"Vertrauensarbeitszeit: mehr Freiheit wagen" ? bei hoher Einsatzflexibilit?t der Mitarbeiter

"Vertrauensarbeitszeit: mehr Freiheit wagen" ? bei hoher Einsatzflexibilit?t der Mitarbeiter

Beispiel Softwaredienstleister: B-GmbH, Darmstadt und N?rnberg

Die B-GmbH ist ein international t?tiges Softwaredienstleistungsunternehmen f?r die GUI-Entwicklung von mobilen Endger?ten. Die circa 40 Mitarbeiter arbeiten an den Standorten Darmstadt und N?rnberg sehr stark projektbezogen nach den Grundz?gen agiler Softwareentwicklung. Die Mitarbeiter sind durchschnittlich 20 Prozent der Arbeitszeit vor Ort in Kundenteams besch?ftigt.

Anforderungen in der Softwareentwicklung

Eine ver?nderte Kundenstruktur und die damit verbundene Anwendung des neuen Projektmanagementverfahrens Scrum stellte die B-GmbH vor neue Anforderungen. Durch die enge, projektbezogene Zusammenarbeit in Kundenteams wurden von den IT-Entwicklern der B-GmbH in bestimmten Phasen des Projekts l?ngere Wochenarbeitszeiten gefordert. Neben der Frage der Arbeitszeitdauer und dem Ausgleich von Mehrarbeit stand auch die Organisation der Lage und Verteilung der Arbeitszeit im betrieblichen Fokus. Gleichzeitig wurden auch hohe Mobilit?tsanforderungen an die Mitarbeiter gestellt, da die eigentliche Entwicklungsarbeit immer ?fter auch in den R?umlichkeiten des Kunden flexibel stattfindet.

Summa summarum: Arbeitszeiten werden immer h?ufiger und zumindest indirekt von den zu erf?llenden Kundenanforderungen bestimmt. Starre Arbeitszeiten oder auch Anwesenheitskontrollen sind bei der B-GmbH kaum vorstellbar. Gerade f?r global agierende Dienstleister sind vor allem Kundenn?he und st?ndige Erreichbarkeit wichtig, f?r die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen bedeutet dies immer ?fter eine indirekte Steuerung ihrer Arbeitsprozesse. Dies kann dann auch direkte, manchmal negative Auswirkungen auf die betriebliche und pers?nliche Arbeitszeitgestaltung haben.

Flexible Arbeitszeitgestaltung

Gerade das Modell der Vertrauensarbeitszeit (VAZ) kann hier ein geeignetes Arbeitszeitmodell f?r kleinere und mittlere IT-Unternehmen sein, das sowohl den Kunden und dem Unternehmen als auch den Mitarbeitern nutzen bringen kann: Kunden wollen Betriebs- und Servicezeiten verl?ngern und Unternehmen wollen kosteng?nstiger produzieren, um flexibel auf schwankende Kundenanforderungen reagieren und ihre Wettbewerbsf?higkeit erh?hen zu k?nnen. Gleichzeitig w?nschen sich Mitarbeiter mehr Zeitsouver?nit?t, Handlungsspielraum und individuell angepasste, zum Beispiel familien- und alternsgerechtere Arbeitszeiten, um Berufst?tigkeit und Privatleben besser aufeinander abstimmen zu k?nnen.

Kerngedanke der Vertrauensarbeitszeit ist die eigenverantwortliche Verteilung der individuellen Arbeitszeit durch die Besch?ftigten zur Erledigung ihrer Arbeitsaufgaben ? nat?rlich im Rahmen der geltenden rechtlichen Bedingungen. VAZ ist mehr als die Abschaffung der Zeiterfassung, sondern sie ist ein anspruchsvolles Arbeitszeitmodell, das auf einer betrieblichen Vertrauenskultur und dem fairem Umgang miteinander basiert, eine gute betriebliche und auch pers?nliche Zeit. und Ressourcenplanung erfordert und hohe Anforderungen an einen zielorientierten F?hrungsstil im Unternehmen stellt.

Konzept der Vertrauensarbeitszeit

Das Modell VAZ polarisiert: F?r die einen ist es ein K?nigsweg moderner Arbeitszeitgestaltung und Zeitautonomie, f?r die anderen ist es eine Form des "Arbeitens ohne Ende", die zur Entgrenzung privater Zeit und zur Verdichtung der Arbeitszeit f?hrt. Auch in der B-GmbH wurden folgende Chancen und Risiken f?r Unternehmen und Mitarbeiter diskutiert:

Das Modell VAZ polarisiert: F?r die einen ist es ein K?nigsweg moderner Arbeitszeitgestaltung und Zeitautonomie, f?r die anderen ist es eine Form des ?Arbeitens ohne Ende?.

Bei der Erarbeitung passgenauer Arbeitszeitl?sungen f?r die B-GmbH wurden gemeinsam mit allen Mitarbeitern folgende Fragen zur Gestaltung von Vertrauensarbeitszeit bearbeitet:

Erfolgsfaktoren f?r eine gute Praxis der Vertrauensarbeitszeit

W?hrend der Einf?hrung der VAZ bei der B-GmbH war die Beschreibung der folgenden wichtigen Erfolgsfaktoren f?r die Gestaltung eines guten Vertrauensarbeitszeitmodells sehr hilfreich:

  • "Eine vertrauensbasierte Unternehmenskultur ist die Voraussetzung f?r Vertrauensarbeitszeit."
  • VAZ soll zur h?heren Zeitsouver?nit?t, verbesserten Arbeits- und Lebensgestaltung und h?heren Arbeitszufriedenheit der einzelnen Mitarbeiter beitragen.
  • VAZ ist kein Selbstzweck. sie dient der Erreichung strategischer Unternehmensziele und soll deshalb in die ganzheitliche Unternehmensentwicklung integriert sein.
  • Idealerweise verzichtet die VAZ auf jede Art der Zeitkontrolle. Der Mitarbeiter handelt und orientiert sich ausschlie?lich an dem Ergebnis seiner Arbeit.
  • Es m?ssen alle gesetzlichen Anforderungen eingehalten werden, insbesondere die Aufzeichnungspflicht der Arbeitszeit ?ber acht stunden werkt?glich nach ? 16 ArbZG.
  • Vertrauensarbeitszeit sollte nicht als Instrument zur "versteckten" Rationalisierung eingesetzt werden, indem die Personalbemessung ?berm??ig reduziert wird und in Folge regelm??ig nicht abbaubare ?berstunden anfallen.
  • VAZ braucht eine systematische Arbeitsplanung, um ?berlastungen zu verhindern und zugleich den Mitarbeitern zu erm?glichen, ihr Leistungspotenzial voll einbringen zu k?nnen.
  • Klare und offene Kommunikation, schnelle Interventionsbearbeitung und einfache Konfliktl?sungsroutinen helfen, divergierende Interessen auszugleichen.
  • VAZ soll im Rahmen eines Arbeitszeitmanagementprojektes eingef?hrt werden, um geeignete Arbeitszeitregeln und betriebliche steuerungssysteme erarbeiten zu k?nnen.
  • VAZ soll Gesundheits- und leistungsf?rderlich sein. Betriebliche Strategien gegen Selbst?berforderung und Gesundheitsgefahren geh?ren zum Gesamtkonzept VAZ.
Ergebnisse der VAZ-Einf?hrung

Die VAZ ist ein ideal passendes Arbeitszeitmodell f?r It-Unternehmen wie die B-GmbH, die mit agilen Methoden der Softwareentwicklung, insbesondere mit Scrum, arbeiten. Durch die Einf?hrung der VAZ konnten f?r die B-GmbH in den drei betrieblichen Feldern 1. Ziel- und Ergebnisorientierung, 2. bei den Themen Kommunikation und Information sowie 3. bei den Schl?sselbegriffen Vertrauen und Teamarbeit gute Verbesserungen der betrieblichen Abl?ufe und der Zufriedenheit der Mitarbeiter erreicht werden.

  1. Die stark ausgepr?gte Ziel- und Ergebnisorientierung, gerade der Scrum-Methodik mit ihrer verbindlichen Zielvereinbarungssystematik, wird in idealer Weise durch das Modell der VAZ unterst?tzt, das eine eigenverantwortlich und flexibel gestaltete Dauer, Lage und Verteilung der Arbeitszeit m?glich macht.
  2. Kommunikation und Information spielt bei Scrum eine wichtige Rolle, um eine permanente R?ckkopplung, Feedback und gute Abstimmung mit Kollegen, Team und F?hrungskr?ften (Daily Scrum Meeting, Sprint Review Meeting) zu gew?hrleisten. Das VAZ-Modell nutzt diesen erh?hten Kommunikations- und Koordinationsaufwand, um die Interessen aller Beteiligten ber?cksichtigen zu k?nnen. Das stellt gleicherma?en hohe Anforderungen an die Kollaborations- und Gespr?chskultur des Unternehmens, die durch beide Systeme bestens erm?glicht werden.
  3. Vertrauen und Teamarbeit sind Schl?sselbegriffe f?r die Denk- und Arbeitsweisen in beiden Systemen. VAZ l?sst sich ausgesprochen gut in teams integrieren, die fachlich-inhaltlich beziehungsweise arbeitsorganisatorisch aufeinander abgestimmtes Arbeiten erledigen. Dabei gleicht das Team die an den Einzelnen gestellten Arbeits- und Leistungsanforderungen aus. Der Einzelne kann aber auch nur im Rahmen der von dem team gesetzten Grenzen frei ?ber seine Arbeitszeit entscheiden. Beides setzt einen hohen Grad an verl?sslicher Zusammenarbeit und Vertrauen zwischen Mitarbeitern, Team und F?hrungskr?ften voraus. Dies f?rdert und schafft neue Werte, normen und Einstellungen gegen?ber traditionellen hierarchischen Unternehmensstrukturen.

Botschaft

Wenn das "Gesch?ft" extrem hohe zeitliche und r?umliche Einsatzflexibilit?t der Mitarbeiter fordert, sind herk?mmliche Standards der Arbeits- und Arbeitszeitgestaltung nicht haltbar. Ebenso erfordert die Anwendung neuer (Projekt-)Managementverfahren wie "Scrum" ein ver?ndertes Rollen- und Managementverst?ndnis im Unternehmen. In der Folge sind F?hrung und Personalmanagement ebenfalls mehr als herk?mmlich gefordert: F?hrungskr?fte und Teams m?ssen vor allem ein hohes Ma? an Koordinationsleistungen bringen sowie Mitarbeiter ausschlie?lich ziel-, das hei?t hier ergebnisbezogen, f?hren. Zeit als Ma?stab f?r Leistung entf?llt komplett.

Ein gutes und partizipativ implementiertes Vertrauensarbeitszeitmodell trifft sich mit den individuellen Bed?rfnissen vieler Mitarbeiter nach einer besseren Vereinbarkeit von pers?nlicher und beruflicher Zeit. Zugleich birgt Vertrauensarbeitszeit allerdings auch gro?e Risiken: Arbeitszeit ist nicht beliebig ausdehnbar. Das Management wird mehr denn je mit klaren Aufgabenstellungen und Arbeitsbemessungen, einer nachhaltigen Personalplanung und einer neuen Vertrauenskultur arbeiten m?ssen, um die Leistungsf?higkeit der Mitarbeiter langfristig f?r das Unternehmen zu sichern.