Pr?ventions- und Hilfsangeboten der letzten Jahre auseinander. Sie betonen die Bedeutung der Entwicklung von Employee Assistance Programs (EAP) und verweisen auf die allgemeinen Regeln im Umgang mit akutem Substanzkonsum am Arbeitsplatz, wie sie von der Deutschen Hauptstelle f?r Suchtfragen (DHS) entwickelt wurden und propagiert werden. Zusammenfassend stellen sie fest, dass eine wirksame betriebliche Suchtpr?vention folgende Ziele verfolgen sollte:

Zun?chst m?ssen geeignete Rahmenbedingungen geschaffen werden, um Ma?nahmen der Suchtpr?vention ?berhaupt umzusetzen:

  • Dazu geh?rt eine "Betriebsvereinbarung Sucht", die grunds?tzlich an den Zielen ausgerichtet ist, den eigenverantwortlichen Umgang mit psychoaktiven Substanzen zu f?rdern und die Gesundheit der Besch?ftigten zu erhalten.
  • Personen- und systemorientierte Pr?ventionsma?nahmen k?nnen umfassen: Aufkl?rungskampagnen, Einf?hrung eines generellen Alkoholverbots, Ma?nahmen zur Fr?herkennung.
  • Vorgesetzte m?ssen bef?higt werden, Verhaltensauff?lligkeiten der Mitarbeiter ad?quat anzusprechen.
  • Es muss einen ? Stufenplan geben, der ? Vorgehensweisen verbindlich macht und Transparenz schafft. (M?hlig & Hoyer 2007, 336)

Sie verweisen weiterhin auf das Problem, dass zur Evidenz von suchtpr?ventiven Ma?nahmen unterschiedliche Befunde vorliegen. Bezogen auf betriebliche Programme bescheinigen sie Verkaufsbeschr?nkungen in Anlehnung an Loeber und Mann (2006) eine klare Evidenz. Positive Hinweise sehen sie f?r werks?rztliche Kurzinterventionen und die Etablierung von Trinknormen im Betrieb.

In ihrer abschlie?enden Bewertung konstatieren sie, dass angesichts der Gr??enordnung des Problems s?chtigen Verhaltens am Arbeitsplatz noch erheblicher Verbesserungsbedarf besteht. Dies gilt ? neben unzureichenden prim?rpr?ventiven Ans?tzen ? auch f?r sekund?rpr?ventive Interventionen: Hier werden zu wenige Betroffene erreicht und die Vernetzung wie auch der Informationsaustausch zwischen Betrieben und den verschiedenen Agenten der Suchterkennung, -beratung und -behandlung sei zu optimieren.

Das Problem einer mangelhaften Versorgung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern kleiner Unternehmen mit Ma?nahmen der Suchtpr?vention ist kein allein deutsches Ph?nomen. Auf einer internationalen Konferenz in Saarbr?cken im Jahr 2002 mit Vertretern der europ?ischen Staaten Belgien, Frankreich und Luxemburg zeigen sich vergleichbare Schwierigkeiten auch in diesen L?ndern (Ministerium f?r Frauen, Arbeit, Gesundheit und Soziales 2002). Auch dort sind es vornehmlich gro?e Unternehmen, die solche Pr?ventionsma?nahmen anbieten. Aus Luxemburg berichtet stellvertretend Goerens (2002, 46ff):

Kleine und mittlere Unternehmen (d.h. weniger als 150 Arbeitnehmer) haben selten eigene Alkohol-Aktions- und Pr?ventionsprogramme. In diesen Unternehmen h?ngt die L?sung von Alkoholproblemen von der Einstellung der zust?ndigen Gesch?ftsleitung ab. F?r kleine und mittlere Unternehmen ist es zweifellos schwieriger, wirksame Pr?ventionsprogramme gegen Alkohol und andere Suchtmittel aufzulegen und zu verfolgen.

Die Konferenz zeigte, dass generell in allen Mitgliedsl?ndern ein Paradigmenwechsel stattgefunden hat: Wenn von Sucht die Rede ist, werden darunter nicht nur die illegalen Suchtstoffe verstanden, sondern verst?rkt auch Alkohol, Tabak und Medikamente gefasst. Es wurde ersichtlich, dass in den beteiligten L?ndern der Alkoholkonsum am Arbeitsplatz nur selten unter pr?ventiven Aspekten angegangen wird, sondern dass mit kurativen Ma?nahmengehandelt wird, wenn das "Kind bereits in den Brunnen gefallen ist".

Als Empfehlungen f?r die Zukunft wurde eine Ber?cksichtigung folgender Aspekte diskutiert (Ausz?ge S. 69):

  • Verh?ltnis Mensch versus Maschine ?berdenken,
  • Suchtpr?vention als Gesundheitserziehung sehen,
  • Gestaltung der Arbeitsplatzstrukturen im Hinblick auf Vermeidung von Abh?ngigkeiten,
  • Ethische Grundlage der F?rsorgepflicht der Vorgesetzten,
  • Adaption des Hilfesystems in betriebliche Organisationsabl?ufe,
  • ?bertragbarkeit der Pr?ventions- und Gesundheitsmodelle in den Gro?betrieben auf kleinere und mittelst?ndische Betriebe pr?fen (unter Einbeziehung von medizinischen Diensten und Beratungsstellen).

Auch f?r ?sterreich wird von Beiglb?ck und Feselmayer (2000) die Notwendigkeit einer Ausweitung der betrieblichen Suchtpr?vention auf Klein- und Mittelunternehmen gesehen, da bisher haupts?chlich Gro?unternehmen aktiv w?rden. Dazu wird ? im Hinblick auf die mangelnden finanziellen Ressourcen dieser Unternehmen ? eine verst?rkte Einbindung ?ffentlich rechtlicher Tr?ger (Kammern, Kassen usw.) als notwendig erachtet.