Praxisbeispiel

Sie sollten das Denken in ?M?nner-Frauen-Schubladen? einfach mal ?ber Bord werfen

Das Zimmererhandwerk ist eine M?nnerdom?ne mit einer ganz eigenen Sprache. Das hat Heike Wierer gleich am ersten Tag ihrer Ausbildung bemerkt. Sie erlernte den Beruf des Zimmerers in einem kleinen Unternehmen, in dem sie im gewerblichen Bereich die einzige Frau war. Ihr gro?es Interesse am Handwerk hat sie w?hrend eines Ferienjobs in einem Unternehmen f?r Maschinenbau entdeckt und beschlossen, nach dem Abitur ein Handwerk zu erlernen.

Freunde und Familie waren zwar sehr erstaunt, als sich Frau Wierer f?r einen Bauberuf entschieden hat, haben sie aber auch unterst?tzt. Sogar die Oma, der eine Frau am Bau nicht ganz geheuer schien, ist heute sehr stolz auf ihre Enkelin. Schlie?lich war der Opa fr?her auch auf dem Bau ? als Maurer.

F?r die Ausbildung zur Zimmerin hat sich Frau Wierer vor allem wegen des Facettenreichtums des Berufs entschieden. Dabei geht es nicht nur um das handwerkliche K?nnen, sondern um viele weitere Aspekte rund um das Bauen, f?r die sich die junge Frau ebenfalls interessiert, wie die Bauphysik oder die Kreativit?t, die dieser Beruf erfordert. Vom Werkstoff Holz ist sie besonders begeistert: ?Holz bringt viele ?kologische Aspekte mit sich, nicht nur weil es ein nachwachsender Rohstoff ist. Auch die Fertigholzbauweise und die Energieeinsparpotentiale, die im Holzbau m?glich sind, sind entscheidende Aspekte f?r die Zukunft des Bauens.? Dieser ganzheitliche Ansatz wurde ihr schon in ihrem Ausbildungsbetrieb, der Hennig Haus GmbH & Co. KG, vermittelt, wo man sich auf Fertigh?user spezialisiert hat.

Andere Argumente, warum sie sich so f?r den Beruf begeistert, sind, dass sie durch die Montage-T?tigkeit viel unterwegs ist und rumkommt. Und wenn sie auf einem Dachstuhl steht, beschleicht sie oft ein erhabenes Gef?hl.

Bereits in der Ausbildung hat sie gelernt, dass das Zimmererhandwerk f?r Frauen eine Herausforderung darstellt, weil es eine M?nnerdom?ne ist. Trotzdem war sie nie absch?tzenden Spr?chen ihrer Kollegen ausgesetzt. Einige wollten sich besonders um sie k?mmern, andere haben sie auch schon mal auf die Probe gestellt. Aber so konnte sie sich den notwendigen Respekt schnell erarbeiten. Eine besondere Anerkennung erhielt sie zum Abschluss der Ausbildung, als sie im Berufswettkampf unterfr?nkische Kammersiegerin wurde und auf Landesebene den dritten Platz belegte.

Heute studiert Frau Wierer Architektur in M?nster und wei? die Kenntnisse und F?higkeiten, die sie durch ihre Ausbildung zur Zimmerin erhalten hat, besonders zu sch?tzen. Neben dem Studium ?bt sie ihren Beruf immer noch gerne aus. Allerdings war es f?r sie nicht einfach, eine Zimmerei zu finden, die eine Frau besch?ftigen wollte. Oft hatte sie Argumente geh?rt wie: ?Wir trauen Ihnen das nicht zu.? ? ?Das ist nichts f?r M?dchen.? ? ?Wir sind zu klein, wir k?nnen keine zweite Toilette auf der Baustelle aufstellen.? Jetzt hat sie einen Betrieb gefunden, in dem sie ihr Wissen sogar noch erweitern kann, da der Schwerpunkt der Arbeiten in der Sanierung beziehungsweise Restaurierung liegt.

Heike Wierer kennt fast alle Vorurteile, die die M?dchen abschrecken, die sich f?r eine Ausbildung auf dem Bau interessieren. Aber sie findet es viel bedauerlicher, dass in der Berufsberatung von M?dchen das Bauhandwerk so kurz kommt: ?Wenn man keine konkreten Vorstellungen hat, was man lernen m?chte, kommt von allein keiner auf die Idee, dass das Handwerk auch was f?r junge Frauen sein k?nnte. Es fehlt eindeutig an Beratung.?

Heike Wierer ist sich sicher, dass irgendwann die Handwerksberufe nicht mehr so ?m?nnerlastig? sein werden und sie w?nscht sich, dass sich in den K?pfen etwas ?ndern w?rde: ?Auf der einen Seite sollten Entscheider offener sein, Klischees und das Denken in ?M?nner-Frauen-Schubladen? ?ber Bord werfen und einfach einer Frau eine Chance geben. Auf der anderen Seite sollten sich die M?dchen selbst mehr zutrauen und sich nicht einsch?chtern lassen.? Der Tipp von Frau Wierer an die jungen Frauen ist, auch mal etwas frecher zu sein und sich vom direkten Umgangston auf den Baustellen nicht abschrecken oder einsch?chtern zu lassen.

Die folgenden Ma?nahmen k?nnten Ihre Chancen erh?hen, M?dchen f?r eine Bauausbildung zu interessieren:

  • Der Girls? Day bietet M?dchen eine ideale Gelegenheit, in Bauberufe reinzuschnuppern und mehr ?ber ihre beruflichen Entwicklungsm?glichkeiten zu erfahren.
  • Schaffen Sie weibliche Vorbilder, die authentisch von ihren Erfahrungen im Bauberuf berichten und ihre Begeisterung weitergeben k?nnen.
  • Entwickeln Sie ein Rekrutierungskonzept zur gezielten Ansprache und Bewerbung von M?dchen, beispielsweise auf der eigenen Karriereseite oder -rubrik (mehr zur Karriereseite auf Seite 58: ?Die Azubi-Karrierewebsite: kein Hexenwerk?).
  • Bieten Sie zus?tzlich Schnuppertage beziehungsweise Praktika speziell f?r M?dchen an. Zeigen Sie, wie spannend Bauberufe sein k?nnen.
  • Wie w?re es mit einem BauCamp f?r M?dchen? Eine gute M?glichkeit f?r M?dchen, selbst mit anzupacken und so diverse Bauberufe, die Ausbildungen und Karrierechancen kennenzulernen.
  • Zeigen Sie, wie attraktiv Bau sein kann und beteiligen Sie sich an regionalen Ausbildungsmessen mit Events wie einer Modenschau ?Bau ?modisch und funktional ? Azubis als Models?.

Mehr Informationen, gute Beispiele und konkrete Handlungsempfehlungen, wie die Potentiale von Frauen besser f?r die Bauwirtschaft genutzt werden k?nnen, und welche Vorteile die Besch?ftigung von Frauen birgt, k?nnen Sie auch auf der Website des Projekts ?Frauen in der Bauwirtschaft ? Potentiale besser erschlie?en? nachlesen: www.frauenambau.de.

Das folgende Bespiel zeigt Ihnen, dass es sich lohnt, wenn man sich auf unbekanntes Terrain begibt.