Arbeits- und Aufgabengestaltung

Die besondere Bedeutung, die der Arbeitsund Aufgabengestaltung von Expertenpositionen zukommt, wurde bereits mehrfach angedeutet. Experten haben ein starkes Bed?rfnis nach der Bearbeitung interessanter und herausfordernder Aufgaben (Schein, 1990), definieren ihr Selbstbild ?ber die Aus?bung fachlicher Talente und F?higkeiten und sind stets darum bem?ht, diese zu erweitern und zu optimieren. Die Motivation, die aus der Aufgabenbearbeitung resultiert, ist intrinsischer Natur, weshalb diese als wertvoller eingestuft werden kann als die Motivation, die durch externe Anreize wie die Entlohnungsoder Statussymbolsystematik entsteht (Kauffeld, 2011; Hackman & Oldham, 1976).

Insbesondere vielf?ltige, ganzheitliche und bedeutsame Aufgaben erzeugen intrinsische Motivation (Humpfrey et al., 2007) und f?hren zu weiteren positiven Resultaten, zum Beispiel Arbeitsengagement, Arbeitszufriedenheit, Leistungssteigerung sowie zur Senkung der Abwesenheits- und Fluktuationsrate.

Ebendiese Effekte werden weiterhin dadurch erzielt, dass die Aufgabe selbst einem Aufschluss ?ber deren erfolgreiche oder nicht erfolgreiche Bearbeitung liefert und Freiheiten bei der Aufgabenbearbeitung gew?hrleistet werden, die autonomes und selbstbestimmtes Arbeiten erm?glichen. Autonomie bedeutet f?r Experten, dass nach eigener Fa?on die volle Aufmerksamkeit einer Fachfrage gewidmet werden kann, ohne durch unn?tige b?rokratische Pflichten wie verwaltende T?tigkeiten daran gehindert zu werden (Bailyn, 1985; Becker, Beck & Herz, 2012; Domsch & Ladwig, 2011; Perlow & Bailyn, 1997). Hierbei m?chten Experten Einfluss auf die Zielsetzung haben, der sie durch ihre Arbeit nachgehen (siehe 3.9 Unterstellungsverh?ltnis). Um bez?glich der Arbeits- und Aufgabengestaltung Gleichwertigkeit zur F?hrungslaufbahn zu erzeugen, sollte auf vergleichbaren Ebenen beider Laufbahnen gleich viel T?tigkeitsspielraum, im Sinne von Gestaltungs-, Entscheidungs- und Handlungsspielraum (Ulich, 2011), gew?hrleistet werden. Hiermit einher geht, dass Experten und F?hrungskr?fte derselben Hierarchiestufe auch hinsichtlich der zu tragenden Verantwortung gleichgestellt sind. Experten sollten ebenso wie F?hrungskr?fte verantwortlich f?r ihre Arbeitsleistungen sein (Francke & Chmielarski, 2010; siehe 5.9 Unterstellungsverh?ltnis). Diese Erkenntnisse m?ssen bei der Arbeits- und Aufgabengestaltung beachtet werden, um das Potenzial zur Motivation von Experten auszusch?pfen.

In der Regel kann davon ausgegangen werden, dass Personen, die eine Expertenlaufbahn einschlagen, sehr zuverl?ssig arbeiten, sich ihrer Arbeit verpflichtet f?hlen und gro?en Wert auf die Qualit?t ihrer Arbeit legen (Brousseau et al., 1996). Dementsprechend k?nnen sie mit Aufgaben betraut werden, die einen hohen Pr?zisionsgrad erfordern. Typischerweise werden Experten damit beauftragt, Innovationen voranzutreiben, Know-how und Wissen f?r das Unternehmen auszubauen und zu dokumentieren, aktuelle Trends zu beobachten und M?rkte zu analysieren, um die Aktualit?t von Wissen zu garantieren sowie ihre Expertise zur Entscheidungsfindung beizusteuern (Heimerl-Wagner, 1994; Lang, 2008; siehe 4.2 Ziele von Expertenlaufbahnen). Eine M?glichkeit zur Bereitstellung der Expertise besteht darin, Experten zu internen Beratern von Managern zu ernennen, die bis auf Vorstandsebene bei Entscheidungsfindungen unterst?tzen (Lang, 2009; Sauermann, 2011; Peters & Dengler, 2004). Weiterhin ist es denkbar, Experten zu internen und externen Vertretern beziehungsweise Sprechern des Unternehmens zu ernennen. Hierbei w?rden sie zum Beispiel intern in Gremien agieren und extern bei Fachtagungen und Kongressen als Repr?sentanten des Unternehmens auftreten, was beides zur Befriedigung des Bed?rfnisses nach sozialer Eingebundenheit beitr?gt. Eine derartige externe Vertretung des Unternehmens w?rde ihnen au?erdem die M?glichkeit einr?umen, Kontakte innerhalb ihrer Scientific Community zu kn?pfen und Anerkennung ihrer Arbeit durch Peers zu erhalten (Katz & Tushman, 1990; Schein, 1990).

Obwohl Experten zu viel B?rokratie gegen?ber kritisch eingestellt sind und administrative T?tigkeiten als nicht wertsch?pfend einsch?tzen (Domsch & Ladwig, 2011), ist kritisch anzumerken, dass gerade in den hohen Positionen innerhalb der Expertenlaufbahn administrative T?tigkeiten unvermeidbar sind (Franke & Chmielarski, 2010; Kunz, 2005; Lang, 2008). Dies h?ngt mit dem vergr??erten Handlungsspielraum zusammen, der hocheingestuften Experten anvertraut wird und ein professionelles Themenmanagement verlangt (Ritz & Weissleder, 2008). Ebenso verh?lt es sich mit der F?hrungsverantwortung von Experten. Zwar sollten Personalf?hrungsaufgaben nicht den Arbeitsfokus von Experten darstellen, dennoch ist es denkbar, dass Experten die fachliche Personalverantwortung ?ber Nachwuchsexperten ?bertragen bekommen (Heimerl-Wagner, 1994; Lang, 2008). Dies ist unter Ber?cksichtigung der Tatsache zielf?hrend, dass Aufgabenbereiche immer komplexer werden. F?hrungskr?fte verf?gen oftmals nicht ?ber das Tiefenwissen, um alle Mitarbeiter fachlich und disziplinarisch f?hren zu k?nnen, weshalb F?hrungskr?fte hierbei auf die Unterst?tzung von erfahrenen Experten angewiesen sind (Kirchler & Rodler, 2001; Robins et al., 2010).

Aus dem Praxisvergleich kann zusammenfassend festgestellt werden, dass Experten in der Regel mit fachspezifischen, herausfordernden, komplexen und vielseitigen Aufgaben betraut werden, wobei zehn Unternehmen explizit angeben, dass Experten autonom und selbst?ndig innerhalb ihres Aufgabengebiets vorgehen k?nnen, was weiterhin durch die Angabe von 13 Unternehmen unterstrichen wird, die Experten mit den notwendigen Verantwortungen und Befugnissen ausstatten. Konkrete Aufgaben der Experten in den untersuchten Unternehmen sind in der Tabelle 3 dargestellt.

Berblinger und Kn?rzer (2009) stellen die Bedeutung von Fachvortr?gen und der Publikation von Fachartikeln als eine bedeutende Aufgabe von Experten heraus und stellen fest, dass diese Aufgabe von 40 Prozent der von ihnen untersuchten Unternehmen als Anforderungskriterium ab einer bestimmten Hierarchieebene gilt. Dies scheint in forschungsorientierten Branchen oder Abteilungen relevant zu sein.