Unsere Welt ist in den letzten Jahren zunehmend volatiler und unvorhersehbarer geworden. Die Folgen der Corona-Pandemie sind noch nicht ?berwunden. Der Krieg, den Russland mit dem ?berfall auf die Ukraine begonnen hat, versch?rft die Lieferkettenprobleme und f?hrt zu explodierenden Energiepreisen sowie der beschleunigten Suche nach alternativen Energiequellen und -anbietenden. Die Klimakrise bringt sich mit Hitze- und D?rrewellen sowie Starkwetterereignissen, wie die Tornados in Paderborn, eindringlich in Erinnerung.

Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft als Grundlage f?r unsere Zukunftsf?higkeit

Weitsichtige Unternehmerinnen und Unternehmer sehen sich darin best?tigt, Robustheit und Resilienz mehr Aufmerksamkeit zu widmen als der kurzfristigen Gewinnoptimierung. Damit r?ckt die sozio-?konomische Transformation hin zu einer nachhaltigen Wirtschaft und Gesellschaft in den Fokus. Nach ?berwindung der kurzfristigen Herausforderungen steht mittelfristig die Dekarbonisierung von Wirtschaft und privatem Leben durch Elektrifizierung und Nutzung erneuerbarer Energiequellen im Fokus. Da der Verbrauch von neuen Rohstoffen f?r circa 50 Prozent der Treibhausgasemissionen und 90 Prozent des Verlusts an Biodiversit?t verantwortlich ist, werden wir, um weiterhin ein gutes Leben f?hren zu k?nnen, von der vorherrschenden Linearwirtschaft in eine Kreislaufwirtschaft transformieren m?ssen.

Kreislaufwirtschaft wird als ein regeneratives System definiert, in dem Ressourceneinsatz und Abfallproduktion, Emissionen und Energieverschwendung durch das Verlangsamen, Verringern und Schlie?en von Energie- und Materialkreisl?ufen minimiert werden.

Damit unterscheidet sie sich fundamental von der vorherrschenden Linear- oder auch ?Wegwerfwirtschaft?, in der ein Gro?teil der eingesetzten Rohstoffe nach der jeweiligen Nutzungsdauer der Produkte deponiert oder verbrannt wird.

Dies bedeutet f?r Unternehmen, zum einen durch geeignetes Design, Produkte zu gestalten, die langlebiger (zum Beispiel durch verbesserte Reparierbarkeit) sind oder mit weniger und nachhaltigeren Materialien auskommen. Zum anderen werden durch Partnerschaften entlang der Produktnutzung, beispielsweise mit Sharing-Anbietern oder mit Reparaturdiensten die Nutzungsdauer und Nutzungsintensit?t verbessert. Dar?ber hinaus wird durch Kooperationen mit weiteren Partnern, wie Abfall-, Logistik- und Recycling-Unternehmen, daf?r gesorgt, dass die Materialien am Ende des Lebenszyklus wieder in die Neuproduktion eingehen k?nnen.

Warum sollen sich Unternehmen heute mit Kreislaufwirtschaft besch?ftigen

Die Politik macht ernst: Der ?Circular Economy Action Plan? der EU sieht bis 2030 eine Verdoppelung der zirkul?ren Materialnutzungsrate auf dann 25 % in der Produktion vor. Die ?Sustianable Product Initiative? der EU schreibt konkrete Mindestrezyklatanteile in neuen Produkten vor. In Deutschland werden diese Vorgaben im Rahmen der ?Nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie? umgesetzt.

Rohstoffsicherheit und -preise: Studien von McKinsey und der Ellen MacArthur Foundation zeigen Potenziale zur Einsparung von Materialkosten in einer Gr??enordnung von ?ber 600 Mrd. EURO pro Jahr in der EU. Zirkul?re Materialien verbrauchen je nach Kategorie 5 bis 17 mal weniger Energie als Prim?rmaterialien. Dazu kommt, dass wesentliche Prim?rmaterialien aus Regionen kommen, deren Zuverl?ssigkeit fraglich ist.

Innovationstreiber: Die Umstellung von Linear- auf Kreislaufwirtschaft ist zugleich ein Innovationstreiber, da f?r eine erfolgreiche Umsetzung neue Kooperationen sowie innovative Gesch?ftsmodelle gesucht werden.

Hinzu kommen eine Reihe weiterer Vorteile f?r Unternehmen, die fr?hzeitig Kreislaufmodelle entwickeln:

  • Bessere Ratings bei der ESG-Bewertung durch Banken und Investoren.
  • Kompetenzen f?r Kreislaufmodelle aufbauen, bevor die Regulierung dazu zwingt.
  • Emotionale Bindung von Kundschaft und Mitarbeitenden durch nachhaltige und sinnstiftende Gesch?ftsmodelle.
  • Aktive Gestaltung des Gebrauchtmarktes f?r die eigenen Produkte.
  • Kundenn?he und besseres Verst?ndnis der Bed?rfnisse durch Kundenkontakt w?hrend der Nutzungszeit.
  • F?higkeiten zur Kooperation in Business ?kosystemen aufbauen.

Wie k?nnen Unternehmen zirkul?re Produkte und Gesch?ftsmodelle entwickeln?

Ausgangspunkt f?r die erfolgreiche Entwicklung von Kreislaufmodellen ist ein klares Bekenntnis der Unternehmensleitung. Sie l?sst dann in der Regel zun?chst den Stauts-quo und die Potenziale erkunden. Wesentliche Grundlage bieten sogenannte Lifecycle Assessments (LCA), die Materialstr?me f?r Komponenten und Produkte ?ber den kompletten Lebenszyklus verfolgen und daf?r den Footprint erheben. Die Betrachtung von Hemmnissen f?r Zirkularit?t oder der Austausch mit Unternehmen, die bereits zirkul?re Erfolge erzielt haben, zeigt konkrete Chancen auf.

Im n?chsten Schritt werden konkrete Ideen f?r die interessantesten Potenziale entwickelt. Als Grundlage eignen sich Erfolgsbeispiele anderer Unternehmen. Daf?r k?nnen beispielsweise die 40 Circular Economy Pattern Cards der Universit?t St. Gallen genutzt werden, die aus der Analyse von mehr als 200 Unternehmen mit erfolgreichen zirkul?ren Modellen erarbeitet wurden.

Als erste Schritte, die mit begrenzter Komplexit?t die Zirkularit?t der eigenen Produkte erh?hen, haben sich folgende Ma?nahmen bew?hrt:

  • Nutzung von Produktionsausschuss und -abf?llen f?r die eigene Produktion oder, falls nicht direkt einsetzbar, als Wertstoffe f?r die Produktion anderer Unternehmen.
  • Nutzung von zirkul?ren Materialien, die aus Rezyklaten oder als Abf?lle in anderen Produktionsprozessen entstanden sind, anstelle von Prim?rmaterialien.
  • Aufbau eines Reparatur Services, der die Langlebigkeit der Produkte st?rkt.
  • Schaffung eines Second-Hand-Angebots f?r gebrauchte und aufbereitete Produkte.
  • Aufbau eines R?cknahmesystems, um Komponenten oder Materialien wieder in den Produktionsprozess einzuspeisen.

Eine sehr elegante M?glichkeit f?r Unternehmen mit direkt einsetzbaren Produkten besteht darin, diese Produkte nicht mehr zu verkaufen, sondern ihren Kunden zur Nutzung zur Verf?gung zu stellen (Product-as-a-Service). Dies ist zugleich der Einstieg in ein innovatives Gesch?ftsmodell, das wiederkehrende Ums?tze erm?glicht und erlaubt, wertvolle Daten aus der Nutzungsphase zu gewinnen, die zu Verbesserungen der Produkte und des Serviceangebots f?hren.

Diese Beispiele zeigen bereits, dass f?r erfolgreiche Kreislaufmodelle in der Regel Kooperationspartner notwendig sind, mit denen entlang des kompletten Produktlebenszyklus ein Business-?kosystem aufgebaut wird. Neben den bereits etablierten Partnern entlang der Lieferkette, kommen neue hinzu.

Wie wird ein zirkul?res Business-?kosystem etabliert?

Hat man eine Idee f?r mehr Zirkularit?t, werden m?gliche Partner daf?r gew?hlt, mit denen ein konkretes Modell und eine gemeinsame Vision erarbeitet werden. So hat sich zum Beispiel unter der Bezeichnung ?Hamburger Wertstoffinitiative? Unilever mit einer Reihe von Partnern zusammengetan, um in und f?r Hamburg den Kreislauf f?r Waschmittelflaschen zu schlie?en.

In der Regel wird wie hier der Produkthersteller als Initiator auch zum Orchestrator, der dazu beitr?gt, dass die Materialstr?me und die Kooperationsschnittstellen aufeinander abgestimmt werden. Wesentlich f?r ein solches Business ?kosystem ist die gemeinsame Vision, die zeigt, was mit dem geschlossenen Kreislauf gemeinsam f?r die Umwelt, die Gesellschaft und den wirtschaftlichen Erfolg der ?kosystem Partner erreicht werden soll. Diese Vision stellt zugleich sicher, dass bei der Ausgestaltung der jeweiligen Gesch?ftsmodelle das gemeinsame Ziel nicht aus dem Auge verloren wird.

Dar?ber hinaus haben wir festgestellt, dass die Partner durch ihren jeweiligen Erfahrungshintergrund weitere Vorschl?ge, F?higkeiten und Partner mit einbringen, die das Gesamtmodell attraktiver machen. So hat im Beispiel oben der Handelspartner BUDNI seinen Kunden sowohl im station?ren Handel als auch ?ber Online-Kan?le n?tzliche Informationen zur M?lltrennung gegeben, die die Sammlung und das Recycling durch die Folgepartner erleichtert hat.

Wesentliche Erfolgsfaktoren f?r Business ?kosysteme in der Kreislaufwirtschaft

  • Denken in Kreisl?ufen und Gesch?ftsmodellen: Das Verst?ndnis von Materialkreisl?ufen beeinflusst das Produktdesign, die verwendete Materialien sowie die Logistik und R?ckf?hrung. Je besser das systemische Verst?ndnis ist, desto erfolgreicher werden die zirkul?ren Produkte. Das ganzheitliche Denken in Gesch?ftsmodellen stellt sicher, dass Kundenbed?rfnisse und -nutzen ebenso im Fokus stehen wie die Umsatzmodelle und Profitabilit?t der beteiligten Partner.
  • Eine gemeinsame Vision der ?kosystem-Partner ist die Basis daf?r, dass alle Beteiligten, die agil ihre spezifischen Gesch?ftsmodelle entwickeln dabei auf ein gemeinsames Ziel hinarbeiten.
  • Pragmatische L?sungen und Testen von kritischen Annahmen erm?glicht schnelles Lernen und gemeinsame Weiterentwicklung von zirkul?ren L?sungen.
  • Nutzung von Digitalisierung: Digitale Technologien und Kompetenzen erm?glichen erst eine wirksame und kosteng?nstige Kooperation zwischen den Partnern sowie die Verfolgung der Produkte entlang des Lebenszyklus. Au?erdem k?nnen digitale Services zus?tzlichen Kundennutzen und Einnahmem?glichkeiten bieten.
  • Erfahrungsaustausch: Herausforderungen und L?sungsbeispiele, die f?r ?kosystem-Partner bei der Etablierung von zirkul?ren L?sungen wichtig sind, lassen sich durch gezielten Erfahrungsaustausch mit anderen Unternehmen gewinnen. Deshalb haben wir gemeinsam mit Partnern den Sustainability Circle f?r Produkthersteller ins Leben gerufen.

Mit Blick auf die geplante gesetzliche Regulierung werden sich alle (produzierenden) Unternehmen der Kreislaufwirtschaft widmen m?ssen.

Fangen sie fr?hzeitig damit an, erzielen sie mit zirkul?ren Produkten und Gesch?ftsmodellen klare Wettbewerbsvorteile und finanziell attraktive Ergebnisse.

Die Vorgehensweisen, Methoden und hilfreiche Beispiele, in pragmatischen Schritten zirkul?res Gesch?ft aufzubauen, sind vorhanden. Damit ist f?r verantwortungsvolle Unternehmen sp?testens jetzt der richtige Zeitpunkt damit zu starten.

?ber den Autor: 
Georg von der Ropp ist CEO und Verwaltungsrat der BMI Lab AG, einem Spin-off der Universit?t St. Gallen.
Er unterst?tzt Unternehmen bei der Entwicklung von innovativen Gesch?ftsmodellen und dem Aufbau von Innovationsf?higkeiten. Kontakt: georg.ropp@bmilab.com

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Kathrin Gro?heim Digitalisierung & Innovation / Referentin

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Kathrin Gro?heim

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