High-Tech-Gr?ndungen haben besondere Anforderungen an ihr regionales Umfeld. Dies gilt sowohl f?r die unterst?tzenden Programme als auch f?r die konkreten Standortgegebenheiten: l?ngere Entwicklungsphasen, h?here Finanzierungsvolumina und die Bindung an eine hochspezialisierte Infrastruktur (z.B. Labore, Produktionsanlagen) sind pr?gende Merkmale.
In unserer ersten Ausgabe 2023 der Reihe Erfahrungsaustausch ?Gr?ndungs?kosysteme gestalten? haben wir deshalb folgende Fragen diskutiert: Was ist unter High-Tech eigentlich zu verstehen? Welche Umfeldbedingungen und Programme sind wichtig, damit Deutschland vom Deep-Tech-Boom profitieren kann?
Unsere G?ste waren:
- Markus Riester, Tech-Unternehmer, Mentor f?r Startups, meist mit Schwerpunkt Medizintechnik und aktiver Investor. (https://meisterwerk.ventures/)
- Oliver Matyschik, Programmmanager bei HIGH-TECH.NRW, seit Juli 2022 bei der NMWP Management GmbH, die sich auf Nano- und Mikrotechnologie, neue Werkstoffe und Photonik fokussiert und auch f?r das Programm High-Tech-NRW verantwortlich ist.
High-Tech: Wahrnehmung und Definition
Der High-Tech-Begriff bietet vielf?ltige Interpretationsm?glichkeiten. Was geh?rt hier eigentlich dazu? Wie erfolgt eine Abgrenzung gegen?ber anderen Technologien oder Wirtschaftszweigen? Aus Sicht unserer beiden Experten stellen wissenschaftliche Erkenntnisse die Grundlage dar. Folgende Merkmal k?nnen genannt werden:
- hohe Risiken mit Bezug auf Technologie (Funktionsf?higkeit) und Marktchancen
- lange Zeitr?ume von der Erfindung ?ber die anwendungsbezogene Entwicklung bis hin zur Marktreife ? h?ufig mehr als zehn Jahre und
- entsprechend hohe Forschungs- und Entwicklungskosten.
Das derzeit prominenteste Beispiel ist Chat GPT OpenAI mit angeblichen Entwicklungskosten von drei Millionen Euro im Monat, die nur mit Hilfe eines starken Partners wie Microsoft getragen werden k?nnen (vgl. THE EPOCH TIMES, 19. Januar 2023).
Eine praktikable Operationalisierung kann ?ber die Bestimmung des ?Technology Readiness Level? erfolgen: einer Skala zur Bewertung des Entwicklungsstandes von neuen Technologien auf der Basis einer systematischen Analyse. Diese gibt auf einer Skala von 1 bis 9 an, wie weit eine Technologie bereits entwickelt ist. Diese Systematik und Herangehensweise wurde 1988 von der NASA f?r Raumfahrttechnologien eingef?hrt. F?r die praktische Anwendung ist eine Anpassung an Branchen oder Industriesegmente notwendig.
F?r die statische Erfassung von High-Tech-Gr?ndungen werden durchschnittliche Intensit?ten f?r Forschung und Entwicklung (FuE) nach Branchen herangezogen, also Ausgaben f?r FuE eines Unternehmens geteilt durch den Umsatz. Hierzu geh?ren per Definition die Spitzentechnik (FuE-Intensit?t ist h?her als 7 Prozent), die hochwertige Technik (FuE-Intensit?t liegt zwischen 2,5 und 7 Prozent) und technologieorientierte Dienstleister. Zur Spitzentechnik geh?ren beispielsweise die Herstellung von pharmazeutischen Grundstoffen, zur hochwertigen Technik Bereiche des Maschinenbaus und zu den technologieorientierten Dienstleistungen die Entwicklung von Software (vgl. IAB ? ZEW Gr?ndungspanel 2021).
High-Tech-Gr?ndungen als Teilmenge von Startups
Der Anteil an High-Tech-Gr?ndungen lag in Deutschland im Jahr 2021 entsprechend der ZEW-Definition bei 7,4 Prozent. Im Gro?en und Ganzen sehen wir ?hnliche Werte auch bei anderen Statistiken wie dem Global Entrepreneurship Monitor, wenn es um den Anteil technologieintensiver Gr?ndungen geht. Hier liegt der Anteil an Gr?nderinnen und Gr?ndern von technologieorientierten Unternehmen im Jahr 2021 bei etwa 5,8 Prozent. Im internationalen Vergleich belegt Deutschland einen Platz im Mittelfeld. High-Tech-Gr?ndungen stellen weitestgehend eine Teilmenge von Startup-Gr?ndungen dar. Denn nicht alle Startups geh?ren zum High-Tech-Segment, da bestimmte Branchen, in denen Startups aktiv sind, eine zu geringe FuE-Intensit?t aufweisen (z.B. Handel oder Bildung).
Woher kommen High-Tech-Gr?ndungen? Diese entspringen vor allem aus Universit?ten und Hochschulen. Der Gr?ndungsradar befragt regelm??ig Hochschulen zu ihren Gr?ndungsaktivit?ten: 1.108 Gr?ndungen f?r das Jahr 2021 sind auf Basis von Wissenschafts- und/oder Technologietransfer entstanden (2019: 984) und 254 der Gr?ndungen basieren auf Schutzrechten wie zum Beispiel Patenten (2019: 186). Insgesamt melden die an der Befragung teilnehmenden Hochschulen 2.779 Gr?ndungen f?r das Jahr 2021. Dies sind etwa 12,8 Gr?ndungen je 10.000 Studierende. Der Anteil technologieorientierter Gr?ndungen erreicht an Hochschulen demnach etwa 40 Prozent. Im Vergleich zum Anteil der High-Tech-Gr?ndungen in Deutschland insgesamt (7,4 Prozent) ist dieser Wert somit mehr als f?nfmal so gro?.
Was ist wichtig f?r den High-Tech-Standort Deutschland?
Unser Experte Markus Riester wies auf die Bedeutung der Ausbildung, insbesondere in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik (MINT) hin, sowohl in den Schulen als auch auch an Universit?ten, denn die Studienfachwahl beeinflusst das Gr?ndungsverhalten. Dies zeigt sich insbesondere bei einem Vergleich von Gr?ndungen von Frauen und M?nnern. Der hohe Frauenanteil bei Abschl?ssen in den Feldern Medizin, Rechtswissenschaften, Literatur und Sprachwissenschaften f?hrt zu mehr Gr?ndungen in den freien Berufen. Demgegen?ber stehen geringere Anteile von Frauen in den Fachrichtungen Ingenieurwissenschaften und Informatik ? h?ufig ein wesentliches Kompetenzmerkmal der Personen von Tech- oder Startup-Gr?ndungen. Mehr als 80 Prozent der Tech-Gr?ndungen erfolgen durch M?nner. (>> Mehr ?ber den Frauengr?ndungen im Tech-Bereich lesen Sie in diesem Online-Beitrag)
Oliver Matyschik betonte in diesem Zusammenhang die Notwendigkeit einer langfristigen Perspektive und das Denken ?ber Generationen hinweg. Beispielsweise zeigen sich bestimmte Bildungseffekte erst nach Jahrzehnten, die Einf?hrung der Schulpflicht im Jahr 1919 kann hier als eindr?ckliches Beispiel genannt werden. Die Finanzierung von Hoch- und Spitzentechnologien erstreckt sich ebenfalls ?ber ein oder zwei Dekaden. F?r private VC-Investoren lassen sich derartige Zeitr?ume kaum abbilden. Deshalb ist die Rolle der ?ffentlichen Hand durch die Initiierung von Forschungsprogrammen, Etablierung von Finanzierungsinstrumenten und der Vergabe von Auftr?gen an Unternehmen umso bedeutender. Der Staat kann hierdurch ma?geblich die Innovationsf?higkeit eines Landes beeinflussen. Dar?ber hinaus gilt es, die Zusammenarbeit zwischen High-Tech-Gr?ndungen und der mittelst?ndischen Industrie weiter zu st?rken, um schnellere Wege in den Markt zu beg?nstigen.
Beispiele f?r Programme zur Unterst?tzung von High-Tech-Forschung und -Gr?ndungen auf Bundesebene:
- Zukunftsstrategie Forschung und Innovation
- Exist - Existenzgr?ndungen aus der Wissenschaft
- DeepTech & Climate Fonds
Beispiele f?r Programme zur Sensibilisierung von jungen Menschen f?r MINT und Gr?ndungen: