Baumanagement

Digitalisierung in der Baubranche Eine Chance f?r Startups!?

Im Wettbewerb ?Auf IT gebaut ? Bauberufe mit Zukunft? werden viele innovative und auch praxisnahe Arbeiten eingereicht. Gerade in den letzten Jahren sind die Ideen der Arbeiten oft die Grundlage f?r die Gr?ndung des eigenen Unternehmens. Aber wie funktioniert das? Wie finden junge Ingenieure den Weg in die Selbstst?ndigkeit, ihre Kunden, und wie k?nnen sie sich am Markt etablieren? Diese Fragen haben wir mit dem jungen Startup PAVE aus M?nchen diskutiert. Sie bieten digitale L?sungen f?r die Verbesserung des M?ngelmanagements, der Baudokumentation und des Dokumentenmanagements und bauen dabei auf eine Plattform f?r die Kommunikation verschiedener Gewerke untereinander.

Lieber Herr Dr. Christ, sch?n, dass Sie sich die Zeit nehmen, um mit uns zu sprechen. Zum Einstieg erz?hlen Sie uns doch bitte, wer Sie sind und was Sie machen.

Guten Tag, mein Name ist Dr. Patrick Christ. Ich bin einer der vier Gr?nder von PAVE. Ich habe vor kurzem meine Doktorarbeit an der TU M?nchen im Bereich Datenverarbeitung und k?nstliche Intelligenz abgeschlossen. Meine erste Erfahrung mit der Baubranche konnte ich aber weit vorher sammeln, als Werkstudent bei einem mittelst?ndischen Fensterbauer aus meiner mittelfr?nkischen Heimat. Dort habe ich sehen k?nnen, welche Probleme am Bau durch schlechte und papierbasierte Prozesse entstehen. Un?bersichtliche M?ngelst?nde, nicht nachvollziehbare Nachtr?ge und veraltete Baupl?ne sind dabei nur die offensichtlichsten Probleme. Mit PAVE wollen wir dies ?ndern und die Bauindustrie nachhaltiger und effizienter gestalten.

Das Gr?ndungsteam besteht neben mir aus drei weiteren Kollegen: Florian Biller ist Diplom Kaufmann und verantwortet bei uns mit mir den Vertrieb. Unser j?ngstes Mitglied, Florian Ettlinger, ist studierter Physiker und k?mmert sich bei uns um alle relevanten IT-Fragestellungen. Sebastian Schlecht verantwortet bei uns als Ingenieur die Produktentwicklung. Bei der Gr?ndung haben wir darauf geachtet, dass wir uns in unseren F?higkeiten erg?nzen und somit den Anforderungen im Markt gewachsen sind.

Vom Ingenieur zum Unternehmer ist bei Ihnen schon eine Besonderheit, gerade wegen des Produkts, das sie anbieten. Wie kamen Sie zu dieser Idee?

In meiner Zeit bei dem eben erw?hnten fr?nkischen Fensterbauer habe ich sehr tiefe Einblicke in die IT und Prozesse am Bau werfen k?nnen. Bei der Fensterherstellung in der Fabrik kommen sehr digitale und moderne (FertigungsMethoden zum Einsatz. Zum Beispiel kann man neue Fenster am PC mit CAD-Programmen entwerfen und diese anschlie?end (halbautomatisch in der Fertigung herstellen. Nach der Fertigung kommt es aber immer zu einem Bruch im Prozess. Denn auf der Baustelle kommt weder ein CAD-Bauplan oder gar ein iPad zum Einsatz. Wie fr?her wird immer noch mit einer ausgedruckten Auftragsbeschreibung und dem Papierbauplan gearbeitet.

Diesen Bruch habe ich nicht verstanden. Denn mit heutigen Technologien ist es durchaus m?glich, analoge Prozesse am Bau zu digitalisieren und teilweise sogar zu automatisieren. Dies w?rde zu extremen Effizienzsteigerungen f?hren und so Geld und Zeit einsparen - und Baufehler vermeiden.

W?hrend meines Studiums habe ich meine Mitgr?nder kennengelernt. Wir alle wollten nach dem Studium ein Unternehmen gr?nden, das reale und handfeste Probleme l?st, eben solche, wie es sie auf dem Bau gibt. Bevor wir mit der Produktentwicklung gestartet haben, haben wir zun?chst 80 Interviews mit Architekten, Bauleitern und Handwerkern gef?hrt, um die Probleme in der Baubranche besser zu verstehen. Hier wurden immer wieder die zwei gleichen Probleme genannt, die ich bereits im Fensterbau beobachten konnte und die nun mit intuitiver Technologie und k?nstlicher Intelligenz zu l?sen sind: Baupl?ne auf Papier und eine unkoordinierte und ineffiziente Baum?ngelbeseitigung.

80 Interviews sind eine beachtliche Anzahl. In welchem Rahmen haben Sie diese gef?hrt, und waren diese dann der ausschlaggebende Punkt, mit einer L?sung f?r diese Probleme an den Markt zu gehen?

80 Interviews zu f?hren war tats?chlich nicht der schnellste Weg, unserer Meinung nach jedoch sehr entscheidend, um einen benutzerorientierten Service entwickeln zu k?nnen. Bevor wir die Interviews gef?hrten haben, war uns allen klar, dass wir unseren Fokus auf die Digitalisierung der Baubranche legen wollen. Hier hatten wir zun?chst Hypothesen zur L?sung der Probleme aufgestellt, die es aber nun zu testen galt. Wir verfolgen bei uns im Unternehmen einen agilen Entwicklungsansatz. Das hei?t, wir entwickeln unser Produkt iterativ und arbeiten kontinuierlich Feedback vom Kunden mit ein. Daher war uns von Anfang an sehr wichtig, schon vor der Entwicklung mit potenziellen Kunden zu sprechen, um ein Produkt zu entwickeln, das auch wirklich die relevantesten Probleme unserer Kunden l?st.

Was versteckt sich hinter PAVE genau?

PAVE bietet intuitive Software zur Erfassung, Kommunikation und Nachverfolgung von Baum?ngeln. Die Besonderheit an unserer M?ngelmangement-L?sung ist die Verortung von Baum?ngeln auf dem digitalen Bauplan. Heutzutage bekommt ein Bauleiter ?ber 100 E-Mails am Tag zum Thema Baum?ngel und verliert daher leicht den ?berblick ?ber seine Baustelle. Wir helfen allen Baubeteiligten (Bauleiter, Handwerker und Bauherr), den ?berblick ?ber die Baustelle zu behalten und Probleme, wie zum Beispiel die Bauplanversionenierung, durch smarte Prozesse zu l?sen. Wir wollen darum mit unserer Software unseren Kunden den Weg ebnen (?to pave the way? engl.), um Effizienz und Transparenz auf dem Bau zu schaffen.

Ihr Angebot richtet sich also nicht nur an Bauleiter?

Unsere Software richtet sich an Architekten, Bauleiter und Bauherren, die jederzeit einen ?berblick ?ber Ihre Bauprojekte erhalten wollen. Unter unseren Kunden finden sich kleine und mittlere Architektur- und Ingenieurb?ros und Baufirmen, aber auch namhafte Baukonzerne mit Bauprojekten ?ber 150 Millionen Euro. Im n?chsten Schritt m?chten wir unsere Software auch Projektentwicklern und Firmen mit vielen Liegenschaften anbieten.

Das h?rt sich nach einer echten Erfolgsgeschichte an. Dennoch: der Weg in die Selbstst?ndigkeit ist ja nicht immer ganz einfach. Welche H?rden mussten Sie ?berwinden?

Als wir mit der Idee gestartet sind und die Interviews gef?hrt hatten, ging es bei uns auch schon direkt mit der Produktentwicklung los. Parallel dazu haben wir bereits mit Vertriebsgespr?chen gestartet. Da wir aus ?ffentlichen Geldern und dem Gewinn eines Wettbewerbs zu k?nstlicher Intelligenz finanziert waren, konnten wir uns die ersten Wochen auf die Entwicklung des Produkts konzentrieren. Das bedeutete jedoch nicht, dass wir uns im Vertrieb ausruhen konnten. Wir haben von Anfang an mit potenziellen Kunden gesprochen und schnell erste Interessenten gewonnen, denen wir dann nach einigen Wochen bereits unsere erste Version des Produkts vorstellen konnten. Dies war eine sehr anstrengende Phase, da die Nachfrage im Markt und die Erwartungen unserer Kunden sehr gro? waren, wir jedoch noch am Anfang der Entwicklung standen. Der volle Einsatz hat sich jedoch ausgezahlt indem wir mit unserem Produkt auf sehr positive Resonanz im Markt gesto?en sind. Das Release unserer ersten Produktversion war f?r alle Beteiligten ein gro?er Meilenstein in der Gr?ndungsphase und Motivator f?r die neuen Herausforderungen, die damit einhergingen.

Lange konnten wir uns n?mlich nicht auf diesem Erfolg ausruhen, da wir nun die ersten Kunden zu betreuen hatten und die Balance finden mussten zwischen Neukundengewinnung und Kundenbetreuung, bis wir ausreichend neue und qualifizierte Mitarbeiter einstellen konnten.

Wie sch?tzen Sie Ihre Zukunftsaussichten ein?

F?r die Zukunft planen wir, neben dem M?ngelmanagement und der Baudokumentation weitere Prozesse in der Bauausf?hrung zu digitalisieren. Digitalisierung ist dabei der erste Schritt f?r uns. Zuk?nftig werden wir auch vermehrt das Wissen aus meiner Promotion nutzen, um Prozesse mittels k?nstlicher Intelligenz zu automatisieren. Ein zentrales Thema ist dabei die automatisierte Verschlagwortung von Dokumenten, Fotos und Baupl?nen. Au?erdem arbeiten wir intensiv an der Integration von BIM-Modellen in unserer Software, um eine ganzheitliche BIM-L?sung anbieten zu k?nnen. Offene Standards stehen dabei genauso im Fokus wie geschlossene.

Das h?rt sich alles sehr vielversprechend an. Vielleicht m?chten Sie unseren Lesern noch abschlie?end etwas mit auf den Weg geben?

Wie der Unternehmer Thomas A. Edison so sch?n sagte: ?Es ist besser unvollkommen anzupacken, als perfekt zu z?gern?. Mir ist es sehr wichtig, durch meine t?gliche Arbeit etwas zu bewegen und den bisher gelehrten Fortschritt auch zu leben. Als Gr?nder muss man den Mut haben, auch unfertige Dinge zu testen, um daraus lernen zu k?nnen.

Ich hoffe, wir konnten Sie dazu ermutigen, in Zukunft offen f?r innovative Ideen zu sein und auch mal neue Wege zu gehen.

Au?erdem w?rden wir uns nat?rlich sehr freuen, wenn Sie sich selbst ein Bild von unserer Software machen. Unter www.pavegroup.de kann man diese 14 Tage lang kostenlos testen. Wir freuen uns nat?rlich auch ?ber jedes Feedback aus Ihren Reihen, damit wir unser Produkt stetig verbessern k?nnen.

Herr Dr. Christ, wir danken Ihnen f?r das Gespr?ch und w?nschen Ihnen und Ihrem Team weiterhin viel Erfolg.

Das Gespr?ch f?hrte Christina Hoffmann.

Online-Umfrage zu BIM-Standardisierungsbedarf durch den DIN Deutsches Institut f?r Normung e. V.

Im Rahmen der Erarbeitung einer nationalen, strategischen Normungsagenda f?r Deutschland hat der Arbeitskreis 01 ?Strategie?, als Unterausschuss des DIN-Arbeitsausschusses NA 0051-39 AA ?BIM ? Building Information Modelling?, eine Online-Umfrage entwickelt. Um k?nftige Standardisierungsvorhaben im deutschen Interesse priorisieren zu k?nnen, lag der Schwerpunkt der Umfrage auf der Identifizierung von Normungsbedarf in den folgenden sechs Bereichen: Prozesse, Methodik, Produkte, Werkzeuge und Vorlagen, Inhalte sowie offene, neutrale Datenformate. Zudem wurden die Befragten gebeten, in Freitextfeldern die speziell f?r sie relevanten Aspekte erg?nzend zur Beantwortung der Fragen aufzuf?hren.

Mit der Umfrage ist es gelungen, ?ber die Normungsgremien hinaus auch die Praxis f?r die Normungsarbeit zu interessieren und sie daran zu beteiligen. Trotz der gro?en Beteiligung ist das Ergebnis im statistischen Sinne jedoch nicht repr?sentativ. Wichtige Hinweise auf den Normungsbedarf konnten dennoch gewonnen werden.

W?hrend der Arbeitskreis 01 noch eine B?ndelung, Bewertung und Priorisierung der Ergebnisse vornimmt, l?sst sich ein Fazit bereits jetzt ziehen: F?r die Praxis werden Normen und Richtlinien zum Thema BIM dringend ben?tigt, weil ohne eine Standardisierung keine erfolgreiche und einheitliche Digitalisierung im Bauwesen stattfinden kann.

Auswertung

Grunds?tzliches Interesse

  • Trotz Komplexit?t der Thematik
  • ?ber 1.000 Teilnehmer
  • Erfreulich hohe Beteiligung auch von kleineren Unternehmen, obwohl gr??ere Unternehmen in der Umfrage noch st?rker repr?sentiert sind.
  • Es haben sich haupts?chlich F?hrungskr?fte beteiligt.
  • Zirka 85 Prozent der Beteiligten haben Ber?hrungspunkte mit dem Thema. Ungef?hr 40 Prozent haben bereits praktische Erfahrungen.
  • Die ?berwiegende Anzahl der Teilnehmer ist aus dem Bereich der Planer und der Bauproduktehersteller.
  • Trotz der gro?en Beteiligung ist das Ergebnis im statistischen Sinne jedoch nicht repr?sentativ.
  • Wichtige Hinweise auf den Normungsbedarf konnten dennoch gewonnen werden.

Dringlichkeit

  • 85 Prozent sehen einen dringenden Bedarf in der Normung vonBIM.
  • Die sechs vorgegebenen Normungsbereiche werden alle mit zirka 70 bis 80 Prozent als relevant erachtet.
  • Das Thema ?Offene, neutrale Datenformate? wird als ?u?erst relevant angesehen.

Inhalte

  • Der Hauptbedarf liegt in der Standardisierung der digitalen Beschreibung von Bauteilen (Eigenschaften, Klassifikation, Geometrie, ...).

Methodik

  • Bedarf zur Normung von Methoden ist in den genannten Bereichen mit 70 bis 80 Prozent hoch.
  • Nur die Relevanz von Methoden zur Prozessbeschreibung wird mit knapp 55 Prozent geringer eingesch?tzt, obwohl f?r die Normung der Prozesse eine hohe Relevanz gesehen wird.

Prozesse

  • Bedarf zur Normung von Prozessen ist in den genannten Bereichen mit 70 bis 80 Prozent hoch.
  • Als zus?tzlicher Normungsbedarf wird die Gesamtkoordinierung genannt, sowie der Prozess der Datenbereitstellung.

Offene, neutrale Datenformate

Es wurden eine Vielzahl von Fachmodellen genannt, gr??teRelevanz hatte die Verkn?pfung von verschiedenen Fachmodellen.

Produkte

  • Mit ?ber 80 Prozent besteht der gr??te Bedarf in der Normungder Strukturen von Bibliotheken.
  • Au?erdem besteht mit zirka 80 Prozent Bedarf in der Normung von spezifische Anforderungen an zugeh?rige Datenplattformen.

Tools und Templates

  • Mit ?ber 70 Prozent sind die wichtigsten Themen die Bereitstellung von normierten AIA und BAP Templates (AIA = AuftraggeberInformations-Anforderungen; BAP = BIM-Abwicklungsplan).

Umfrageantworten zu mehreren Bereichen

Zum Teil kontrovers gesehen werden:

  • Die Normung im Bereich BIM generell
  • Umfang der Normung
  • Die Entwicklung neutraler Datenaustauschformate. Pro: erleichtert den BIM-Einstieg, stellt eine einheitliche Arbeitsweise sicher, verringert projektindividuellen Koordinierungsaufwand, erleichtert Datenaustausch. Kontra: derzeit noch zu fr?h, es existiert noch kein allgemeines Best-Practice als Grundlage, beschr?nkt die Innovationskraft, allgemeine Standards f?r Fachanwendungen nicht ausreichend.
  • Es besteht ein Bedarf f?r die gleichwertige Ber?cksichtigung von Hochbau und Infrastrukturbau in der Normung.
  • Die Anzahl der unterschiedlichen Sichten und Fachmodelle wird als gro?e Komplexit?t empfunden. Das Zusammenspiel beziehungsweise die Verkn?pfung dieser Fachmodelle ist zu spezifizieren.
  • Unterst?tzung der klassischen Normung und deren Anwendung durch digitale Tools, bespielsweise
    • Referenzwerkzeugen zur Betrachtung und Pr?fung von normierten Datenformaten,
    • Tools f?r Merkmalserver (Erstellen, Pflege).
  • Ber?cksichtigung des bestehenden Normen-/Richtlinienwerks resp. Datenaustauschstandards: wie GAEB, VDI 3805, ISO 16757, ETIM.

Die Ergebnisse der Online-Umfrage, die nach der Auswertung und dem Wunsch der Teilnehmer zur Verf?gung gestellt und ver?ffentlicht werden, sollen in die laufenden Normungsprozesse sowohl auf nationaler, als auch auf europ?ischer und internationaler Ebene (CEN und ISO) integriert werden. Sie werden sicherlich einen ma?geblichen Einfluss auf die weitere Gestaltung einer nachhaltigen Implementierung und Weiterentwicklung des BIM in allen Bereichen der Wertsch?pfungskette Bau haben.

Es ist geplant, die Ergebnisse der Umfrage in geeigneter Weise den interessierten Kreisen zur Verf?gung zu stellen. Um einen kontinuierlichen und regelm??igen Austausch mit den von der Normung ber?hrten Kreisen sicherzustellen, ist basierend auf den Erkenntnissen dieser Umfrage geplant, die Normungsarbeit durch weitere Umfragen zum Thema zu begleiten.