Stand der Digitalisierung

Die W. Trautmann Baugesellschaft mbH & Co. KG hat zwar die Methode Building Information Modeling (BIM) noch nicht eingef?hrt, aber bereits erste Prozesse digitalisiert, vor allem die Buchhaltung: Der Rechnungseingang ist an die Liefereing?nge gekoppelt. Daf?r werden die Lieferscheine direkt auf der Baustelle eingescannt und in Echtzeit via ELO-System (Elektronischer Leitz Ordner, eine kommerzielle Software) ins B?ro ?bermittelt. Mit der Software k?nnen in Echtzeit Lieferscheine und sp?ter Rechnungen den jeweiligen Bauvorhaben und Projektleitungen zugeordnet werden. Die Lieferscheine werden mittels Smartphone, auf dem eine App installiert ist, abfotografiert, gespeichert und versendet. Somit haben sowohl die Polierin und der Polier als auch die Buchhaltung die Lieferscheine digital pr?sent. Die Software erm?glicht au?erdem, dass Rechnungen von mehreren Benutzerinnen und Benutzern eingesehen, gepr?ft und fakturiert werden k?nnen.

Ein digitales Aufma? erleichtert die Abrechnung. Hierf?r wird eine Bausoftware der BRZ Deutschland GmbH (brz Organisation und Bauinformatik) genutzt, die durch eine private Cloud-L?sung eine eng vernetzte und durchg?ngige Projekt- und Unternehmenssteuerung gew?hrleistet.

Ausschlaggebend f?r die Einf?hrung von digitalen Prozessen waren vor allem die Potenziale, die die Digitalisierung bei Lieferung, Abrechnung und Rechnungsstellung versprochen hat und das damit verbundene bessere Kosten-Nutzen-Verh?ltnis. Initiierende waren die Gesch?ftsf?hrung und die kaufm?nnische Leitung. In diesem fr?hen Stadium waren der Betriebsrat oder andere Besch?ftigte noch nicht eingebunden.

Auswirkungen der Digitalisierung

Durch die digitale Rechnungspr?fung in Kombination mit der Echtzeit-?bermittlung der Lieferscheine k?nnen vor allem Skontofristen besser ?berblickt und eingehalten werden. Reklamationen k?nnen schneller abgewickelt werden, da Rechnungs- und Lieferscheinnummern in dem System schnell abrufbar sind. Die effektive Produktivit?t ist also gestiegen, da Sortieren und Archivieren von Lieferscheinen und Rechnungen in Papierform nicht mehr n?tig sind. Sind die Unterlagen eingescannt, m?ssen nur noch die entsprechende Nummer und das Projekt zugeordnet werden; den Rest erledigt das System selbst?ndig.
Ein weiterer positiver Nebeneffekt ist, dass Papier, Druckerpatronen und auch der Platz f?r die Archivierung eingespart werden.

Von den Besch?ftigten wurde mit der Einf?hrung des Systems mehr technisches Verst?ndnis f?r die Prozesse erforderlich. Gleichzeitig k?nnen sie jetzt schneller und fr?her ihre Aufgaben erledigen als bisher. F?r die Mitarbeitenden ist das eine Erleichterungen in der Abwicklung, gerade auch durch die deutlich k?rzeren Suchvorg?nge auf Knopfdruck.

?ngste und Hemmnisse der Besch?ftigten

Von den Mitarbeitenden wurde mit der Einf?hrung des ELO-Systems eine schnellere Reaktion erwartet, was ihnen anfangs nicht leicht zu vermitteln war. Das folgende Beispiel macht dies deutlich: W?hrend die Lieferscheine fr?her erst zwei bis drei Tage nach der Lieferung im B?ro abgegeben wurden, gab es nach Einf?hrung des Systems von Seiten der Gesch?ftsf?hrung die Vorgabe, die Lieferscheine sofort nach Eintreffen der Ware zu registrieren und an das B?ro zu ?bermitteln. Die Mitarbeitenden bef?rchteten, dass bei Nichteinhaltung dieser Vorgaben (die stichprobenartig durch die Gesch?ftsleitung ?berpr?ft wurden) arbeitsrechtliche Konsequenzen drohen w?rden. Verst?rkt wurden diese ?ngste durch eine Arbeitsanweisung zur ?berpr?fung der Daten und Waren, die mit der Einf?hrung des ELO-Systems einherging.

Die Bef?rchtungen in der Belegschaft konnten erst im Rahmen einer Betriebsversammlung ausger?umt werden. Hier hatten sie die M?glichkeit, offen und sanktionsfrei ihre Bedenken in Bezug auf das ELO-Systems zu ?u?ern. Im Nachgang dazu erfolgte ein offener Austausch zwischen dem Betriebsratsvorsitzenden und der Gesch?ftsf?hrung. Das Ergebnis war eine Kompromissl?sung mit einigen Abweichungen von den urspr?nglichen Vorgaben. Mittlerweile hat sich die Arbeit mit dem System eingespielt und funktioniert recht gut.

Einbindung der Mitarbeitenden und des Betriebsrats in den Ver?nderungsprozess

Betriebsrat und Besch?ftigte wurden kaum eingebunden. Der Arbeitgeber erl?uterte der Belegschaft die bisherigen Prozesse sowie die zuk?nftige Vorgehensweise f?r die Einf?hrung und f?r den Umgang mit dem neuen System und welche Vorteile damit verbunden sind. Insofern machte er vor allem von seiner Informationspflicht Gebrauch.
Der Betriebsrat diskutierte folgende Kritikpunkte und Verbesserungsvorschl?ge der Belegschaft anschlie?end in einem Face-to-Fach-Gespr?ch mit der Gesch?ftsf?hrung und brachte entsprechende Empfehlungen ein:

  • Das ELO-System ist bisher nicht mit der BRZ-Cloud, mit der im Betrieb gearbeitet wird, synchronisiert. Bei beiden Systemen erfolgt eine separate Anmeldung; einen gleichzeitigen, also parallelen Zugriff auf beide Tools gibt es nicht. Dies hat zur Folge, dass die beiden Systeme an sich zwar hervorragend sind, insgesamt bleibt jedoch weiterhin eine partielle Verzerrung der Prozesse bestehen. Der Vorschlag ist, diese beiden Systeme baldm?glichst in Einklang zu bringen.
  • Es wurde beanstandet, dass beim Einstellen von neuen Unterlagen in das ELO-System, eine Benachrichtigung nicht automatisch erfolgt, obwohl diese f?r Pr?fung und Fakturierung n?tig sind.
  • Ein weiterer Kritikpunkt war, dass lediglich die Einstellungstage ber?cksichtigt, nicht aber die Skontofristen chronologisch gef?hrt werden. Somit gibt es trotzdem noch einen verh?ltnism??ig hohen Zeitbedarf, um sich einzuloggen, in Erfahrung zu bringen, ob neue Unterlagen vorhanden sind und Priorit?ten zu setzen.

Diese Verbesserungsvorschl?ge wurden im Anschluss an dieses Gespr?ch im Rahmen einer Betriebsversammlung nochmals aufgegriffen, um ihre Wichtigkeit aus Sicht der Mitarbeitenden zu unterstreichen.
Der Betriebsrat nutzte also sein Informations- und Vorschlagsrecht. Eine Betriebsvereinbarung f?r die Systemeinf?hrung wurde aber nicht abgeschlossen. Die Mitarbeitenden erhielten jedoch eine spezifische Einweisung in das neue System und bei Bedarf auch weitere Unterst?tzungen durch den Software-Hersteller.

Tipps f?r anderen Betriebsr?te

Digitalisierung erleichtert den beruflichen Alltag, wenn diese auf die Bed?rfnisse und auch auf die Voraussetzungen des Einzelnen abgestimmt ist.
Au?erdem steigt die Produktivit?t mit der Digitalisierung; parallel dazu aber zugleich auch die Gefahr, zeitlich ?berfordert zu sein. Deshalb sind flexible Arbeitszeiten anzubieten. Eine kontinuierliche, mentale Konzentration ist nur dann gegeben, wenn Pausen vorhanden sind, um den Regenerationsprozess zu gew?hren. Mit anderen Worten: In der bisherigen Arbeitsweise,  die nicht auf Digitalisierungsverfahren basierte, konnte man ?fter mal r?umliche und zeitliche Pausen einlegen, beispielsweise indem man bei Kolleginnen oder Kolleginnen Informationen im direkten, pers?nlichen Kontakt einholte. Solche Zwischenschritte ? die auch als ?kleine? Pause wahrgenommen wurden ? werden heute durch E-Mail-Kontakte ersetzt und dadurch verk?rzt; ebenso das Abwechseln zwischen sitzender und laufender Position ? und dies oft auch hausintern bei wenigen Schritten Entfernung.
Ein weiterer Vorteil der Digitalisierung ist das zunehmende Homeoffice-Angebot. Was im Bausektor bisher kaum m?glich war, ist nun selbstverst?ndlich ? im Wesentlichen auch der Corona-Krise geschuldet. Familie und Beruf lassen sich eben durch die zunehmende Flexibilisierung der Arbeitszeiten besser in Einklang bringen ? und dies nicht nur f?r Frauen beziehungsweise f?r Alleinerziehende mit Kleinkindern.