Gr?ndungserziehung mit dem Business Model Canvas

Gr?ndungserziehung mit dem Business Model Canvas - Zur Bedeutung von Gr?ndungsaktivit?ten in Deutschland

Chris Howland sagte einst: "Das schwerste an einer Idee ist nicht, sie zu haben sondern zu erkennen, ob sie gut ist". Gegenw?rtig werden in Deutschland jedoch viele Ideen f?r die Gr?ndung eines Unternehmens weder wahrgenommen noch umgesetzt. Angesichts dieses fehlenden Unternehmergeistes ist es nicht ?berraschend, dass Deutschland mit einer Quote von f?nf Prozent lediglich Rang 22 der 26 innovationsbasierten L?nder im Bereich der Unternehmensgr?ndungen belegt. Diesen wird aber eine zentrale Schl?sselrolle im Rahmen der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung zugesprochen, da sie die Wettbewerbsf?higkeit sowie Produktivit?t und Arbeitspl?tze sichern bzw. neu schaffen.

Verst?rkt wird die missliche Lage der geringen Gr?ndungsquote durch eine vergleichsweise h?here Anzahl an Unternehmensliquidationen und dem daraus resultierenden negativen Gr?ndungssaldo. Besonders betroffen sind dabei Neugr?ndungen. Bereits nach einem Jahr schlie?en zehn bis 15 Prozent, nach drei Jahren existieren nur noch rund 50 bis 70 Prozent der neu errichteten Unternehmen. Ursache ist jedoch oft nicht die Gesch?ftsidee selbst, sondern vielmehr, dass die Ideen nicht eingehendst gepr?ft werden. Ein Grund f?r das Scheitern von Unternehmen ist die mangelhafte Planung der Gesch?ftskonzeption.

Ein Grund f?r das Scheitern von Unternehmen ist die mangelhafte Planung der Gesch?ftskonzeption.

Das Business Modell Canvas erm?glicht eine sorgf?ltige und fundierte Erarbeitung der Gesch?ftsidee und kann einen Beitrag dazu leisten, der mangelnden Planung von Gesch?ftskonzepten entgegenzuwirken. Fachliche und professionelle Unterst?tzung bei der Erstellung eines Business Modell Canvas erhalten Gr?nderInnen insbesondere im Rahmen von Wettbewerben, die neben der Bewertung und systematischen F?rderung weitreichende Kontakte zur Verf?gung stellen und somit nochmals das Gr?ndungsrisiko verringern. Diese Wettbewerbe sind jedoch nicht nur f?r gegenw?rtige Gr?nderInnen, sondern auch f?r zuk?nftigen Nachwuchs im Rahmen einer Entrepreneurship Education zur F?rderung des Unternehmergeists und des unternehmerischen Denken und Handelns, relevant.

Im folgenden Beitrag wird das Business Modell Canvas als Instrument einer systematischen Beschreibung des Gesch?ftsmodells vorgestellt.

Die Konzeption des Business Model Canvas

Das Business Model Canvas ist ein Instrument des strategischen Managements zur Dokumentation und Weiterentwicklung von bestehenden und zur Generierung von neuen Gesch?ftsmodellen. Bestehende Gesch?fte werden analysiert, Vergleiche zu Konkurrenten erm?glicht und Optimierungspotenziale zur systematischen Modifizierung und Konzeption neuer Gesch?ftsideen ermittelt. Urspr?nglich gr?ndet das Canvas auf dem European Foundation for Quality Management-Modell, kurz EFQM, das der Beschreibung von Gesch?ftsmodellen dient und bereits seit 15 Jahren eine ganzheitliche Sicht auf Organisationen erm?glicht, indem es St?rken und Verbesserungspotenziale f?r die Optimierung des Gesch?ftserfolgs ermittelt.

Ein Gesch?ftsmodell beschreibt die Logik eines Unternehmens, indem es die Beziehungen der Elemente untereinander verdeutlicht und dokumentiert, wie ein Unternehmen zur Generierung eines wirtschaftlichen und anhaltenden Einkommens Werte schafft, anbietet und erfasst Folglich versucht das Business Model Canvas aufzuzeigen, wie und in welchen Bereichen mithilfe der Gr?ndungsidee finanzielle Mittel erzeugt werden k?nnen.

Inhaltlich umfasst das Canvas die vier zentralen Bereiche Kundschaft, Angebot, Infrastruktur sowie Finanzen, denen neun einzelne Bausteine zugeordnet werden k?nnen. Die Zielgruppe ist dabei das Kernst?ck des Canvas, in der die spezifische Kundschaft beschrieben wird. Das Wertangebot, das zur Befriedigung der Bed?rfnisse geschaffen und als Ursache f?r oder gegen einen Einkauf bei einem Unternehmen gilt, verdeutlicht schlie?lich den Kundennutzen, der qualitativ oder quantitativ sein kann. ?ber diverse Kan?le k?nnen Unternehmen die zuvor ermittelte Zielgruppe erreichen, um das Wertangebot zu vermitteln und somit eine Schnittstelle zwischen Kundschaft und Unternehmen, die Kundenbeziehung, schaffen. Aus jedem Kundensegment erzielt das Unternehmen mithilfe des Wertangebots Einnahmen. Neben der Bedienung des Marktes muss das Unternehmen das Wertangebot mithilfe der Schl?sselressourcen, der notwendigen Wirtschaftsg?ter und der Schl?sselaktivit?ten den wesentlichen Handlungen schaffen. Schl?sselressourcen und -aktivit?ten k?nnen im Unternehmen vorhanden sein oder von Schl?sselpartnerInnen ?bernommen werden. Bei der Ausf?hrung der Produktion fallen Kosten an.

Schlie?lich agiert das Business Model Canvas inhaltlich, aufgrund der Position der Kundschaft in der Mitte des Gesch?ftsmodells, der entsprechenden Konzentration auf Kundenprobleme und dem kontinuierlichen Einnehmen der Kundenperspektive, vorrangig markt- und kundenorientiert. Gleichzeitig verdeutlicht das Canvas anhand einer ganzheitlichen Perspektive die Interdependenzen der einzelnen Bereiche, vernachl?ssigt jedoch angesichts ihrer Einfachheit insbesondere im Bereich der Kosten und Einnahmen zentrale Kennzahlen, wie den Cash Flow, und bedingt somit eine potenzielle Oberfl?chlichkeit im Rahmen der Finanzen.

Konzeptionell gr?ndet das Business Model Canvas auf einer agilen Arbeitsweise, die laterales Denken erfordert. In Bezug auf die Gesch?ftsidee m?ssen zur Erstellung des Business Model Canvas verschiedene Denk- und Wahrnehmungsperspektiven eingenommen werden. Im Gegensatz zum linearen Denken, das kontinuierlich Schritt f?r Schritt zum Beispiel bei der Erstellung des Businessplans verl?uft, werden bei der nichtlinearen lateralen Vorgehensweise vorliegende Informationen subjektiv bewertet und selektiv verwendet. Das Business Model Canvas l?sst gedankliche Spr?nge und Assoziationen zu, Rahmenbedingungen sind im Zeitverlauf ver?nderbar, konventionelle Denkmuster werden in Frage gestellt, so dass auch nach einer unwahrscheinlichen L?sung f?r ein Problem gesucht werden kann. Dadurch kann die Gesch?ftsidee kontinuierlich, schnell und flexibel in Hinblick auf potenzielle Ver?nderungen der Unternehmen weiterentwickelt und auf Erfolg gepr?ft werden. Die kurzen Bearbeitungszyklen und kontinuierlichen ?berpr?fungen in Hinblick auf den gegenw?rtigen Markt zeigen das Misslingen einer Idee schnell auf und verhindern bereits vor der kostenintensiven Einf?hrung des Produktes ein Scheitern.

Ausschlaggebend f?r einen Einsatz des Business Model Canvas gegen?ber dem konventionellen Businessplan ist die optimale Passung an moderne Rahmenbedingungen. Demgegen?ber kann das Business Model Canvas, obgleich des konzeptionellen Potenzials, den traditionellen Businessplan nicht ersetzen. So ergibt sich kein entsprechend im Canvas ausgewiesener Baustein f?r die Zusammenfassung, Unterlagen und die Risikoanalyse des Businessplans. Diese ausf?hrliche Dokumentation der Finanzen ist allerdings f?r die detaillierte Planung und die ?berzeugung potenzieller Kapitalgeber fundamental. Dem ungeachtet kann die umfassende Ausarbeitung der Gr?ndungsidee im Canvas aber eine bedeutende Grundlage f?r die Erarbeitung des nachfolgenden Businessplans sein.

Einsatz in der Gr?ndungserziehung: Handlungsorientierung und erfahrungsbasiertes Lernen mit Hilfe des Business Modell Canvas

Das Business Model Canvas fundiert, aufgrund ihrer einfachen, intuitiv verst?ndlichen, praxisorientierten, dynamischen und iterativen Vorgehensweise auf dem experimentellen, erfahrungsbasierten und handlungsorientierten Lernen.

Der in der Entrepreneurship Education-Forschung geforderte handlungsorientierte Unterricht zur F?rderung der Selbst?ndigkeit ist ein "ganzheitlicher und sch?leraktiver Unterricht, in dem [...] das Handlungsprodukt [die Business Model Canvas], [...] den Unterrichtsprozess leitet und ?ber die vollst?ndige Ausf?hrung der Handlung [durch die spezifische ganzheitliche Vorgehensweise der Canvas] entsteht".

Dementsprechend wechseln die Sch?lerInnen zwischen der konkreten Handlung und Reflexion, die insbesondere in der Phase der Ausf?hrung der Handlung durch Erfahrungen angereichert wird.

Aufbauend auf den sinnlich-ganzheitlichen Erlebnissen in der Erstellung des Canvas werden die Inhalte im Rahmen konkreter lebenspraktischer Interaktionen ?ber Kommunikation, Visualisierung, Ausprobieren und Experimentieren erleb- und erfahrbar gemacht, sodass sich das Business Model Canvas unmittelbar auf die gestiegenen Anforderungen der modernen Wirtschaft bezieht.

Eingebettet in den Prozess der vollst?ndigen Handlungsorientierung (vgl. Abb. 3) werden mit der Erstellung des Business Model Canvas die Phasen wie folgt durchlaufen.

Insgesamt werden ausgehend von den visualisierten Hypothesen durch aktives Experimentieren, Ausprobieren und Erforschen wichtige Erfahrungen und Erkenntnisse f?r die Gesch?ftsidee erlebbar gemacht, abgeleitet, evaluiert und ?ber Korrektur bzw. Neugestaltung durch Verschieben, Ersetzen oder Hinzuf?gen erfolgsversprechend modifiziert, bis kein neuer Zyklus mehr notwendig ist. Folglich ist das Canvas nicht nur eine Leinwand zur vereinfachten Darstellung von Ideen und komplexen Zusammenh?ngen, sondern auch eine gemeinsame Kommunikationsplattform und Arbeitszentrale durch das spielerische Hinzuf?gen, Ab?ndern oder Entfernen der Haftzettel.

Das Business Modell Canvas kann weiterf?hrend im Rahmen der Sch?lerfirmenarbeit umgesetzt werden. Gleichzeitig ist eine Einbettung in einen Gr?ndungs-Wettbewerb m?glich. In der Berufsorientierung kann das modifizierte Canvas "Business Model You" von Tim Clark eingesetzt werden, um eigene St?rken und Schw?chen und daraus resultierende Berufsalternativen zu identifizieren. Allerdings eignet sich diese Konzeption aufgrund des hohen Abstraktionsgrades ausschlie?lich f?r die Oberstufe.

Kompetenzf?rderung mit Hilfe des Business Modell Canvas

Angesichts der eingangs beschriebenen F?rderung der Handlungsorientierung und dem erfahrungsbasierten Lernen gelingt es dem Business Model Canvas, ganzheitlich auf der fachlichen, visuellen, handelnden, emotionalen, sozialen und kognitiven Kompetenzebene zu arbeiten.

Die betriebswirtschaftliche Fachkompetenz kommt aufgrund der vereinfachten Darstellung des Canvas in einem geringen Detaillierungsgrad zur Anwendung. Sie wird jedoch durch das Aufzeigen von Zusammenh?ngen innerhalb der Bausteine logisch erfassbar. Die Sch?lerInnen erwerben betriebswirtschaftliche Fachkompetenzen wie das Entwerfen einer Gesch?ftsidee auf Grundlage einer ?konomischen Handlungssituation, die Begr?ndung der Entscheidungen zur Wahl der Inhalte, die Erkl?rung der Abh?ngigkeiten der einzelnen Bausteine im Rahmen von ?konomischen Sinnzusammenh?ngen und das Verstehen der Rahmenbedingungen der Wirtschaft zur Mitgestaltung dieser durch die Gesch?ftsidee.

Daneben werden mit dem Business Model Canvas Methoden-, Sozial-, und Pers?nlichkeitskompetenzen trainiert. Das Entwickeln einer Gesch?ftsidee mit Hilfe des Canvas f?rdert die Risikobereitschaft, indem Annahmen getroffen werden m?ssen. Die Entscheidungsf?higkeit wird durch die bedingte Wahl von Alternativen trainiert, mit Hilfe des Pr?fens der Ideen wird die Probleml?sef?higkeit gef?rdert. Die Arbeit im Team sowie die Kommunikation untereinander bewirkt Kooperationsf?higkeit, Durchsetzungsverm?gen und Konfliktf?higkeit, die sich vor allem in den Diskussions- und Entscheidungsphasen offenbaren. Durch die selbst?ndige Organisation und Koordination der Arbeit, der Aufgabenstellung und der Methodik werden nicht nur das Verantwortungsbewusstsein der Sch?lerInnen, sondern auch zahlreiche Qualit?ten von UnternehmerInnen, wie Eigeninitiative, Kreativit?t und Innovationsf?higkeit, Probleml?se- und Entscheidungsf?higkeit sowie Risikobewusstsein, gest?rkt.

Demgem?? bietet das Business Model Canvas als Grundlage zum traditionellen Businessplan eine aktive, erlebbare und handlungsorientierte M?glichkeit zur F?rderung zentraler Schl?sselkompetenzen, wirtschaftswissenschaftlicher Kenntnisse und Zusammenh?nge sowie Einstellungen zum unternehmerischen Denken und Handeln, sodass Sch?lerInnen nicht nur f?r die Thematik des Unternehmertums sensibilisiert, sondern auch mit dem notwendigen Unternehmergeist ausgestattet werden k?nnen.

1. Informieren

In der Informationsphase wird das sogenannte Handlungsprodukt, das Business Model Canvas, in ihrem Aufbau und der Funktionsweise (anhand eines anschaulichen aktuellen Beispiels) erkl?rt. Es dient als Grundlage f?r die nachfolgenden selbst?ndig zu erarbeitenden Phasen.

2. Planen

In der Planungsphase beginnen die Sch?lerInnen innerhalb einer heterogen zusammengesetzten Gruppe mit der Entdeckung einer innovativen und einzigartigen Gesch?ftsidee. Anreiz f?r die Ideenbildung k?nnen Trends der modernen Gesellschaft und daraus resultierende potenzielle Probleme sein. Erg?nzt wird die Planungsphase durch die Bestimmung und Beschreibung des potenziellen Kundensegmentes f?r die ermittelten Gesch?ftsideen. Hintergrund ist die starke Markt- und Kundenorientierung des Business Model Canvas, deren Leitprinzip das Einnehmen der Kundenperspektive ist.

3. Entscheiden

Aus den in der Planungsphase entstandenen und bereits vorselektierten Ideen wird in der Entscheidungsphase eine Auswahl f?r eine konkrete Idee getroffen, die im Folgenden mit Hilfe des Business Model Canvas abgebildet wird.

4. Ausf?hren

Das Business Model Canvas wird anhand der getroffenen Entscheidung ausgearbeitet. Dazu erhalten die Sch?lerInnen das Canvas im A0-Format und erarbeiten sich die einzelnen Bereiche beginnend beim Wertangebot durch die gegebenen Fragen und Anregungen. Ausl?ser f?r Ideen bzgl. des Gesch?ftsmodells sind Beobachtungen und Erfahrungen der Sch?lerInnenwelt innerhalb und au?erhalb der Unternehmensrealit?t.

5. Kontrollieren

In der Kontrollphase wird das Canvas im Klassenplenum vorgestellt und anhand von explorativen Diskussionen im Plenum durch Anregungen, R?ckmeldungen und Irritationen von Mitsch?lerInnen zum Beispiel durch Post-Its auf das Canvas visualisiert.

6. Auswerten

In der letzten Phase wird reflektiert, ob die Gesch?ftsidee zum Erfolg f?hren kann. Es wird gepr?ft, ob es in den einzelnen Phasen Optimierungsbedarf gibt und das Business Modell Canvas ggf. ?berarbeitet werden muss. Hinsichtlich des Lernerfolges sollte gepr?ft werden, was die Sch?lerInnen gelernt haben und ob eine Verhaltens?nderung aufgetreten ist.