Rekrutierung des "F?hrungspersonals" an Universit?ten: interne/externe Stellenbesetzung und die Rolle des Personalmanagements im L?ndervergleich

Rekrutierung des "F?hrungspersonals" an Universit?ten: interne/externe Stellenbesetzung und die Rolle des Personalmanagements im L?ndervergleich

Beispiel: Universit?ten

Die Rekrutierung von Professorinnen und Professoren findet an deutschen Universit?ten ganz anders statt als in Gro?britannien. Die Unterschiede spiegeln die unterschiedlichen strategischen Orientierungen der Hochschulen wider.

Die Ausgangslage: In Deutschland gibt es ein ? im Gro?en und Ganzen ? streng hierarchisches System. Ein Fachbereich besteht aus mehreren Instituten, ein Institut aus mehreren Professuren und jede Professur aus meistens einem Professor beziehungsweise einer Professorin als "Chef" von Assistenten, Doktoranden und Sekretariat. H?ufig werden die Mitarbeiterstellen kurz vor Freiwerden der Professur durch Verrentung oder Weggang des Stelleninhabers bereits nicht mehr besetzt, so dass man dem neuen Professor eine "freie" Abteilung ?bergeben kann, die dieser ganz nach eigenen Forschungsschwerpunkten neu besetzen kann. Dies ist in der Schweiz und in ?sterreich sehr ?hnlich. In Gro?britannien (oder auch den USA) wird wesentlich mehr in Teams gearbeitet, die deutlich gr??er sind und in denen mehrere Professoren t?tig sind, die zusammen mit Mitarbeitern die Forschung und Lehre organisieren. Die Mitarbeiter, die in Deutschland meist nur auf einige Jahre befristete Vertr?ge haben, die mit der Promotion oder Habilitation enden, sind in Gro?britannien nach der Probezeit meist unbefristet besch?ftigt. Die Mitarbeiter in Gro?britannien sind den Professoren nicht so stark hierarchisch unterstellt, sondern sie haben sehr viel mehr Autonomie.

Strategische Ziele der Professorenrekrutierung:

Das Ziel der Rekrutierung eines neuen Professors ist in Deutschland meist die Wiederbesetzung einer vakanten stelle mit einem externen Nachfolger. Dies ist in der Regel ein Vertreter des gleichen Fachgebietes, um dieses gem?? den Studien- und Pr?fungsordnungen wieder nahtlos abzudecken. Ausgeschlossen ist in der Regel, dass sich Mitglieder der Abteilung (die sich zum Beispiel dort vorher habilitiert haben) selbst bewerben, da dies unter das sogenannte "Hausberufungsverbot" f?llt.

In Gro?britannien werden externe und interne Bewerber ber?cksichtigt, indem externe Bewerber eingestellt oder interne Kandidaten von Mitarbeiterstellen zum Professor bef?rdert werden. Das Ziel ist in der Regel die Erg?nzung eines gr??eren Teams. Dabei spielen selbstverst?ndlich auch die in der Lehre anstehenden Aufgaben eine wichtige Rolle, aber zugleich versucht man, sich Kompetenzen "einzukaufen", die dem Team in der aktuellen Besetzung vielleicht fehlen und die Innovation bringen. In Deutschland wird meist eine relativ konstante Anzahl an studierenden betreut und es wird ? weil mehr studierende nicht unbedingt zus?tzliche Einnahmen bedeuten ? durch eine Wiederbesetzung meist versucht, den Status Quo zu erhalten. In Gro?britannien, durch die wesentlich h?heren Studiengeb?hren, bringt jeder zus?tzliche Student auch mehr Geld f?r die Abteilung. Daher wird durch Neubesetzungen von Professuren auch versucht, neue strategische Felder der Lehre zu besetzen.

Die Besetzung mit internen Kandidaten hat mehrere Vorteile: Erstens kennen sich Bewerber und die ?brigen Teammitglieder schon und wissen, dass sie miteinander arbeiten k?nnen. Zweitens erspart man sich aufwendige Verfahren der Kandidatensuche und Beurteilung. Andererseits, und dies sind vielleicht die Vorteile des deutschen Hausberufungsverbotes, das immer zu einer Einstellung externer Bewerber f?hrt, werden interne Kandidaten vielleicht manchmal etwas weniger kritisch auf ihre Eignung gepr?ft ? gerade weil man sich schon gut kennt, will man sich vielleicht "nicht weh tun". Au?erdem ist die Wahrscheinlichkeit, sich bei einem externen Kandidaten neue sichtweisen und Innovation einzukaufen, vielleicht etwas gr??er.

Beteiligung der Personalabteilung:

Wie sieht der Prozess der Rekrutierung von der Ausschreibung bis zur Besetzung in den beiden L?ndern nun konkret aus? In Deutschland l?sst man sich die Ausschreibung vom Pr?sidium/Rektorat der Universit?t bewilligen und muss dabei als Fachbereich meist erkl?ren, wie man die daf?r notwendigen Kapazit?ten an R?umlichkeiten, Sekretariat und so weiter bereitstellen kann, ohne auf zus?tzliche zentrale Ressourcen zur?ckgreifen zu m?ssen. Ausgeschrieben werden entweder W2- oder W3-Professuren, die sich aber in den meisten Bundesl?ndern nur unwesentlich (vor allem im Gehalt, in Bayern auch etwas in der Statusposition) unterscheiden. ?ber Fachbereichsrat und Senat wird dann eine Berufungskommission eingesetzt, die gem?? den Satzungen mit Mitgliedern aller Statusgruppen (studierende, Mitarbeiter, Professoren, Frauenbeauftragte) besetzt ist und in der das wiederzubesetzende Fach selbst in der Regel nur durch ein oder zwei externe Mitglieder (z. B. Professoren anderer Universit?ten im gleichen Fachgebiet) vertreten ist. Den fr?heren Stelleninhaber oder der Abteilung noch zugeh?rige Mitarbeiter beteiligt man in der Regel nicht aufgrund von m?glichen sogenannten "Befangenheiten". Aufgrund dieser m?glichen Befangenheiten ist ebenfalls jeder von der Mitwirkung in Kommissionen ausgeschlossen, der mit einem oder mehreren der Bewerber bereits wissenschaftlich zusammengearbeitet hat, also zum Beispiel gemeinsam ver?ffentlicht hat. Man muss also feststellen, dass h?ufig der inhaltliche, fachliche Sachverstand in der Kommission nur durch externe Mitglieder repr?sentiert ist. Nach Sichtung der schriftlichen Bewerbungsunterlagen wird dann eine Auswahl von Kandidaten zum ?ffentlichen Probevortrag mit anschlie?endem Gespr?ch mit der Kommission eingeladen. Aus diesen werden dann drei bis vier Kandidaten zur vergleichenden schriftlichen Begutachtung durch in der Regel zwei bis drei externe Gutachter ausgew?hlt. Die Gutachter sind meist an anderen deutschen Universit?ten t?tige Professoren. Anhand der Gutachten wird dann eine Liste von in der Regel drei Kandidaten erstellt, die durch Fachbereichsrat und Senat dem Pr?sidenten vorgelegt wird. Dieser spricht dann den ?Ruf? aus, das akademische Wort f?r ein Stellenangebot, und verhandelt dann zun?chst mit dem Erstplatzierten ?ber Ausstattung und Gehalt, bei Nichtrufannahme mit dem Zweitplatzierten und so fort. Wie man sieht, hat die Abteilung hier nur wenig M?glichkeiten der Einflussnahme ? sie ist in der Regel vakant, verbleibende Mitarbeiter nehmen nicht an den Kommissionen teil und k?nnen sich selbst nicht bewerben. Entscheidungen werden ma?- geblich von Gremien gef?llt, in denen das zu besetzende Fachgebiet nicht vertreten ist; entsprechend holt man sich Rat bei externen Kommissionsmitgliedern und Gutachtern. Zwischen dem Vortrag und dem "Ruf" vergehen in der Regel drei bis sechs Monate, manchmal aber auch mehr Zeit, vor allem, wenn man den "Ruf" erst als Zweit- oder Drittplatzierter erh?lt und zuvor mehrere Monate lang verhandelt wurde. Die Personalabteilung kommt eigentlich erst ganz am Ende des Verfahrens ins Spiel. War der Ruf erfolgreich und nimmt der Bewerber die Professur an, wird die Personalabteilung aktiv, indem man sich um ?rztliche Untersuchungen, Umzugskostenbeihilfe, Einrichtung von Konten etc. k?mmert.

In Gro?britannien ist das Procedere ein v?llig anderes. Die Abteilung entscheidet zun?chst selbst, was man sich leisten kann oder wie man, zum Beispiel durch Einf?hrung eines neuen Studienganges, mehr studierende anziehen und dadurch gr??ere Einnahmen erzielen kann. Auf dieser Basis wird dann entschieden, welche Art von stelle man ausschreibt. H?ufig werden stellen dann zum Beispiel recht unspezifisch ausgeschrieben, so dass sich Personen mit unterschiedlicher Qualifikation bewerben k?nnen und man erst w?hrend des Bewerbungsverfahrens entscheidet, auf welchem Niveau welcher Bewerber eingestellt wird (also z. B. als Lecturer oder Professor). Die Personalabteilung ist von Beginn an dabei und hilft, die Ausschreibungstexte zu entwerfen und zu ver?ffentlichen, sie ?bernimmt die Korrespondenz mit den Bewerbern und so weiter. Nach Sichtung der schriftlichen Unterlagen werden die Kandidaten eingeladen, h?ufig mehrere an einem tag, mit denen man gemeinsam eine Institutsf?hrung macht, gemeinsam zu Mittag isst und die man vortragen l?sst und mit ihnen diskutiert. Von den dabei vielversprechenden Kandidaten holt man dann Referenzen ein. Au?erdem findet ein Vortrag vor einer Berufungskommission statt. Diese Kommission ist vor allem mit Mitgliedern der Abteilung besetzt, aber auch mit Vertretern der Universit?tsleitung. Auch hier sitzt immer ein Mitglied der Personalabteilung am tisch ? und stellt gegebenenfalls personalrechtlich relevante Fragen, die f?r die Entscheidungsfindung relevant sein k?nnen. Direkt nach dem Gespr?ch ber?t sich die Kommission und macht unmittelbar ? meist noch am gleichen tag ? ein Angebot, das der Bewerber dann innerhalb von 14 tagen annimmt.

Botschaft

Das Hochschulsystem in Deutschland ist hierarchisch strukturiert und strategisch stark auf Erhalt des Status Quo orientiert. Der Rekrutierungsprozess f?r F?hrungskr?fte ist deshalb sehr strukturiert, an klaren Regeln orientiert und der Prozess von der Ausschreibung bis zur Einstellung wird durchgef?hrt von Hochschulleitung, von Gremien und Kommissionen sowie externen Personen. Personalmanagement wird dabei erst ganz zum Schluss und auch nur rudiment?r ben?tigt. Britische Hochschulen sind demgegen?ber strategisch st?rker auf eine sich ver?ndernde Umwelt eingestellt ? dazu geh?ren auch avisierte Einnahmenverbesserungen. Sie agieren autonomer, der Personalrekrutierungsprozess ist flexibel und schnell, die Personalabteilung ist von Beginn an Partner der Fachabteilung im Verfahren. Externe und interne Bewerber werden gleichberechtigt ber?cksichtigt.

Man sieht hier: Erzwungene oder freiwillige Orientierung einer Organisation an ihrer Umwelt vergr??ert in der Regel intern die Bedeutung und Aufgabenvielfalt des Personalmanagements.