Es geht vielmehr um Reflexion als um Kreation

Ein Erfahrungsaustausch zur Entwicklung von Gesch?ftsideen im Mittelstand.

Kathrin: Nun waren wir letztes Jahr ja viel auf den Spuren von (digitalen) Gesch?ftsideen im Mittelstand unterwegs. Mich hat dabei am meisten ?berrascht, wie pers?nlich der Prozess der Ideenentwicklung doch ist. Gemeinhin werden der Teamgedanke und die Schwarmintelligenz ja gro? geschrieben und propagiert ? Die will ich damit auch gar nicht in Abrede stellen. Jedoch ist mir aufgefallen, dass sie vor allem dann gefragt waren, wenn es darum ging, eine (Gesch?ftsIdee zu sch?rfen, also zu diskutieren, weiterzuentwickeln, auszuarbeiten, zu bewerten und schlie?lich umzusetzen. Die grunds?tzlichen Ideen und Ans?tze, um ihr Gesch?ft weiterzuentwickeln oder gar neu zu erfinden, hatten die meisten Entscheiderinnen und Entscheider bereits im Gep?ck ? und sie waren von sehr pers?nlichen Erfahrungen, Einsch?tzungen und Motiven gepr?gt. Hast Du das auch so wahrgenommen? Und was hat Dich ?berrascht?

Ute: Ich kann Deinen Eindruck nur best?tigen. An Ideen mangelt es dem Mittelstand nicht. Das gilt aber nicht nur f?r die Unternehmerinnen und Unternehmer selbst. Auch ihre Mitarbeitenden hatten oft ein paar spannende Ideen im Kopf, wie man das Gesch?ft weiterentwickeln k?nnte. Doch die kommen im Gesch?ftsalltag offensichtlich selten auf den Tisch, denn es fehlen meist die Zeit und der geeignete Rahmen daf?r. Das best?tigt auch Maria Tagwerker-Sturm. Und damit bin ich auch schon bei Deiner zweiten Frage: Als Neuling im Team hat es mich wirklich ?berrascht, dass manchmal schon ein halbt?giger Workshop genauso ein geeigneter Rahmen sein kann, um Ideen zu teilen und einen gemeinsamen weiterf?hrenden Prozess zur Gesch?ftsmodellentwicklung anzusto?en. Das Handwerkszeug: Ein klarer, aber flexibler Ablauf, wenige einfache Tools zur Strategie- und Gesch?ftsmodellentwicklung, viel Erfahrungsaustausch und kollegiale Beratung. Ich bin immer noch begeistert, wie viele Aha-Effekte ich mit den Teilnehmenden dabei erleben durfte. Jens Herting scheint da als Gesch?ftsf?hrer ganz ?hnliche Erfahrungen mit seinem Team zu machen.

Kathrin: Sind wir da schon an dem Punkt, den Roman St?ger in seinem Beitrag unterstreicht: Es braucht mehr Umsetzungsst?rke ? Ideen gibt es genug? Ich kann damit viel anfangen. Und zur Umsetzung geh?rt dann eben auch ein Rahmen, wo solche Ideen (von Einzelnen) fruchtbar, also f?r die Organisation nutzbar werden k?nnen. Meiner Meinung nach geht es dabei ? auch in der Moderation solcher Prozesse und Workshops ? vor allem darum, dass Paradoxien ausgesprochen und dann auch bearbeitet werden k?nnen, zum Beispiel dass bei allen Argumenten f?r ein neues Gesch?ftsmodell immer auch welche dagegen sprechen. Es gab (und gibt?) ja auch mal gute Gr?nde f?r das Alte. Welchen Preis nimmt man mit dem Neuen in Kauf? Das wird in Innovationsprozessen gern ausgeblendet und kommt dann sozusagen ?durch die Hintert?r? in Form von Blockaden, Verz?gerungen und anderen Umsetzungsproblemen wieder herein. Damit w?rde Umsetzungsst?rke auch bedeuten, bewusst die andere Seite der Medaille zu reflektieren, so wie es Jule Waibel in Bezug auf das Wachstum ihres Gesch?fts tut. Bei der Ausarbeitung neuer Gesch?ftsideen schadet das bestimmt nicht ...

Ute:
Ich denke, f?r ein paar gute neue (Gesch?ftsIdeen ist durchaus noch Platz in der Welt und deshalb lohnt es sich auch, Kreativit?t und Ideenreichtum zu unterst?tzen. Das versuchen wir mit unserer Arbeit auf zwei Ebenen: Einerseits geben wir mit unserem Gesch?ftsideentagebuch all denen einen praktischen Begleiter an die Hand, die im stillen K?mmerlein an ihrem Gesch?ft t?fteln und ihrer Kreativit?t und Innovationskraft Raum geben wollen ? nicht, dass noch spannende Ideen verloren gehen! Andererseits bieten wir mit den Zukunftslaboren den Raum zur gemeinsamen Reflexion von solchen neuen Ans?tzen. Da schauen wir zum Beispiel mithilfe des Gesch?ftsmodell-Cockpits noch einmal genau darauf, wie das Gesch?ft heute funktioniert und wie es sich entwickeln kann. Und dabei stellt sich oft heraus, dass schon das zu l?sende Problem, die gemeinsame Herausforderung unterschiedlich wahrgenommen und beurteilt werden. Wenn man sich da ann?hern kann, werden oft auch Nutzen und Preis einer neuen Idee nicht mehr so unterschiedlich beurteilt ? so kann sie leichter von allen getragen oder eben auch fallen gelassen werden.

Kathrin: Ja, genau, da bin ich ganz bei Dir. Gerade wenn ich auf die gesamtgesellschaftlichen Megatrends schaue, die Raphael Shklarek umrei?t, wird deutlich: Es gibt noch gen?gend Gesch?ftsideen, die geboren oder weiterentwickelt werden wollen und m?ssen. Dass sie auch ?auf die Stra?e? kommen, macht sie ja eigentlich erst zur gesch?ftsf?higen Innovation. Da stimmen mich unsere Erfahrungen aber ?u?erst positiv, da wir vielen Mittelst?ndlern begegnen, die anders sind, als manche Unkenrufe t?nen: mutig, offen, engagiert und kreativ ? Was angesichts der Auslastung im Alltagsgesch?ft schnell mal fehlen kann, ist der Raum zur Reflexion ? und damit eben auch zur Transformation. Sch?n, dass wir an dieser Stelle unterst?tzen k?nnen.