KG: Liebe Stefanie, lieber Matthias, Ihr besch?ftigt Euch mit dem Thema Gr?ndungs?kosysteme ja schon l?nger in Theorie und Praxis ? erkl?rt doch bitte kurz, was ihr darunter versteht.

MW: Gr?ndungs?kosysteme bzw. Entrepreneural Ecosystems haben einen regionalen Fokus, wobei die Region hier mehr oder weniger weit gefasst wird. Sie umfassen eine Vielzahl von Akteuren und Organisationen, die dabei unterst?tzen, dass ein gutes unternehmerisches Umfeld entsteht und Gr?nderinnen, Gr?nder und Start-ups erfolgreich agieren k?nnen. Dazu geh?ren zum Beispiel Bildungs- und Forschungseinrichtungen, Wirtschaftsf?rderungen, etablierte Unternehmen, Investoren, politische Institutionen oder auch engagierte Privatpersonen, wie erfolgreiche Gr?nderinnen, Gr?nder oder Business Angels.  

SJ: Was bei uns hier in der Gr?ndungsszene rund um Flensburg / S?nderborg so deutlich wird: Sie l?sst sich nicht durch die nationale Grenze beschneiden und basiert viel mehr auf einer gemeinsamen Geschichte und Kultur. Flensburg geh?rte ja mal zu D?nemark und so f?hlen sich ihr die Menschen hier auch sehr stark verbunden und auch das Gr?ndungs?kosystem definiert hier seine Grenzen selbst auf der Basis gemeinsamer Geschichte, Herausforderungen, einem gemeinsamen Mindset und Vertrauen. Ursprung der Aktivit?ten hier war beispielsweise die Abwanderung aus der Grenzregion auf beiden Seiten und dementsprechend auch der zunehmende Fachkr?ftemangel. So wurde unser Projekt aufgesetzt, um gezielt gegenzuwirken, mehr Angebote Hand in Hand gemeinsam aufzusetzen und zu vermarkten als auch die Region und die darin eingebettete Start-up Szene attraktiver und lebendiger zu machen ? nicht jede oder jeder muss zum Gr?nden erst nach Berlin oder Kopenhagen ziehen. Dabei haben wir die regionalen Akteure im Blick, die Matthias schon genannt hat, allerdings weniger etablierte Unternehmen ? einerseits wegen der ?ffentlichen F?rderung der Hochschulen zur Unterst?tzung der Gr?ndungsaktivit?ten am Campus und der damit verbundenen Hebung von Potenzialen, andererseits aber auch wegen des unterschiedlichen Mindsets. Wir f?rdern vor allem die Vernetzung durch Veranstaltungen und Workshops mit einem besonderen Fokus auf die Studierenden und Hochschulmitarbeitenden als Zielgruppen. Die anderen Akteure bekommen ? zumindest aktuell ? keine F?rdermittel f?r diese Arbeit, sind aber trotzdem mit Leib und Seele dabei, weil sie an unsere Zusammenarbeit und das weitere Aufbl?hen des Gr?ndungs?kosystems glauben.

MW: Das ist auch eine Erfahrung von uns bei der Entwicklung von Gr?ndungs?kosystemen: es gilt sog. ?Gravitationszentren? zu schaffen, die Leute zusammenbringen k?nnen. Mit ihnen kann ein Sog entstehen und das System wachsen und gedeihen. Da ist es fast egal, wer das anst??t ? ob das jetzt wirklich ein physischer Ort wie ein Co-Working-Space, Gr?ndungs- oder Technologiezentrum ist oder eine ambitionierte, gut vernetzte Einzelperson, die alle mitzieht. Solche Gravitationszentren bieten Orientierung und unterst?tzen die Vernetzung der einzelnen Akteure der Szene. Entscheidend ist hier au?erdem, wie Stefanie schon sagte, die Haltung gegen?ber Gr?nderinnen, Gr?ndern und jungen Unternehmen ? wir sprechen da von Gr?ndungs- oder Start-up-Kultur. Die Frage ist, ob man sie im Blick hat und offen willkommen hei?t. Hier liegt aus meiner Sicht auch eine Verbindung zwischen Gr?ndungs- und Business-?kosystemen: Wie offen sind etablierte Unternehmen f?r neue Technologien, Gesch?ftsmodelle und entsprechende Kooperationen mit Start-ups?

KG: Dann macht es f?r etablierte Unternehmen, die ein Business ?kosystem auf- oder ausbauen wollen, ja sicher Sinn, sich in der Gr?ndungsszene der eigenen Region, aber auch thematisch rund um ihre Gesch?ftsfelder genauer umzuschauen? Hier sind spannende Gravitationszentren, Innovationen und Partner zu finden. Ein wesentlicher Unterschied: dank der fortschreitenden Digitalisierung sind Business ?kosysteme dabei nicht regional gebunden, k?nnen sich also in virtuellen R?umen bilden und sie sind weniger politisch initiiert. Aber von der Kultur der Gr?ndungsszene scheinen sie auch was lernen zu k?nnen. Business ?kosysteme haben und brauchen ja zum Beispiel auch eine ?Gravitation? und eine gemeinsame Vision, auch wenn sie sich hier st?rker am Kundennutzen bzw. einem gemeinsamen Wertangebot orientieren als an wirtschaftspolitischen Zielen.

MW: Ja, genau, ein Gr?ndungs?kosystem in unserem Verst?ndnis ?fliegt? ja erst richtig, wenn es gut in das regionale Wirtschaftssystem eingebettet ist, d.h. etablierte Unternehmen und Start-ups zusammen an Business Cases arbeiten und Synergien nutzen k?nnen. Wir haben auch herausgefunden, dass es, wenn alle Akteure im Sinne der Vision im gleichen Zeitraum ?eine Schippe drauf? legen, das ?kosystem zum Positiven hin ?kippt? und weiteren Sog f?r Akteure und Ressourcen entwickelt und sich in ein Gleichgewicht auf h?herem Niveau einpendelt. Wir sprechen dabei von sogenannten ?Tipping-Points?. Dieses Gleichgewicht kann aber nat?rlich auch wieder in die andere Richtung kippen, wenn Akteure pl?tzlich andere Visionen verfolgen und/oder sich egozentrisch verhalten. Das gilt ja sicher auch f?r Business ?kosysteme. ?Give before you get? ist so oder so sicher eine passendere Haltung, wenn es darum geht, das f?r Kooperationen notwendige Vertrauen zu f?rdern.       

SJ: Unsere Gr?nderinnen und Gr?nder mit etablierten Unternehmen der Region zu vernetzen ist f?r uns auch noch ein spannendes Thema auf der Agenda. Da gab es bereits Ber?hrungspunkte und beiderseitiges Interesse, aber so richtig gez?ndet hat es noch nicht. Ich glaube, da braucht es auch noch ein bisschen ?bersetzungsleistung ? nicht sprachlich, eher in Bezug auf die jeweiligen Gesch?fts- und Kooperationsmodelle. Au?erdem sind es unsere Mittelst?ndler eher gewohnt, ?ber die eigene Region hinaus schauen zu m?ssen, um passende Partner f?r ihre Vorhaben zu finden.

KG: Ihr Lieben, vielen Dank f?r Eure spannenden Einblicke in die Welt der Gr?ndungs?kosysteme. F?r den Aufbau und die Steuerung von Business ?kosystemen konnten wir viel mitnehmen, beispielsweise die Idee der ?Tipping Points?. Sch?n, dass uns in jedem Fall die Vision einer lebendigen Wirtschaft eint.   

Diskutanten:

Stefanie Jordt (SJ) ist wissenschaftliche Mitarbeiterin und Gr?ndungs?kosystemkoordinatorin an der Hochschule Flensburg und unterst?tzt im Rahmen des Projekts ?VentureW?rft - Start-Up Flensburg-S?nderborg? die Gr?ndungsszene in der Grenzregion. Zudem ist sie Director Entrepreneurial Development am gemeinsamen Jackst?dt-Zentrum Flensburg der beiden Flensburger Hochschulen und promoviert in ihrer Freizeit zu grenz?bergreifenden Gr?ndungs?kosystemen. Kontakt: stefanie.jordt(at)hs-flensburg.de

Dr. Matthias Wallisch (MW) ist Referent im Fachbereich Gr?ndung im RKW Kompetenzzentrum und unterst?tzt gemeinsam mit seinem Team die Gestaltung von regionalen ?kosystemen f?r Gr?ndungen und Startups in ganz Deutschland. Er studierte Wirtschaftsgeographie an der LMU M?nchen und promovierte zum Thema Business Angels. Seit 2017 ist er Mitglied im Team Germany des Global Entrepreneurship Monitor. Kontakt: wallisch(at)rkw.de

Kathrin Gro?heim  (KG) ist Referentin im Fachbereich Digitalisierung und Innovation im RKW Kompetenzzentrum und besch?ftigt sich dort unter anderem mit der Entwicklung von Business-?kosystemen. Kontakt: k.grossheim(at)rkw.de

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