Gesch?ftsmodellentwicklung Oder: Vom Wert, sich auf den Kern zu besinnen!

Alexander Sonntag ist Soziologe, gelernter Schreiner, Vater von zwei Kindern und leitet gemeinsam mit Patrick Gro?heim das Projekt ?Wettbewerbsf?hig mit digitalen Gesch?ftsmodellen und Personalstrategien? im RKW Kompetenzzentrum. Dort erarbeitet er mit und f?r kleine und mittlere Unternehmen Angebote zu den Themen Gesch?ftsmodellentwicklung, Digitalisierung und strategische Personalarbeit ? ?Chefsachen? eben. Kontakt: sonntag@rkw.de

Die Welt scheint neue Begriffe und Trends zu ben?tigen. Eins dieser Modew?rter der letzten Jahre ist das Gesch?ftsmodell oder genauer gesagt: die Gesch?ftsmodellinnovation. Wie allen gr??eren und kleineren Hypes begegnen wir auch diesem aufmerksam, aber mit der gebotenen Vorsicht: Aufmerksam, weil sie oft genug einen ?wahren Kern? enthalten, etwas, das bedenkenswert erscheint und das ganz bodenst?ndig und pragmatisch eingesetzt einen echten Mehrwert verspricht. Vorsicht, weil sich die unweigerlichen Heilsversprechen in der Realit?t meist als haltlos erweisen.

Gesch?ftsmodelle, oder: der Wesenskern von Unternehmen

Ein Gesch?ftsmodell wie wir es verstehen, ist nicht nur die Art und Weise, wie ein Unternehmen Geld verdient, sondern nichts weniger als sein Wesenskern. Welche Aspekte diesen Kern im Detail ausmachen, dar?ber streiten die Geister. Wir pers?nlich bevorzugen ein relativ kompaktes Modell, das ?bersichtlich, flexibel einsetzbar und leicht anpassbar ist:

  • Kunden: Wer sind unsere Zielkunden?
  • Kan?le: Wie gestalten wir die Schnittstelle zu diesen Kunden?
  • Angebote: Was wollen wir diesen Kunden bieten?
  • Prozesse: Wie k?nnen wir diese Leistungen erbringen?
  • Erl?smodelle: Wie verdienen wir damit ausreichend Geld?

Den Rahmen daf?r bilden bei vielen mittelst?ndischen Unternehmen die Interessen der Eigner und (nat?rlich) die ganz spezifischen Umweltbedingungen.

Wenn die Umwelt das eigene Gesch?ftsmodell zu ?berholen droht

N?chtern betrachtet ist die laufende Anpassung des Gesch?ftsmodells nichts Neues oder gar Ungew?hnliches und immer schon integraler Bestandteil von Unternehmertum. Das gilt im ?brigen auch f?r Gesch?ftsmodellinnovationen, also gr??ere Ver?nderungen.

Was sich aber unserer Beobachtung nach ver?ndert, ist die Geschwindigkeit, mit der sich die Unternehmensumwelt wandelt. Vollzog sich dies fr?her eher schrittweise und langsam und traten neue Gesch?ftsmodelle eher selten auf, hat sich die Schlagzahl in den letzten Jahren in vielen Branchen deutlich erh?ht. Ein wesentlicher ? wenn auch beileibe nicht der einzige oder zwingend wichtigste ? Ver?nderungstreiber ist dabei die voranschreitende Digitalisierung.

Da? ich erkenne, was die Welt Im Innersten zusammenh?lt, Schau alle Wirkenskraft und Samen, Und tu nicht mehr in Worten kramen." Johann Wolfgang von Goethe, Faust: Eine Trag?die

In der Folge begegnen wir Kfz-H?ndlern, die ihr ganzes Gesch?ft in Frage stellen, Automobil-Zulieferern, die sich fragen, wie folgenreich sie der Bedeutungsverlust von Verbrennungsmotoren treffen k?nnte oder Handwerksbetrieben, die pl?tzlich neuen und stark digitalisierten Konkurrenten gegen- ?ber stehen. Und mitunter treffen wir findige Unternehmerinnen und Unternehmer, die aktiv die Spielregeln ihrer Branche selbst zu ver?ndern suchen. Aber um der Wahrheit Gen?ge zu tun: Wir begegnen mindestens genauso vielen Unternehmen, die sich von diesem Wandel nur am Rande betroffen f?hlen und sich mit graduellen Anpassungen auch in Zukunft noch gut aufgestellt sehen.

?Da? ich erkenne, was die Welt Im Innersten zusammenh?lt, Schau alle Wirkenskraft und Samen, Und tu nicht mehr in Worten kramen.? Johann Wolfgang von Goethe, Faust: Eine Trag?die

Gesch?ftsmodellentwicklung: Arbeit an der inneren Wahrheit des Unternehmens

?ndern sich die Spielregeln einer Branche, die technischen M?glichkeiten oder der Taktgeber im Unternehmen, wird das eigene Gesch?ftsmodell in der Regel zumindest in Frage gestellt ? eine Phase der Selbstvergewisserung und Neujustierung, also letztlich der Strategiearbeit. Ob nun am Ende dieses Prozesses eine Innovation oder eine Anpassung des Gesch?ftsmodells steht, spielt unterm Strich keine gro?e Rolle. Entscheidend ist vielmehr, ob die L?sung sich als tragf?hig erweist, angesichts der Ambitionen der Entscheider, der Erwartungen der Kunden, der Dynamiken in der Unternehmensumwelt und der Umsetzbarkeit im Unternehmen.

Strategiearbeit im Allgemeinen und die Arbeit am Gesch?ftsmodell im Besonderen erleben wir im Kern als kommunikativen Prozess. Kaum verwunderlich, geht es hier doch an die Aushandlung dessen, was das Unternehmen heute und in Zukunft ausmacht. Wir bezeichnen das als ?Arbeit an der inneren Wahrheit? des Unternehmens. Konkret hei?t das, dass geteilte, aber vor allem auch unterschiedliche Wahrnehmungen, Einsch?tzungen, Vorstellungen, pers?nliche Interessen und Bed?rfnisse ausgelotet, sinnvoll kanalisiert und m?glichst fruchtbar miteinander in Kontakt gebracht werden wollen.

Begleiten wir ein Unternehmen auf dieser Reise, tragen wir dem Rechnung, indem wir zun?chst das bestehende Gesch?ftsmodell w?rdigen. Hier geht es nicht so sehr darum, in analytischer Detailarbeit einzelne Verbesserungspotenziale zu identifizieren, die es sp?ter abzuarbeiten gilt. Vielmehr gilt es, die derzeitige innere Wahrheit des Unternehmens so knapp wie m?glich, aber so tiefgreifend wie n?tig herauszuarbeiten. Hier nutzen wir das Gesch?ftsmodell als Wegweiser, um die wichtigsten Aspekte getrennt, aber im Bezug zueinander zu diskutieren und wo n?tig durch Analysen gezielt zu vertiefen. Dieser flexible Rahmen hilft, Komplexit?t sinnvoll zu reduzieren, sich im Kreis drehende Diskussionen zu kanalisieren, einen fokussierten Austausch sicherzustellen sowie die Ergebnisse in einem konsistenten Gesamtbild zu verdichten.

Vor diesem Hintergrund lassen sich die zu erwartenden Ver?nderungen in der Umwelt besser interpretieren und das Morgen sinnvoll und ?geerdet? gestalten. Schlie?lich erleben wir in kleinen oder mittleren Unternehmen in aller Regel, dass das Neue in einem sehr engen Bezug zum Alten steht.

Statt die Aufmerksamkeit ma?geblich auf die Analyse des Heute zu lenken, reservieren wir ausreichend Kraft f?r das Morgen: dem ?ffnen f?r m?gliche Szenarien, dem l?sungsoffenen Erarbeiten, Hinterfragen, Weiterentwickeln und (Aus)Sortieren vielversprechender Optionen. Gelingt dieser Schritt, ergeben sich die folgenden relativ selbstverst?ndlich: Die Ausarbeitung eines geteilten Bildes davon, was das Unternehmen morgen ausmachen soll und eines Fahrplans, wie es sich diesem Ziel n?hern kann. Ohne die Rolle des Gesch?ftsmodells als Ordnungsrahmen ?berstrapazieren zu wollen: Gerade an dieser Stelle kann es einen Unterschied machen. Wenn es n?mlich gelingt, den zuk?nftigen Wesenskern eines Unternehmens zugespitzt, aber im Gesamtzusammenhang auf den Punkt zu bringen. Beschr?nkt sich ein Tochterunternehmen beispielsweise weiterhin auf seine Rolle als Zulieferbetrieb oder definiert es sich innerhalb der Holding zuk?nftig dar?ber hinaus auch als ?Ohr und Labor? f?r neue M?rkte, und was muss das Unternehmen f?r Voraussetzungen schaffen, um dieser Aufgabe zuk?nftig gerecht werden zu k?nnen? In solchen F?llen erweist sich das Gesch?ftsmodell als sinnvolle Kommunikationsplattform und geeigneter Ausgangspunkt, um Gemeinsamkeiten und Trennlinien in der Einsch?tzung herauszuarbeiten, die Ideen gemeinsam zu tragf?higen Optionen weiterzuentwickeln und bestenfalls Stakeholdern und Mitarbeitern verst?ndlich zu machen.