Chancen f?r die Bauwirtschaft: Sanieren, Modernisieren und Dienstleistungen rund um Haus und Wohnung

Die altersgerechte bzw. barrierefreie Sanierung ist f?r kleine und mittelst?ndische Unternehmen der Wertsch?pfungskette Bau ein viel versprechendes, oftmals aber neues Gesch?ftsfeld. Im Folgenden soll gezeigt werden, wie sich diese Unternehmen im Zukunftsmarkt Wohnen 50+ etablieren k?nnten. Eine Checkliste soll interessierten Unternehmen helfen, die spezifischen Chancen zu finden, zu bewerten und zu pr?fen, ob die Kapazit?ten im Betrieb f?r ein solches Projekt ausreichen.

Frage 1: Wie sieht es heute aus am Baumarkt 50+ und wie k?nnte ein Einstieg gelingen?

Viele gr??ere Wohnungsunternehmen beginnen verst?rkt, meist im Zuge einer energetischen Sanierung, mit dem systematischen Umbau geeigneter Wohnungstypen f?r ?ltere Mieter. Diese Ma?nahmen dienen der Bindung von Bestandsmietern und der Gewinnung neuer Mieter aus der Zielgruppe 50+, welche Altersvorsorge nicht nur monet?r verstehen, sondern bauliche Vorkehrungen f?r eine langes unabh?ngiges Leben in den eigenen vier W?nden treffen wollen. Mit qualifizierten Angeboten erh?hen Bauunternehmen und Handwerker in diesem Bereich die Chancen auf einen Auftrag.

Bauunternehmen und auch die Unternehmen des Baunebengewerbes sollten sich schnellstm?glich intensiver mit dem Thema befassen, sich mit den Normen, Empfehlungen und geeigneten Produkten und Techniken vertraut machen und gleichzeitig ihre eigenen Kunden k?nftig genauer anschauen. Ma?nahmen f?r barrierefreien Wohnkomfort sollten aktiv angeboten werden und Kunden ?ber die Vorteile dieser Ma?nahmen und zu F?rderm?glichkeiten beraten werden. So k?nnen Unternehmen zus?tzliche Umsatzchancen in diesem Marktsegment realisieren.

Dar?ber hinaus k?nnten gerade ?ltere Mitarbeiter, die bei traditionellen Bauaufgaben aufgrund k?rperlicher Einschr?nkungen nur bedingt eingesetzt werden k?nnen, in diesem Bereich eine auf ihre altersspezifische Sozialkompetenz und Berufserfahrung aufbauende neue T?tigkeit finden.

?ber Wohnberatungen, Handwerkskammern und Fachportale im Internet k?nnen etliche Weiterbildungsangebote gefunden werden. Eine aktuelle ?bersicht finden Sie in Abschnitt 6.3. Diese richten sich jedoch meist an Architekten und Bauingenieure. F?r gewerbliche Mitarbeiter werden zur Zeit im Rahmen des Projektes Gestaltung inner- und ?berbetrieblicher Erwerbsverl?ufe (www.erwerbsverlauf-bau.de) in der mittelst?ndischen Bauwirtschaft 3-t?gige Schulungsmodule entwickelt und als Pilotprojekt angeboten.

Neben der altersgerechten bzw. barrierefreien Sanierung und dem Neubau von alternsgerechten Wohnungen bieten sich kleinen und mittelst?ndischen Unternehmen der Wertsch?pfungskette Bau viele weitere interessante neue Gesch?ftsfelder an. Gerade der Ausbau von baunahen Serviceangeboten mit denen ?lteren Eigent?mern ein Rundumservice um deren Immobilie geboten wird, kann bei kontinuierlicher Entwicklung dauerhaft ein attraktives zus?tzliches ?Standbein? sein. Renovieren und Modernisieren aber auch die regelm??ige Wartung, Instandhaltung, Hausmeisterservice u.?. kann einerseits kontinuierlich zus?tzliche Ums?tze generieren, andererseits ein gutes Instrument zur Kundenbindung und zur Akquise neuer Auftr?ge darstellen. Auch in diesem Bereich k?nnten ?ltere Mitarbeiter alternative Einsatzm?glichkeiten finden.

Dabei geh?ren zu einem Sanierungsteam viele Gewerke, wie z.B.:

  • Installateur (Bad, Dusche, Toilette ?)
  • Fliesenleger (f?r rutschfeste Fliesen im Badezimmer)
  • Elektriker (f?r das Verlegen von Leitungen, Anschluss neuer Leuchten)
  • Heizungsbauer (f?r neue oder umgesetzte Heizk?rper)
  • Schreiner (f?r breitere T?ren) ? Liftbaufirma (Treppenlift)
  • Maurer (f?r neue W?nde und Wanddurchbr?che bei Grundriss?nderung und T?rverbreiterung)
  • Stahlbauer (Errichtung von Rampen zur ?berwindung von Stufen, z.B. am Hauseingang)
  • Maler (zum Anstreichen der neuen T?ren und W?nde)

Um in diesem Markt erfolgreich zu sein, m?ssen sich Anbieter nicht nur auf die technischen W?nsche ihrer Kunden einstellen. Die Kunden bevorzugen f?r einen altersgerechten Umbau, der meist zwischen 20.000 und 50.000 EUR kostet, ein Komplettangebot aus einer Hand mit einem festen Preis. Sie wollen nicht mit den vielen Handwerkern einzeln verhandeln.

Anbieter m?ssen diese Gewerke nicht alle selbst anbieten. Sie k?nnen zum Beispiel als ?Generalunternehmer? auftreten und die anderen Gewerke an Subunternehmer vergeben. Damit sichert sich das anbietende Unternehmen einen wichtigen Wettbewerbsvorteil. Alternativ k?nnen Anbieter auch mit anderen Unternehmen gemeinsam auftreten und die Angebotsabgabe und Durchf?hrung der Arbeiten koordinieren. Mit der Abgabe des eigenen Angebotes ?bergibt man dem Bauherren eine Liste mit kooperierenden Unternehmen.

Solche Kooperationsmodelle haben sich f?r die Etablierung des eigenen Unternehmens am Markt bew?hrt. Einige Handwerkskooperationen werden im Kapitel 5 kurz vorgestellt. Dar?ber hinaus scheint die Kooperation mit gro?en Wohnungsunternehmen eine erfolgversprechende Idee zur Erschlie?ung des Marktes 50+, denn diese Unternehmen haben inzwischen mit dem Umbau ihrer Best?nde und der Implementierung von haushaltsnahen Dienstleistungen auch ?ber origin?re Betreuungs- und Pflegeleistungen hinaus begonnen.

Neben dem Neubau und der Anpassung von Bestandswohnungen an die Wohnanspr?che der ?lteren Generation werden immer wieder haushaltsnahe Dienstleistungen und der Service rund ums Haus als zukunftstr?chtiger Markt einer alternden Gesellschaft gesehen. (Eine Pestel-Studie kam zu folgenden Aussagen: Hilfe bei den Hausarbeiten w?rden 69%, Hilfe bei Reparaturen 66% der Befragten in Anspruch nehmen. Durchschnittlich hat ein Seniorenhaushalt f?r Serviceleistungen einschlie?lich Pflege ein Budget von 280 EURO zur Verf?gung. (vgl. G?nther, M., 2011)) Momentan ist dieses Marktsegment, welches durchaus zur Diversifizierung des Angebots kleiner und mittelst?ndischer Unternehmen bearbeitet werden k?nnte, noch nicht sehr gut entwickelt. Anbieter treffen noch immer auf verhaltenes Interesse an ihren Leistungen.

In gef?rderten Pilotprojekten hat sich herausgestellt, dass die Leistungen selbst gern in Anspruch genommen werden. Ein gro?es Problem ist jedoch die mangelnde Zahlungsbereitschaft der Kunden f?r Arbeiten, die sie bisher gut selbst verrichten konnten. Dar?ber hinaus ist der Anteil von Beziehern geringer Einkommen in der Kundengruppe 50+ nicht gering. Dies bestimmt die Nachfrageentwicklung durchaus mit. Langfristig wird der demografische Wandel an dieser Stelle zu einem Bewusstseinswandel f?hren. Unternehmen, die sich diesen Markt langfristig erschlie?en, haben dann u.U. gro?e Wettbewerbsvorteile.

Eine empfehlenswerte Vertriebsstrategie im Marktsegment 50+ ist das Cross Selling, zu Deutsch der Querverkauf: ?Durch Querverk?ufe kann der Umsatz pro Auftrag erh?ht werden. In der Vertriebsstrategie wird dieser Begriff jedoch h?ufig in einem deutlich erweiterten Zusammenhang verwendet. Dabei soll erreicht werden, dass bei den Kunden des Unternehmens insgesamt mehr verschiedene Produkte und Leistungen der eigenen Produktpalette platziert werden. Insoweit m?ssen die Produkte und Leistungen in ihrer Art nicht direkt mit dem vom Kunden nachgefragten Produkt zusammenh?ngen. Vielmehr geht es dabei um eine ganzheitliche Verkaufsstrategie, die den umfassenden Bedarf des Kunden erfasst und so weit wie m?glich mit eigenen Leistungen abdeckt.? (Vgl.: http://www.wikipedia.org/wiki/Querverkauf.de, Download: 7.04.2011.) Wenn ein Unternehmen also altersgerechte Umbauten durchf?hrt, k?nnten haushaltsnahe Dienstleistungen mit angeboten werden und umgekehrt. Kombinierbar sind auch eine qualifizierte Wohnberatung und altersgerechte Sanierung.

F?r die effiziente Abwicklung von Kleinauftr?gen, gibt es inzwischen erprobte Musterl?sungen. Zimmermeister Oliver Hoffmann aus Friedrichshafen hat zum Beispiel eine eigene Softwarel?sung entwickeln lassen, den Wartungsdienst ?durchdacht? und die Software im eigenen Unternehmen erprobt. Mit ?durchdacht? managt das Unternehmen seine regelm??igen Kundenkontakte in der ?After Sales Phase? dauerhaft und wirtschaftlich. Die Resonanz der Kunden, vorwiegend Hausverwaltungen und ?ltere Hauseigent?mer, ist ausgesprochen positiv und der Zugang zu Folgeauftr?gen wird durch den st?ndigen Kontakt verbessert. (Vgl. u. a. www.durch-dacht.de und Dachdeckerhandwerk, 18/2011, S. 54ff.)

Frage 2: Wie erschlie?t sich mein Unternehmen diesen Markt?

F?r kleinere (Handwerks-) Betriebe klingt es vielleicht befremdlich, doch die Entscheidung f?r die Erschlie?ung eines neuen Marktfeldes ist eine strategische Entscheidung und sollte daher nicht nur ?aus dem Bauch heraus? getroffen werden. Es ist empfehlenswert, sich systematisch mit dem Thema zu befassen, die unternehmensspezifischen M?glichkeiten am Markt zu recherchieren und auch zu ?berpr?fen, ob die technischen, finanziellen und personellen Kapazit?ten bestehen oder aufgebaut werden k?nnen, um in den an und f?r sich chancenreichen Markt eintreten zu k?nnen. Die folgende Checkliste soll bei der Entscheidungsfindung unterst?tzen.

Checkliste

Erschlie?ung neuer Gesch?ftsfelder f?r KMU Bau in der Kundengruppe 50+ WAS? Auswahl eines geeigneten Angebotes f?r die Kundengruppe 50+

  • Welche Produkte und Dienstleistungen bietet Ihr Unternehmen an?
    • Gibt es f?r Ihre Produkte spezielle Angebote f?r die Kundengruppe 50+?
    • Barrierefreie Produktvarianten?
    • Barrierefreie oder barrierearme Alternativen zum Einbau Ihrer Produkte?
    • Komplement?re (d.h. erg?nzende) Produkte f?r die Verbesserung der Barrierefreiheit und die speziellen Bed?rfnisse der Kundengruppe 50+?
    • Gibt es Produkte oder Dienstleistungen, die Sie in Zukunft nicht mehr anbieten wollen?

  • Gibt es im Rahmen f?r die von Ihnen erbrachten Dienstleistungen spezielle Angebote f?r die Kundengruppe 50+?
    • Modifizierte Dienstleistungen f?r die speziellen Bed?rfnisse ?lterer Kunden?
    • Komplement?re, (d.h. erg?nzende) Dienstleistungen zu Produkten und Dienstleistungen Ihres Unternehmens mit besonderem Nutzen f?r die Kundegruppe 50+?

  • Gibt es (f?r Ihr Unternehmen) neue Produkte oder Dienstleistungen, die Sie im Rahmen Ihres Gesch?ftsmodells anbieten k?nnen?
  • Gibt es (f?r Ihr Unternehmen) neue Produkte oder Dienstleistungen, die Sie mit einem modifizierten oder v?llig neuen Gesch?ftsmodells anbieten k?nnen?

Checkliste

WIE? Realisierung eines geeigneten Angebotes f?r die Kundengruppe 50+:

  • Beschaffung:
    • Gibt es geeignete Lieferanten (Baustoffe, Bauprodukte, Planungsleistungen)?
      • Achten Sie neben der Angebotsvielfalt, den Preisen, Transportkosten und Lieferzeiten auch auf
      • Bauzulassung/ Normung
      • Produktqualit?t und Handling
      • Schulungsangebote des Herstellers
      • Kundendienst und
      • Kooperationsm?glichkeiten

  • Personal
    • Gibt es freie oder freiwerdende Personalkapazit?ten in Ihrem Unternehmen?
    • Besteht bereits jetzt Personal- oder Fachkr?ftemangel?
    • Welche Rekrutierungsm?glichkeiten hat Ihr Unternehmen in diesem Fall?
    • Haben Ihre Mitarbeiter ausreichende Kenntnisse und F?higkeiten f?r die neuen Aufgaben?
    • Gibt es Schulungs- und Weiterbildungsbedarf?
    • Gibt es Kooperationsm?glichkeiten zum Ausgleich von
      • Personalengp?ssen,
      • mangelhaften Kenntnissen und F?higkeiten,
      • zur Schulung und Weiterbildung?

  • Prozesse
    • Sind die Strukturen und Abl?ufe in Ihrem Unternehmen f?r die neuen Aufgaben geeignet oder sind hier Ver?nderungen notwendig?
    • Wie beeinflussen diese Ver?nderungen Ihr angestammtes Gesch?ft?

  • Marketing und Vertrieb
    • Ist das neue Angebot f?r Ihre bisherigen Kunden attraktiv?
    • M?ssen Sie neue Kundengruppen gezielt ansprechen?
      • mit bisherigen Marketinginstrumenten und angestammten Vertriebswegen?
      • Mit neuen Marketinginstrumenten und alternativen Vertriebswegen?
      • Kooperationsm?glichkeiten

Checkliste

? Wirtschaftlichkeitsbetrachtung und Finanzierung

  • In welcher H?he m?ssen Investitionen get?tigt werden?
  • Welche zus?tzlichen Kosten sind zu erwarten?
    • Einmalige Kosten z.B. f?r Schulung und Weiterbildung.
    • Regelm??ig anfallende Kosten z.B. f?r neue Mitarbeiter

  • Wann und in welcher H?he sind Ums?tze mit dem neuen Produkt oder der neuen Dienstleistung zu erwarten?
  • Wann und in welcher H?he sind Umsatzeinbu?en im Zusammenhang mit der Einf?hrung des neuen Produktes oder der neuen Dienstleistung zu erwarten?
  • Ermitteln Sie die Wirtschaftlichkeit!
    • vorzugsweise mit einem vollst?ndigen Finanzplan oder einen anderen dynamischen Verfahren, welches den Zeitpunkt von Zahlungen und alternative Anlagem?glichkeiten (Mindestrenditeerwartung) ber?cksichtigt.

  • Wie finanzieren Sie das Projekt?
    • Mit eigenen Liquidit?tsreserven (Bankguthaben oder Ums?tze aus anderen Gesch?ftsfeldern)?
    • Mit Darlehen der Bank?
    • Mit Lieferantenkrediten?
    • Finanzierungsm?glichkeiten durch Kooperationen?

MIT WEM? Kooperationen: Die richtigen Partner finden?

  • Welche Leistungsbeitr?ge erwarten Sie von einem Kooperationspartner?
    • Beschaffungskooperation.
    • Erweiterung von Kapazit?ten.
    • Erschlie?ung neuer Vertriebswege.
    • Zugang zu Wissen.

  • Kooperationsvereinbarung:
    • Arbeitsteilung und Entscheidungsprozesse.
    • Erfolg messen und Kooperationsertr?ge verteilen.

  • Kooperationskultur:
    • Bevorzugen Sie Unternehmen ?hnlicher Gr??e, Strategie und Unternehmenskultur.
    • Kommunikation und vertrauensvolle Zusammenarbeit.