Die Ressource Personal strategisch (vor-)steuern: Warum der Zeitfaktor so wichtig ist

Es ist der Zeitfaktor, der die strategische Ausrichtung der Personalarbeit erfordert: Diese erm?glicht es, im Heute Entscheidungen ?ber die zuk?nftige (kurzmittel- und langfristige) Quantit?t und Qualit?t des Personalbestandes zu treffen, um die erforderliche Zeit f?r deren Realisierung zur Verf?gung zu haben und zu nutzen.

Dazu muss niemand in die Glaskugel schauen und Prognosen wagen. F?r eine Personalplanung gen?gen bereits die aktuellen Daten und Fakten zum Personalbestand und zur Wettbewerbsposition des Unternehmens sowie die strategischen Ziele des Unternehmens. Worauf es ankommt, ist die Auswertung und Interpretation dieser Grundlagen mit System, und zwar in einem Managementprozess unter Beteiligung der Personalabteilung.14

Das folgende strategische Steuerungssystem der Personalarbeit (Abbildung 8) haben wir in Anlehnung an G?lweiler und, darauf basierend, Malik15 entwickelt. Es koppelt die Aufgabenbereiche der Personalarbeit (siehe z. B. Abbildung 6) auf verschiedenen Ebenen mit der Unternehmensentwicklung und der Unternehmensstrategie. In diesem Kontext wird die (einfache) Personalplanung zur strategischen,16 indem die Kernkompetenzen und Schl?sselpositionen des Unternehmens prominent in die Personalplanung einflie?en. Damit wird auch ? nachvollziehbar ? die Unterscheidung von operativer und strategischer Personalarbeit begr?ndet.

Nur eine Minderheit mittelst?ndischer Unternehmen steuern die Ressource Personal bewusst strategisch17. Es fehlt meist die Zeit und eine effektive Systematik.

14 Vgl. Gro?heim, Hoffmann (2014).
15 Es folgt der gleichen Steuerungslogik wie deren strategisches Navigationssystem. Vgl. G?lweiler (2005); Malik (2011).
16 In der Praxis wie auch in der Fachliteratur wird strategische Personalplanung oft verwechselt mit strategischer Aufstellung der Personalabteilung, mit Personalstrategie, mit langfristiger Personalplanung u. a. Strategische Personalplanung, wie wir sie verstehen, bezeichnet allein die strategische Ausrichtung der Ressource Personal, nicht die funktionale Strategie des Personalbereichs.
17 Bundesministerium f?r Arbeitsund Sozialordnung (2013)

Was bedeuten die Begriffe strategische Steuerung und Vorsteuerung der Ressource Personal?

  • Die Ressource Personal steht den aktuellen Gesch?ften eines Unternehmens nicht jederzeit in der jeweils ben?tigten Form zur Verf?gung. Aus diesem trivialen Tatbestand resultiert, dass Personal und Personalbestand ? unter Beachtung jeweils sehr spezifischer, nicht beliebig zu verk?rzender Zeitabst?nde ? vorgesteuert werden muss.
  • Systematisch und logisch k?nnen vier Steuerungsebenen in der Personalarbeit unterschieden werden (aufsteigend):
    (1) Personalwirtschaftliche Sicherung des laufenden Gesch?fts
    (2) Personalbestand des Unternehmens
    (3) Passungsverh?ltnis zwischen Kernkompetenzen des Unternehmens mit den Schl?sselpositionen und ihren Besetzungen
    (4) das wettbewerbs- und strategierelevante Wissen (Know-that und Know-how) als oberste Ebene
  • Jede Ebene wird durch die entsprechende Steuerungsgr??e bezeichnet, und jede steuert die jeweils tieferliegende vor: Keine kann erfolgreich allein aus sich selbst heraus gesteuert werden.
  • Letztendlicher und ausschlie?licher Zweck der Kaskade ist die personalwirtschaftliche Sicherung des laufenden Gesch?fts.
  • Jede der Steuerungsebenen bezieht ihre Orientierung aus einer eigenen und besonderen Orientierungsgrundlage des Unternehmens und seiner Marktposition, im Wesentlichen (von oben nach unten) aus
    ? den Kundenproblemen,
    ? der Wettbewerbsposition,
    ? der Strategie und Jahresplanung des Unternehmens sowie
    ? aus den Personalzug?ngen und -abg?ngen.
  • Zukunftsprojektionen, -prognosen oder -szenarien sind ? entgegen weitverbreiteter Meinungen ? f?r die Vorsteuerung der Ressource Personal weder m?glich noch erforderlich. Es geht ausschlie?lich um Gegenwartsentscheidungen, die f?r eine immer ungewiss bleibende Zukunft getroffen werden m?ssen, orientiert an einer funktionalen Planungslogik und fokussierten Umweltbeobachtung.

Steuerungsebene ?personalwirtschaftliche Sicherung des laufenden Gesch?fts? (Abbildung 8)

Die Sicherung des laufenden Gesch?fts st??t immer wieder an personalwirtschaftliche Grenzen:

  • Der Arbeitsmarkt gibt die ben?tigten Mitarbeiter nicht her.
  • Anspruchsvolle Aufgaben haben lange Einarbeitungszeiten.
  • F?r neu entstehende Aufgaben hat man gerade niemanden.
  • Das Entgeltmodell begrenzt die Auswahlm?glichkeiten.
  • Unvorhersehbare K?ndigungen
  • .....

Zweierlei ist notwendig, um das Personal f?r das laufende Gesch?ft erfolgreich zu steuern, also die entsprechenden Anforderungen des Managements zu erf?llen: zeitliche Vorl?ufe sowie eine aussagef?hige Orientierungsgrundlage, n?mlich die genaue Beobachtung der Personalab- und -zug?nge sowie der Fluktuationen und Fehlzeiten.

Die bedeutsame Frage ist: Entstehen L?cken durch K?ndigungen, altersbedingte Abg?nge oder durch ?berraschende Auftragszuw?chse, die kurzfristig geschlossen werden m?ssen?

Das Handlungsrepertoire der Personalarbeit auf dieser Steuerungsebene ist begrenzt. Es taugt lediglich dazu, das gerade ben?tigte Personal jeweils ad hoc zu beschaffen, und es ist nicht immer m?glich, ausscheidende Mitarbeiter ?Knall auf Fall? zu ersetzen, schon gar nicht wichtige.

Allgemein ausgedr?ckt: Ohne Vorsteuerung der operativen Personalbeschaffung, des operativen Personaleinsatzes, der Qualifizierung und Trennung sind Grenzen schnell erreicht und eine weitere Steuerungsebene der Personalarbeit wird notwendig: die Steuerung des Personalbestandes auf der Grundlage einer Unternehmens- und Personalplanung.

Steuerungsebene ?Personalbestand? (Abbildung 8)

Der Personalbestand steuert die Ebene der personalwirtschaftlichen Sicherung des laufenden Gesch?fts vor. Ben?tigt wird die detaillierte Kenntnis des Personalbestandes, nicht nur des gegenw?rtigen, sondern auch seiner absehbaren zuk?nftigen Entwicklungen. Dazu braucht es im Wesentlichen gut begr?ndete Hypothesen, sinnvollerweise auch mit Hilfe von Simulationen. Die Orientierungsgrundlage f?r die Steuerung des Personalbestandes liefern die Unternehmens(jahres)planung sowie eine analysen- und datenbasierte Personalplanung inkl. Altersstrukturanalyse.

Die Personalplanung arbeitet mit Berechnungen bzw. erfahrungsgest?tzten Annahmen ?ber zuk?nftige altersbedingte Entwicklungen, ?ber zuk?nftige Ausbildungsund ?bernahmequoten, ?ber Fluktuationen, ?ber Fehlzeiten, ?ber Entwicklungen einzelner Jobfamilien etc.

Auf dieser Grundlage erweitert die Personalplanung18 den Handlungsspielraum der operativen Personalarbeit, z. B. k?nnen Personalzu- und -abg?nge gr?ndlicher vorbereitet und durchgef?hrt werden.

18 Eine Personalplanung ist nicht per se strategisch, wie mitunter angenommen wird. Denn ihre Funktion besteht zun?chst nur darin, die operative Personalarbeit durch kontinuierliche Beobachtung der Personalbestandsentwicklung zu unterst?tzen und durch rechtzeitige Ausgleichsma?nahmen gr??ere Sch?den zu vermeiden. Um zur strategischen Personalplanung zu werden, m?ssen Erfordernisse der Wettbewerbspositionierung des Unternehmens hinzukommen.

Unternehmensbeispiel

Wie einfach strategische Personalplanung sein kann, zeigt dieses Beispiel:

Ein moderat wachsendes Unternehmen der Verpackungsbranche ist in der Lage, sehr schnell auf spezielle Kundenw?nsche zu reagieren ? dank der Herstellung eigener Stanzwerkzeuge. Die regelm??ige Personalbestandsbeobachtung im Gespr?ch zwischen Personalleiter und Gesch?ftsf?hrung zeigt fr?hzeitig, dass im Werkzeugbau in zwei Jahren in kurzen Abst?nden drei Mitarbeiter ausscheiden werden. Angesichts der wettbewerbsrelevanten Bedeutung dieser Stellen (Schl?sselpositionen) reagiert man fr?hzeitig: Die Gesch?ftsf?hrung wirbt noch im selben Jahr einen erfahrenen Werkzeugmacher von einem Stanzwerkzeugehersteller ab und sorgt au?erdem daf?r, dass zwei junge Mitarbeiter zu Nachfolgern der absehbar ausscheidenden Schl?sselkr?fte aufgebaut werden. Zusammen mit dem Leiter des Werkzeugbaus hat der (technisch vorgebildete) Personalleiter einen systematischen Einarbeitungsplan f?r alle drei Mitarbeiter entwickelt.

Die Gesch?ftsf?hrung ?berwacht den Einarbeitungsprozess selbst.

Steuerungsebene ?Kernkompetenzen? (Abbildung 8)

Auch die noch so pr?zise Kenntnis des Personalbestandes und die beste und umfassendste Personalplanung geben keinerlei Hinweis darauf, welche Kompetenzen (F?higkeiten, Fertigkeiten und K?nnen) auf welchen Stellen im Unternehmen vorhanden sein m?ssen.

Gemeint sind hier nicht die Standardqualifikationen, die zur professionellen Ausf?hrung einer typischen Funktion oder Bereichsaufgabe erwartet werden und in den meisten Industrieunternehmen mehr oder weniger die gleichen sind. Sondern solche, die das Gef?ge eines speziellen Wissens und K?nnens in einer Organisation bilden, das zur Erzeugung ihrer wettbewerbsentscheidenden Leistungen notwendig ist. Das sind die Kernkompetenzen eines Unternehmens.

Kompetenzen werden also nur dadurch zu Kernkompetenzen, dass sie dem Unternehmen Wettbewerbsvorteile verschaffen, sonst w?ren es keine.

Die Orientierungsgrundlage beim Handhaben der Steuerungsebene Kernkompetenz ist der besondere Kundennutzen, den eine Kernkompetenz erm?glicht ? und insofern ihre Passung zu dem Wettbewerbsvorteil des Unternehmens.

Aus Vorstehendem resultiert, dass Aufbau und die Pflege von Kernkompetenzen Zeit kostet, (nur) das sch?tzt sie vor schneller Imitation und erm?glicht es, die Wettbewerbsvorteile eines Unternehmens zu verteidigen.

Unternehmensbeispiel

Auch ein Unternehmen, das sich mit einem sehr einfachen Massenprodukt in einem ges?ttigten Markt behauptet, dessen Mitarbeiter ihren Job bereits nach einer kurzen Anlernphase ausreichend beherrschen und leicht auswechselbar sind, kann ?ber eine nur schwer imitierbare Kernkompetenz verf?gen. Denn es hat offensichtlich einen Wettbewerbsvorteil, mit dem es am Markt besteht:

Das Unternehmen mit ca. 80 Mitarbeitern behauptet sich mit einem Massenprodukt als Automobilzulieferer. Die Umsatzrendite betr?gt sechs Prozent, ein in dieser Branche sehr guter Wert. Wie ist das m?glich?

In diesem Unternehmen dreht sich alles um Produktivit?t. Es werden nur einfache, robuste Maschinen eingekauft und umgebaut. Mit einem ausget?ftelten Instandhaltungssystem erreicht man Maschinenlaufzeiten um die 90 Prozent. Alte abgeschriebene Anlagen nutzt das Unternehmen f?r Sonderauftr?ge, um R?stzeiten zu vermeiden. Die Auftragsabwicklung ist als Prozess nach den Prinzipien moderner Produktionssysteme gestaltet. Kurze Durchlaufzeiten und geringe Best?nde sind die Folge. Die Lieferanten sind in den Prozess eingebunden. Produktion und Einkauf haben diese ?ber Jahre hinweg zu leistungsf?higen kooperativen Gesch?ftspartnern entwickelt. Mittels einer intakten Zeitwirtschaft kennt das Unternehmen t?glich seine Produktivit?t. Rationalisierungseffekte erfasst man sofort durch neue Zeitaufnahmen.

Technische F?higkeiten (Ankauf und Umbau der Maschinen), organisatorisches Geschick (Produktionssystem, Prozessgestaltung) und Einkaufsmanagement sowie Unabh?ngigkeit von qualifizierten (schwer zu beschaffenden und teuren) Fachkr?ften in der Produktion bilden im Zusammenwirken miteinander das ?Gesamtkunstwerk? der Kernkompetenz des Unternehmens in einem Preismarkt.

Das Beispiel zeigt auch, dass eine Kernkompetenz nicht reduzierbar ist auf personale Eigenschaften und dass eine Kernkompetenz eine Mischung darstellt aus personenbezogenen und organisatorischen Elementen.

Und wer macht die Personalarbeit in diesem Unternehmen? Die Personalverwaltung wird in der Buchhaltung erledigt. Der Produktionsleiter k?mmert sich in jeder Hinsicht um ?sein? Personal. Er wei?, worauf es ankommt. Bei der Personalbeschaffung hilft ein externer Personalberater.

Es geht also auch ohne Personalstelle.

Eine der wichtigsten und dennoch in mittelst?ndischen Unternehmen kaum bekannten Aufgaben der Personalfunktion besteht darin, das Management zu veranlassen, mit ihr gemeinsam die Kernkompetenzen des Unternehmens zu bestimmen und die Stellen/Positionen zu benennen, wo diese pr?sent sein m?ssen. Nur dann ist die gezielte Pflege/Erweiterung der Kernkompetenz(en) m?glich, da diese die geb?hrende Aufmerksamkeit erhalten.

Um auf Dauer die Wettbewerbsst?rke eines Unternehmens zu halten, m?ssen seine Kernkompetenzen au?erdem reproduzierbar sein. Sie d?rfen ? z. B. durch das Ausscheiden von Personen ? nicht gef?hrdet werden. Die Herausforderung f?r das (PersonalManagement in Bezug auf die Kernkompetenzen des Unternehmens lautet also, beides zu gew?hrleisten: maximalen Schutz vor Imitation bei gleichzeitig gew?hrleisteter Reproduzierbarkeit ? kein leichtes Unterfangen.

Erg?nzt um die Orientierungsgrundlage der Kernkompetenz(en) und um die Steuerungsgr??e ihres Passungsverh?ltnisses zu den Schl?sselpositionen/-kr?ften wird die Personalplanung zur strategischen Personalplanung.

Steuerungsebene ?Wissen? (Abbildung 8)

Die Kernkompetenzen bed?rfen von Zeit zu Zeit einer ?berpr?fung (und ggf. Anpassung). Pr?fkriterium ist der USP19 des Unternehmens in Verbindung mit den ma?geblichen kaufentscheidenden Faktoren der Kunden20. Dieses Monitoring ist eine der wichtigsten Aufgaben der Personalfunktion ? wer, au?er ihr, k?nnte es leisten?

Pr?ffragen
Monitoring der G?ltigkeit der Kernkompetenzen und ihres Passungsverh?ltnisses
(dritte Steuerungsebene der Personalarbeit):

  • Gibt es Ver?nderungen in den strategischen Schl?sselgr??en ?Marktpositionierung? und ?Innovationsleistungen?, die Auswirkungen auf unsere Kernkompetenz(en) haben k?nnten?
  • Ist unser Zeitvorsprung noch ausreichend gro?, um unsere Wettbewerbsvorteile abzusichern?
  • Welche Schl?sselstellen, Schl?sselpersonen, Prozesse, Managementkompetenzen sind evtl. anzupassen?

All das reicht aus, solange die strategische Positionierung des Unternehmens unver?ndert bleibt.

Wenn allerdings neue Kundenprobleme, neue Marktanforderungen, die Einrichtung neuer Gesch?ftsfelder zu Korrekturen oder Neuausrichtungen der Unternehmensstrategie f?hren, m?ssen auch die Kernkompetenzen auf ihre Tragf?higkeit f?r die ver?nderten strategischen Ziele hinterfragt werden: Welches neue Wissen wird f?r deren Umsetzung ben?tigt?

Pr?ffragen
Strategische Neuausrichtung des Unternehmens hinsichtlich neuen ben?tigten Wissens (
vierte Steuerungsebene der Personalarbeit):

  • Welches f?r das Unternehmen neue technische, organisatorische, Management-, kulturelle, methodische etc. Wissen wird k?nftig ben?tigt?
  • Welche Kombinationen der neuen Wissensbestandteile werden f?r das Unternehmen bedeutsam?
  • Welche Kombinationen mit den bestehenden Kernkompetenzen werden gebraucht?
  • Woher ist das neue Wissen zu beziehen?
  • K?nnen die Schl?sselpositionen so bleiben, wie sie sind? ? Auch die Schl?sselkr?fte?
  • Welche ?alten? Kernkompetenzen werden hinf?llig?

Die Beantwortung dieser Fragen erfordert wiederum den Wechsel zu einer h?heren Steuerungsebene der Personalarbeit. Auf dieser vierten Steuerungsebene des relevanten Unternehmenswissens entscheidet sich, welche Impulse f?r den Um- oder Neuaufbau der Kernkompetenzen zu geben sind. M?glicherweise ist die Zusammenarbeit mit einer Hochschule oder mit anderen Forschungseinrichtungen geboten.

Die Steuerungsgr??e ?Wissen? bezeichnet insofern den Rahmen f?r die Entwicklung des personellen Erfolgspotenzials.

19 USP k?rzt ?Unique Selling Proposition? oder ?Unique Selling Point? ab. Damit wird das herausragende Leistungsmerkmal eines Unternehmens bezeichnet, das auf seinen Kernkompetenzen basiert und mit dem es sich vom Wettbewerb abhebt.
20 Kaufentscheidende Faktoren erh?lt man als Antworten auf die einfache Frage: ?Wof?r bezahlt unser Kunde unsere Rechnung??

Begriffe
Welches Wissen ist f?r die Vorsteuerung der Kernkompetenzen und damit f?r die Strategieumsetzung notwendig?

Know-that
Wissen-was bezeichnet das Sachwissen, also produkt- und verfahrenstechnische, organisatorische, betriebswirtschaftliche etc. Wissensbestandteile, die ein Unternehmen f?r sein Gesch?ft ben?tigt. Dieses Wissen ist in der Regel allgemein zug?nglich.

Know-how
Wissen-wie bezeichnet demgegen?ber das K?nnen, die Erfahrung, das methodische Wissen etc., das zur gesch?ftlich erfolgreichen Anwendung des Sachwissens ben?tigt wird. Dieses Wissen ist grunds?tzlich unternehmensspezifisch.

Es bedarf dieses erweiterten Rahmens, um die k?nftigen Kernkompetenzen des Unternehmens vorzusteuern, damit sie zur Verf?gung stehen, wenn sie gebraucht werden. Schon manche Strategiepl?ne sind am nicht rechtzeitigen Aufbau der Kernkompetenzen bzw. an der nicht rechtzeitigen Beschaffung der Mitarbeiter gescheitert, die in der Lage gewesen w?ren, die neuen Kernkompetenzen darzustellen.

Unternehmensbeispiel

Ein kleiner Lohnfertiger lebt von und w?chst mit der Massenfertigung einfacher Teile sowie von einfachen Montageauftr?gen. Gelegentlich ?bernimmt er Montagen komplexer Baugruppen. Mit viel Improvisationsgeschick f?hrt er diese Auftr?ge zur Zufriedenheit seiner Kunden aus. Vermeintlich wird daran gut verdient.

In einem Strategieworkshop plant die Gesch?ftsf?hrung den Wechsel vom Massenfertiger zum Qualit?tsfertiger komplexer Bauteile f?r einen interessanten Nischenmarkt, in welchem das Unternehmen bereits erste Erfahrungen sammeln konnte. Das bedeutet im Einzelnen: Erweiterung der Kenntnisse der Spielregeln des neuen Marktes, genaues Erfassen der Kundenprobleme, Aufbau einer Arbeitsvorbereitung, Erweiterung der Montagekapazit?t (gr??ere Fertigungstiefe), Einrichtung neuer Montagearbeitspl?tze und -linien, Bew?ltigung kleinerer Losgr??en, Erweiterung des Qualit?tsmanagements, Schulung der Meister und Mitarbeiter, Einstellung auf neue Kunden im Vertrieb.

Schnell wird den Beteiligten klar, dass das f?r diesen Wechsel erforderliche Wissen und K?nnen personell im Unternehmen nicht vorhanden ist und auch nicht durch Versuch und Irrtum angeeignet werden kann. Die Rekrutierung des ben?tigten Fachpersonals als Ausweg st??t auf finanzielle Schwierigkeiten.

Strategie und Wissen passen nicht zueinander. Die Kluft ist zu gro?. Man bel?sst es bei den ?zuf?lligen? Einzelauftr?gen der Baugruppenfertigung und -montage. Diese werden nun auf Grund der gemachten Erfahrungen organisierter erledigt. Insofern hat sich der strategische Ausflug gelohnt.

Abbildung 8 zeigt sehr deutlich, dass die Personalfunktion, wenn sie sich auf dieser vierten Steuerungsebene bewegt, immer strategisch agiert. Falls das Management/die Gesch?ftsf?hrung trotz Ver?nderungen der Unternehmensstrategie diese vierte Steuerungsebene der Personalarbeit nicht ausreichend im Blick hat, hat der Personalleiter eine Bringschuld. Er muss die Themen Wissen und Kernkompetenzen initiativ ansprechen und sie im F?hrungskreis vorrangig thematisieren. Dies gilt auch dann, wenn kein akuter Strategieanlass besteht. Existenziell f?r ein Unternehmen ist ?Wissen? immer.

Die Digitalisierung (Industrie 4.0) zum Beispiel kann f?r viele Unternehmen Anl?sse zum ?berdenken der Strategie geben, wenn nicht erzwingen, evtl. sogar in immer k?rzeren Abst?nden. In solchen F?llen ist die Steuerungsebene ?Wissen? in ihrer Vorsteuerfunktion f?r Anpassungen der Kernkompetenzen, daraus resultierend des Personalbestandes und damit der operativen Personalarbeit, sofort im Spiel.