Die Herausforderung des 21. Jahrhunderts

Die Herausforderung des 21. Jahrhunderts

Zu Beginn des 21. Jahrhunderts sind alle L?nder mit einer Reihe von sich st?ndig ver?ndernden Herausforderungen konfrontiert. Es sind, um nur die wichtigsten zu nennen:

  • die ?konomische Globalisierung von Arbeitsm?rkten, Dienstleistungs- und Sachg?terproduktion;
  • die Entwicklung globaler Produktions- und Distributionssysteme;
  • zunehmende Erwartungen an die soziale Verantwortung der Wirtschaft;
  • wachsende Sorge ?ber die negativen Umweltfolgen wirtschaftlichen Handelns;
  • das Wachstum von Arbeitslosigkeit und neuen Besch?ftigungsformen, wie zum Beispiel selbstst?ndige Wissensarbeiter;
  • ver?nderte Grundlagen der Wettbewerbsf?higkeit, die weniger vom Kostenmanagement als von Innovation und Kundenorientierung bestimmt wird;
  • der Wechsel von der Massenproduktion zu kundenbezogener Varianten- und Qualit?tsproduktion bei h?heren Anforderungen an die Lieferf?higkeit;
  • der Strukturwandel der Produktion hin zu (internationalen) Produktionsnetzwerken;
  • die Notwendigkeit, Formen der Arbeitsorganisation zu entwickeln und zu verbreiten, die nicht den Verschlei?, sondern die Regeneration der arbeitenden Menschen f?rdern und auf diese Weise ihre Arbeitsf?higkeit und Kreativit?t langfristig sichern, erhalten und weiterentwickeln (Stichwort: nachhaltiges Arbeiten);
  • der Aufstieg der Informationsgesellschaft und die damit verbundene Bedeutung von Wissen und Wissensmanagement;
  • das Heraufkommen des Konzepts virtueller und mobiler Arbeit und seine Folgen f?r den Charakter der Arbeit.

Dar?ber hinaus hat es in den vergangenen Jahren eine Reihe wichtiger Ver?nderungen in Europa gegeben, insbesondere die Einf?hrung des Euro, die Lissabon-Agenda und die "EU 2020"-Strategie, die Debatte um die soziale Agenda ("soziales Europa"), die EU-Erweiterung um neue Mitgliedsstaaten. Dazu geh?rt nicht zuletzt auch das erneuerte Interesse an Produktivit?t und Innovation, das auf wirtschaftliche Probleme (u. a. die finanzwirtschaftlichen Krisen seit 2008) einerseits und die in vielen europ?ischen L?ndern ?lter und kleiner werdende Erwerbsbev?lkerung andererseits zur?ckgeht. Dabei ist nat?rlich zu beachten, dass diese Herausforderungen und Entwicklungen sich in den verschiedenen L?ndern unterschiedlich darstellen.

Zusammenfassung

Unternehmen und Organisationen ? ob ?ffentlich oder privat, Dienstleister oder Hersteller von Sachg?tern ? m?ssen deshalb alle verf?gbaren Ressourcen aussch?pfen, um ihre organisatorischen Strukturen so zu gestalten und kontinuierlich anzupassen, dass ein sich st?ndig ver?nderndes Gleichgewicht zwischen den verschiedenen Formen von Flexibilit?t und Sicherheit gefunden wird. Eine solche Strategie, sofern sie die Eigenschaften des ?europ?ischen Modells? ausreichend ber?cksichtigt, liegt im Interesse sowohl der Organisation als auch des Individuums. Nur durch die Entwicklung von Partnerschaften und kooperativen Ans?tzen wird es m?glich sein, Arbeit und Organisation ohne gr??ere Reibungsverluste in eine neue Balance zu bringen, die den Interessen aller Teilhaber (Stakeholder) gerecht wird. Um die praktischen Konsequenzen der Produktivit?tsentwicklung f?r verschiedene Interessengruppen zu verstehen, ist jedoch zu erw?hnen, dass Produktivit?t unterschiedliche Ebenen einer Volkswirtschaft betrifft: die Makro- Ebene (nationale Ebene), die Meso-Ebene (Branchen-Ebene) und die Mikro-Ebene (die Ebene des einzelnen Erzeugers oder der Besch?ftigten). Wichtig ist zu erkennen, dass eine Ma?nahme oder eine Politik Vorteile f?r die Stakeholder auf der Makro-Ebene bringen kann, w?hrend sie sch?dliche Wirkungen f?r Stakeholder auf der Mikro-Ebene erzeugt. Auch k?nnen Produktivit?tseffekte unterschiedliche Konsequenzen f?r unterschiedliche gesellschaftliche Gruppen haben. Politische Entscheider sollten also nicht nur auf die unmittelbaren Wirkungen eines Vorschlags oder einer Ma?nahme achten oder nur auf die Konsequenzen f?r eine bestimmte Gruppe zu Lasten anderer.

Allerdings kann auch der entgegengesetzte Fehler gemacht werden, wenn sich politische Ma?nahmen nur auf die langfristigen Resultate f?r die Gesellschaft richten. Dieser Fehler wird h?ufig von klassischen ?konomen begangen. Sie zeigen h?ufig ein gewisses Desinteresse an dem Schicksal von sozialen Gruppen, die von politischen Entscheidungen oder ?konomischen Entwicklungen negativ betroffen werden, zum Beispiel durch Einkommens- und/oder Arbeitsplatzverlust, obwohl die zugrunde liegenden Entscheidungen insgesamt und in langfristiger Perspektive (auf der Makro-Ebene) durchaus vorteilhaft sein k?nnen. Der h?ufigste Fehler liegt derzeit allerdings darin, sich allein auf kurzfristige Auswirkungen f?r spezielle Gruppen zu konzentrieren und die langfristigen Wirkungen auf die Gesellschaft insgesamt zu ignorieren oder zu verharmlosen.

Die Geschichte von Siegfried Schmidt ? und was daraus f?r andere Besch?ftigte folgt

Siegfried Schmidt, Angestellter eines Textilunternehmens, verliert seinen Arbeitsplatz in der Produktion von M?nteln, weil eine neue Maschine die Produktivit?t stark erh?ht. Der Produktivit?tsfortschritt hat f?r ihn also negative Auswirkungen. Man darf aber nicht ?bersehen, dass der Maschinenbauingenieur Manfred M?ller ebenso wie die Maschinenbedienerin Bettina B?cker soeben einen neuen Job bei dem Hersteller der Maschine bekommen haben, deren h?here Produktivit?t Siegfried Schmidt den Arbeitsplatz gekostet hat. Beide ? und viele andere Personen ? k?nnen sich jetzt einen Mantel f?r die H?lfte des fr?heren Preises kaufen. Die Folgewirkungen des Produktivit?tsfortschritts gehen aber noch weiter, denn Monika Meier bekommt einen neuen Job in einem Lebensmittelladen, weil viele Kunden ? wie Manfred M?ller oder Bettina Becker ? aufgrund der Preissenkung bei M?nteln nun in der Lage sind, mehr Geld f?r Nahrungsmittel auszugeben, usw.

Politische Entscheider sollten die Situation von Herrn Schmidt nicht au?er Acht lassen. Er hat seinen Job durch den Einsatz einer neuen Maschine verloren. Vielleicht kann er bald eine andere Arbeit bekommen, eventuell sogar einen besseren Job. Vielleicht hat er aber auch Jahre seines Lebens damit verbracht, spezielle Qualifikationen zu erwerben und weiter zu entwickeln, die am Markt nicht l?nger ben?tigt werden. Seine Investitionen in die eigene Person, in die nicht mehr ben?tigten F?higkeiten sind in diesem Fall ebenso verloren wie unternehmerische Investitionen in veraltete Maschinen oder ?berfl?ssig gewordene Prozesse. Die Politik muss die politischen und sozialen Auswirkungen solcher vielfach auftretenden F?lle ber?cksichtigen, wenn Arbeitspl?tze abgebaut und ? besonders schwerwiegend ? Betriebsst?tten oder sogar ganze Unternehmen geschlossen werden.

Seit l?ngerer Zeit erzeugt das Verlagern (Oursourcing) von Arbeit in Niedriglohnl?nder Probleme dieser Art, und zwar typischerweise f?r bestimmte Gruppen. Die EANPC unterst?tzt Produktivit?tswachstum, weil es langfristig und per Saldo notwendig f?r den pers?nlichen, sozialen und wirtschaftlichen Fortschritt ist; wir schlagen aber gleichzeitig verschiedene politische Ma?nahmen zur Verringerung der kurzfristig entstehenden negativen Folgen zunehmender Produktivit?t f?r bestimmte Gruppen oder Personen vor. Kurz gesagt: Produktivit?tswachstum erh?ht den Wohlstand und geh?rt daher auf die politische Agenda. Sie muss aber von einer Politik begleitet werden, die unerw?nschten Resultaten der Produktivit?tsentwicklung vorbeugt.