I.II Strategisch bedeutsames Wissen und Unternehmenserfolg

I.II Strategisch bedeutsames Wissen und Unternehmenserfolg

Wissen, Erfahrungen und die F?higkeiten der Mitarbeiter k?nnen auch eine strategische Bedeutung haben. Sie haben immer dann strategische Bedeutung, wenn dieses Wissen einen f?r das Unternehmen bedeutsamen Einfluss auf die Verwirklichung der strategischen Unternehmensziele hat und damit auch das l?ngerfristige ?berleben des Unternehmens unterst?tzt. Dieses Wissen ist in der Praxis jedoch schwerer zu identifizieren und zu organisieren, da es ? beziehungsweise der Verlust ? nicht unmittelbar erkennbar sein muss.

Ein Beispiel ?

Ein norddeutsches Maschinenbauunternehmen setzt sich im Rahmen seiner Innovationsvorhaben zum Ziel, zwei neue Werkzeuge auf den Markt zu bringen. Dieses Vorhaben dient wiederum dem Ziel, sich in diesem Produktsortiment keine Marktanteile durch Wettberber nehmen zu lassen. Beide neu zu entwickelnden Werkzeuge sind mit festen Vorgaben f?r Herstellungskosten versehen worden, um den Markterfolg des Vorhabens sicherzustellen. Die Nullserie liegt jedoch immer noch 20 Prozent ?ber den anvisierten Herstellungskosten. Schlie?lich gelingt es einem Entwickler, mit einigen Modifikationen den Herstellungsaufwand der Werkzeuge zu reduzieren. Die m?glichen Kostenersparnisse werden jedoch nicht automatisch realisiert. Sie m?ssen sich noch in niedrigeren Preisen f?r die Zukaufteile der Werkzeuge realisieren.

Damit die geringeren Herstellungskosten der Werkzeuge schlie?lich erreicht werden k?nnen, sind das Wissen und die Erfahrung einer Schl?sselkraft notwendig. Ein alt gedienter Eink?ufer kennt die Produktionsbedingungen und die Anlagen der wichtigsten Zulieferer. Dadurch ist er in der Lage, die tats?chlichen Herstellungskosten der Zukaufteile seiner Zulieferer zu berechnen und entsprechende Preisnachl?sse im Preisverhandlungsgespr?ch einfordern.

W?re der mittlerweile ?ltere Eink?ufer bereits verrentet gewesen, w?ren die Preisverhandlungen mit den Zulieferern nicht in gew?nschter Form verlaufen und die Werkzeuge h?tten nicht die erforderlichen Herstellungskosten erreicht. Ein rasches Gegensteuern durch die Gesch?ftsf?hrung w?re wenig erfolgreich gewesen, da der Aufbau dieses Spezialwissens durch den Eink?ufer langwierig war.

Nach einer Analyse erkennt die Gesch?ftsf?hrung die strategische Bedeutung dieses Wissens und leitet umgehend ein Programm zur Wissenssicherung ein.

Das Wissen und die Erfahrung des Eink?ufers m?gen im Alltag zur Aufrechterhaltung des laufenden Gesch?fts nicht erfolgskritisch sein. F?r das Unternehmen ist dieses Know-how jedoch Bestandteil der bestehenden Erfolgspotenziale und von h?chster Bedeutung, wenn es um die Umsetzung der strategischen Unternehmensziele geht.

Exkurs: Strategische Unternehmensf?hrung und Erfolgspotenziale

In Anlehnung an das Modell der Vorsteuerung der strategischen Unternehmensf?hrung (G?lweiler: 2005) zeigt die Abbildung 5, dass das Wissen des Eink?ufers zu den strategisch bedeutsamen Erfolgspotenzialen geh?rt. Das Modell unterscheidet zwischen operativem ? also der Steuerung eines Unternehmens ?ber die Finanzkennzahlen ? und strategischem Management, welches bestehende und neue Erfolgspotenziale steuert. Unter Erfolgspotenzial versteht man "das gesamte Gef?ge aller jeweils produktund marktspezifischen erfolgsrelevanten Voraussetzungen, die sp?testens dann bestehen m?ssen, wenn es um die Erfolgsrealisierung geht." (ebd. S.26). In dem vorrangehenden Beispiel entspricht dies dem Wissen ?ber die Produktionsbedingungen der Zulieferer, welches die Realisierung geringerer Herstellungskosten erm?glicht, was wiederum den Absatz der Werkzeuge verbessert und letztlich den Erfolg des Unternehmens sicherstellt.

Die Abbildung 5 zeigt zudem, "wo" das Management strategisch bedeutsamen Wissens ansetzen muss. Das Management bestehender und neuer Erfolgspotenziale beeinflusst oder steuert den gesch?ftlichen Erfolg und die Liquidit?t von morgen (zeitlich) positiv vor. Dadurch wird die Wahrscheinlichkeit f?r einen positiven morgigen Erfolg des Unternehmens verbessert. Die Pflege oder das Management der bestehenden (aktuelle Marktstellung, Produkte usw.) und der neuen Erfolgspotenziale (z.B. Innovationen f?r k?nftiges Gesch?ft) stellt eine Art "Investition" in die Zukunft des Unternehmens dar, die eine eindeutige Aufgabe der Gesch?ftsleitung ist. Vers?umnisse k?nnen gro?e Auswirkungen auf die ?berlebensf?higkeit eines Unternehmens haben und sind unter Umst?nden auch nicht mehr r?ckg?ngig zu machen. Welches Wissen und Know-how als Bestandteil eines Erfolgspotenzials eines Unternehmens gilt, muss jedoch letztlich immer individuell bestimmt werden.

Eine wichtige Besonderheit der Erfolgspotenziale ist, dass wenn ihr Fehlen oder Verlust im operativen Gesch?ft erst einmal bemerkt wird (durch negativen Erfolg oder Liquidit?tsprobleme), es f?r die Beschaffung eines passenden Ersatzes oder einen Neuaufbau zu sp?t ist. Warum? Weil prinzipiell ein l?ngerer Zeitraum f?r den Aufbau der Erfolgspotenziale ben?tigt wird oder wurde. Die umfangreiche Erfahrung und das Fachwissen eines erfolgreichen Produktmanagers lassen sich nun mal nicht in einem Jahr aufbauen. Die Identifikation des strategierelevanten Wissens bietet der Gesch?ftsf?hrung somit die Chance, dem Wissensverlust rechtzeitig gegenzusteuern.

Erfolgreiches Management strategisch bedeutsamen Wissens unterst?tzt das Unternehmen mittel- und langfristig, den Gesch?ftserfolg und die Unternehmensziele zu realisieren, auch wenn wichtige Schl?sselkr?fte ausscheiden.

Orientierungshilfen zur Bestimmung strategisch bedeutsamen Wissens

Wie bereits gesagt, ist die Identifikation des strategisch relevanten Wissens im Unternehmen nicht einfach. Oft liegt es au?erhalb der Wahrnehmung der verantwortlichen F?hrungskr?fte, oder es besteht Uneinigkeit dar- ?ber, was nun strategisch bedeutsames Wissen sein k?nnte. Um den Begriff des Erfolgspotenzials f?r die Praxis aufzul?sen, k?nnen die strategischen Schl?sselgr??en als Orientierungshilfe hilfreich sein (Malik: 2011):

  • Liquidit?t (operative Unternehmensf?hrung)
  • Erfolg/ Gewinn/ Ertragskraft (operative Unternehmensf?hrung)
  • Markt
  • Innovation
  • Produktivit?t
  • Attraktivit?t f?r "gute Leute"

Die Beobachtung, die Pflege und das Management dieser Schl?sselgr??en bestimmen Erfolg und Lebensf?higkeit eines Unternehmens (ebd.). Sie entsprechen quasi den Instrumenten und Anzeigen des Cockpits der Gesch?ftsf?hrung. F?r die Bestimmung strategisch bedeutsamen Wissens sind vor allem die Schl?sselgr??en Markt, Innovation und Produktivit?t sinnvoll, da f?r diese das Wissen und die Erfahrung der Mitarbeiter einen besonderen Einfluss haben k?nnen.

Die Orientierungsgr??en erm?glichen jedoch nur die erste Ann?herung an das strategisch bedeutsame Wissen. Erst wenn die Ziele und konkreten Vorhaben des Unternehmens zu einzelnen Schl?sselgr??en bekannt sind, kann die Identifizierung strategisch bedeutsamen Wissens tats?chlich erfolgen.

Das hei?t, es m?ssen zuerst die Ziele des Unternehmens bez?glich der jeweiligen Schl?sselgr??e herangezogen oder festgelegt werden. Auf dieser Grundlage kann im Anschluss ermittelt werden, welches (vorhandene) Wissen und welche Schl?sselkr?fte f?r die Umsetzung der Ziele notwendig beziehungsweise unverzichtbar sind. Am Beispiel des norddeutschen Maschinenbauers sieht die Zielstellung f?r die Schl?sselgr??en wie folgt aus: - Das hier beschriebene Werkzeug "Ableitung strategisch bedeutsamen Wissens aus Zielen" kann dem entsprechenden pdf-Dokument des Leitfadens entnommen werden.