Myra Mani ist Gesch?ftsf?hrerin des Mani Pflegedienstes in L?denscheid, Mitglied im Vorstand unseres RKW e.V. und langj?hrige Begleiterin unserer Arbeit. Wir sprachen mit ihr ?ber ihr aktuelles Krisenmanagement und dar?ber, wie schnell sich das Blatt wenden kann. Vor der Corona-Pandemie war das Unternehmen gut positioniert und klar auf Wachstumskurs. Die starke Ausgangslage macht es ihr im Vergleich zu ihren Wettbewerbern vielleicht gerade etwas einfacher, aber von leicht kann nicht die Rede sein.

RKW: Liebe Frau Mani, als Pflegedienst sind Sie unmittelbar von der Krise und "Physical Distancing" betroffen. Wie haben Sie bisher darauf reagiert und was steht gerade auf Ihrer Agenda?

Myra Mani: Mein bester Freund lebt in Peking und deshalb habe ich die Entwicklung der Pandemie schon fr?hzeitig verfolgt und war nicht ganz so ?berrascht, wie vielleicht manch anderer. Wir haben beispielsweise fr?hzeitig etwas mehr Mundschutz und andere Schutzkleidung bestellt als sonst und auch die Aufbewahrung ver?ndert. Dennoch wissen wir auch, dass es im absoluten Ernstfall und abh?ngig von der Dauer der Krise sehr knapp werden kann.  Zudem haben wir bereits im Februar unsere Hygienevorschriften aufgefrischt und beispielsweise auch unsere internen Begr??ungsformen, wie Umarmungen oder Handreichen, vorerst untersagt sowie Gruppenansammlungen gemieden.

Trotzdem ist bei uns seit knapp zwei Wochen wirklich der Krisenmodus angesagt: In der h?uslichen Pflege gab es viele Absagen, denn gerade die Angeh?rigen haben Angst und jetzt oftmals auch etwas mehr Zeit, die Pflege selbst zu ?bernehmen. Wir mussten au?erdem am 18. M?rz unsere beiden Tagespflege-Einrichtungen schlie?en. Das waren und sind emotionale Herausforderungen f?r uns alle ? sowohl f?r unsere Mitarbeitenden als auch unsere Patientinnen und Patienten, die intensive und herzliche Beziehungen miteinander haben.

Es war zwar ein richtiger, aber schwieriger und auch wirtschaftlich einschneidender Schritt. Bei uns in der Pflege ist es ja nun mal so, dass die Kassen wirklich nur dann zahlen, wenn tats?chlich Pflegeleistungen erbracht werden. Dar?ber wurde angesichts der aktuellen Lage zwar gerade diskutiert und auch zugesichert, dass die Mehrkosten f?r Schutzausr?stung oder Mindereinnahmen durch die Corona-Krise ausgeglichen werden sollen, aber bislang wissen wir nicht wie hoch die tats?chliche Unterst?tzung sein wird und vor allem wann dies erfolgt. Wie bei allen Unternehmen spielt hier die Liquidit?t eine gro?e Rolle, dennoch habe ich da auch Vertrauen in unsere Gesellschaft und die relevanten Systeme, denn klar ist ja auch: Wir brauchen ein fl?chendeckendes Pflegeangebot in Deutschland ? auch nach der Krise.

Die derzeit freien Kapazit?ten haben wir erstmal genutzt, um einen Notfallplan zu erstellen: Der Dienstplan ist v?llig anders als sonst, damit es zu m?glichst wenig unterschiedlichen Kontakten kommt. Die Mitarbeitenden arbeiten wom?glich von zu Hause und starten auch von dort aus ihre Touren. Und die Abstimmung l?uft in erster Linie telefonisch, damit es m?glichst wenig Begegnungen hier in der Zentrale gibt. Dabei findet sich nach den ersten v?llig verst?ndlichen Schwierigkeiten gerade eine neue ?Krisen-Routine?. Mal sehen, wie lang die greift. Bisher haben wir gl?cklicherweise keinen Corona-Fall unter unseren Patientinnen, Patienten und Mitarbeitenden.

F?r mich ist gerade das Management unserer wirtschaftlichen Lage eine weitere gro?e Herausforderung, beispielsweise die Frage, ob Kurzarbeit f?r uns in Frage kommt: Gerade in Bezug auf unsere bisher immer h?nderingend gesuchten und ?berlasteten Pflegefachkr?fte ist das f?r mich doch ein eher befremdlicher Gedanke. Da suche ich nach L?sungen, die f?r alle m?glichst gut passen. Wichtig ist mir vor allem das Signal an unser Team: Wir sind da zusammen drin und wir kommen da auch irgendwie zusammen wieder raus!

Wie ist denn die Stimmung aktuell in Ihrem Team?

Aktuell ist die Stimmung nach einer ersten Unsicherheitswelle ziemlich zuversichtlich, aber das schwankt nat?rlich und es kommt bestimmt auch darauf an, wie lang die Situation so anhalten wird. Aber Menschen, die in der Pflege arbeiten, sind eben auch wirklich stresserprobt. Wir sind daran gew?hnt, flexibel zu sein und uns schnell abzustimmen. Das kommt uns gerade zu Gute. Ich hoffe aber auch, dass wir alle diese besondere Zeit nutzen k?nnen ? f?r uns selbst und in unseren privaten Beziehungen.

Die pers?nliche Beziehung spielt bei Ihnen ja eine besonders gro?e Rolle ? bleiben Sie auch auf Distanz mit Ihrer Klientel in Kontakt?

Ja, wir telefonieren viel mit unseren Patientinnen und Patienten aus der Tagespflege. Einige von ihnen konnten wir auch ?ber die h?usliche Pflege auffangen. Wir ?berlegen dar?ber hinaus, Hausbesuche anzubieten. Das kommt ein bisschen darauf an, wie sich die Lage weiterentwickelt. Im Vordergrund steht da f?r uns auf jeden Fall die Menschlichkeit und unser Service-Gedanke. Im Gesundheitswesen kann man nun mal nicht einfach ein neues Angebot entwickeln und abrechnen, wie das in anderen Branchen m?glich ist. Aber wir machen uns nat?rlich auch Gedanken ?ber Digitalisierungsm?glichkeiten, beispielsweise in der Pflegeberatung oder Weiterbildung. Gleichzeitig hoffe ich, dass diese Krise gerade auch im Gesundheitssystem als Chance genutzt wird. Anerkennung, Verg?tung, Erwartungshaltungen, B?rokratieabbau sind Schlagworte, die mir dazu einfallen, wo sich die Perspektiven gerade ma?geblich ver?ndern k?nnen. Ich hoffe, dass wir diesbez?glich nicht einfach schnell wieder zur Normalit?t ?bergehen, wenn das Schlimmste ?berstanden ist und vor allem wieder finanzielle Beweggr?nde im Vordergrund stehen.

Gibt es etwas Grunds?tzliches, das Sie anderen Unternehmen noch auf den Weg geben k?nnen?

Man muss gerade lernen, Dinge loszulassen. Mir geht aktuell immer mal wieder ein Buch durch den Kopf, das mir mein Vater vor Jahren geschenkt hat: "Die M?use-Strategie f?r Manager" von Spencer Johnson. Er vergleicht dort eine Menschen- und eine M?use-Familie. Dabei machen es sich die Menschen gerne gem?tlich und planen viel. Die M?use wiederrum suchen sich den n?chsten K?se und ziehen dann weiter, handeln eher kleinschrittig? agil. Dem kann ich gerade viel abgewinnen.

Liebe Frau Mani, vielen Dank f?r das Gespr?ch. Wir w?nschen Ihnen weiterhin Gesundheit, Zuversicht und einen klaren Kopf!