Beteiligung des Betriebsrats an strategischer Personalplanung (SPP) ? wozu eigentlich?
Es gibt eine ganze Reihe verbreiteter Fehleinsch?tzungen ?ber Strategie, die in vielen Unternehmen gelebte Praxis sind. Sie lauten etwa so:
Strategie ist
- ... nur langfristige Planung
- ... nur m?glich mit speziellen Instrumenten, z. B. mit der Balanced Scorecard
- ... nur etwas f?r Experten
- ... eigentlich ?berfl?ssig, solange das Unternehmen erfolgreich ist
- ... ohne Bedeutung f?r den operativen Alltag
- ... etwas f?r die Schublade
- ... in der Regel nicht umsetzbar
- ... und vor allem: nichts f?r Betriebsr?te!
Alle diese Vorstellungen sind falsch und k?nnen sogar gef?hrlich f?r ein Unternehmen werden. Denn so gut wie alle Unternehmenskrisen beruhen auf vers?umter strategischer Vorsteuerung, also auf einer l?ckenhaften Strategie.
Ein Betriebsrat, der seine auch im BetrVG verankerten Aufgaben der Arbeitsplatz- und Besch?ftigungssicherung ernst nimmt, muss auch auf der strategischen Ebene arbeiten. D. h. er darf sich nicht darauf beschr?nken, nur auf der Ebene der personellen Einzelma?nahmen Mitarbeiterinteressen zu vertreten, sondern er muss auch Entscheidungen auf der Ebene der strategischen Planung aus der Perspektive der Mitarbeiter beeinflussen.
In diesem Sinne hat jedes Handlungsfeld der Betriebsratsarbeit ? ob gewollt oder nicht ? eine strategische Komponente. Beispielsweise kann ...
- der Arbeits- und Gesundheitsschutz dazu beitragen, die ?Personalressourcen? (also die Mitarbeiter) leistungsf?hig, motiviert und einsatzf?hig zu halten, ebenso die Entgelt- und Arbeitszeitgestaltung;
- die Arbeitsplatzgestaltung dazu beitragen, Arbeits- wie Gesch?ftsprozesse produktiv und zugleich f?r die Mitarbeiter motivierend zu organisieren;
- das Handlungsfeld der personellen Angelegenheiten dazu beitragen, Personalgewinnung und Personaleinsatz an den Erfordernissen der ?berlebensf?higkeit des Unternehmens ? und damit zugleich an Mitarbeiterinteressen ? auszurichten;
- etc.
In diesem Leitfaden geht es vorwiegend um das BR-Handlungsfeld der personellen Angelegenheiten / der Personalplanung. Nicht in erster Linie um die personellen Einzelma?nahmen, wie sie vor allem in den ?? 99 und 102 BetrVG geregelt sind, sondern um deren Vorsteuerebene: die an der Unternehmensstrategie ausgerichtete Planung der Personalressourcen f?r die n?chsten Jahre.
Offensichtlich ist, dass strategische Planung weitgehend die Ebene der personellen Einzelma?- nahmen beeinflusst, wenn nicht mitunter sogar determiniert. Die Vertretung von Mitarbeiterinteressen durch den Betriebsrat ist also wirkungsvoll nur m?glich, wenn sie auch auf dieser Ebene stattfindet. Die dargestellten Szenarien aus typischen Beispielen mittelst?ndischer Unternehmen (siehe Anhang) veranschaulichen dies praktisch.
Leittext 1:
Was hei?t ?strategisch arbeiten? in einem Unternehmen?Strategie ist f?r ein Unternehmen ?berlebensnotwendig. Jedes Unternehmen, das ?berlebt, beweist damit, dass es eine Strategie hat. Diese mag auch noch so l?ckenhaft, intransparent, auf getr?btem Blick basierend, untergr?ndig, kontrovers, widerspr?chlich, ?schlecht? etc. sein.
Eine ?gute? Strategie (im Sinne der ?berlebensf?higkeit des Unternehmens) leistet mindestens Folgendes:
- sie steuert die Ressourcen f?r den Unternehmenserfolg von morgen vor, damit auch in den kommenden Jahren z. B. die Mitarbeiter (in der erforderlichen Anzahl und mit den gesch?ftlich ben?tigten Kompetenzen), verf?gbar sind;
- sie sorgt dabei f?r Zeitgewinn, damit z. B. rechtzeitig die Nachfolge f?r (in einigen Jahren) ausscheidende Schl?sselkr?fte geplant wird;
- sie formuliert strategische Unternehmensziele zur Marktpositionierung, zur Produktivit?tsentwicklung (Kostenposition), zur Positionierung mit Innovationen sowie zur Liquidit?ts- und Gewinnentwicklung des Unternehmens (vgl. auch Leittext 4);
- sie bildet die ?Brille?, durch welche das Management das operative Gesch?ft betrachtet und ? auf dieser Grundlage ? steuert.
All das
- ist kurz- und langfristig,
- bedarf keiner besonderen Instrumente (auch wenn solche hilfreich sein k?nnen),
- ist nicht Expertensache sondern Managementaufgabe,
- ist besonders dann wichtig, wenn das Unternehmen erfolgreich ist, denn die heutigen Erfolgsmuster sind in manchen F?llen die Totengr?ber von morgen,
- ist immer operativ und zwar mit strategischem Blick, also umsetzbar,
- und ist (vor allem) wichtig f?r einen Betriebsrat, der seine Aufgaben ernst nimmt.