Die gute Lage auf dem Arbeitsmarkt, die demografische Entwicklung, aber auch b?rokratische H?rden und finanzielle Belastungen f?hren dazu, dass die Zahl der Unternehmensgr?ndungen in Deutschland Jahr f?r Jahr sinkt. Unter den innovationsbasierten Volkswirtschaften belegt die Bundesrepublik laut "Global Entrepreneurship Monitor (GEM)" bei den Existenzgr?ndungen den vorletzten Platz unter den 27 innovationsbasierten und somit vergleichbaren L?ndern, die 2016 am GEM teilnahmen.

?German Angst? ? der Umgang mit der Fehlerkultur in Deutschland

 Fehlt es den Deutschen an Mut zur Unternehmensgr?ndung? Eine Studie der Unternehmensberatung Ernst & Young weist darauf hin, dass bereits drei von zehn Studenten am liebsten im ?ffentlichen Dienst arbeiten wollen. Sichere und voraussehbare Arbeitsverh?ltnisse scheinen einer Risikobereitschaft priorisiert gegen?berzustehen. Insgesamt erscheint das ?ffentliche Bewusstsein f?r Existenzgr?ndungen in Deutschland viel zu gering und Interessierte werden zu wenig ermutigt. Dies beginnt bereits mit der unzureichenden Vermittlung von Unternehmergeist w?hrend der Schullaufbahn. Dabei g?be es viel Unterst?tzung f?r Gr?ndungswillige: Wer sich in Deutschland entschlie?t, selbstst?ndig zu arbeiten, dem stehen zahlreiche Beratungs- und F?rderprogramme zur Verf?gung.

 ?Scheitern ist nur die M?glichkeit, es noch einmal besser zu machen.? Henry Ford

Das Fehlen einer eigenen Fehlerkultur in Deutschland ist ein zus?tzliches bedeutendes Problem. In einer Studie der "HHL Leipzig Graduate School of Management" bem?ngelten die Experten insbesondere die schlechte Gr?nderkultur sowie ein zu geringes Risikokapital. Insbesondere folgende Ursachen wurden f?r die geringe Gr?nderzahl genannt:

  • es fehle an einer Kultur des Scheiterns (79 Prozent),
  • die Gesellschaft be?uge Gr?nder h?ufig kritisch (58 Prozent),
  • potenzielle Gr?nder scheuten das Risiko und bevorzugten eine Festanstellung (47 Prozent).

Die Annahme, dass die Ursachen der "Gr?ndungsscheu" vornehmlich in der nicht vorhanden Fehlerkultur liege, best?tigen auch andere Studien. So sehen sich laut einer repr?sentativen Haushaltsbefragung des GEM 44 Prozent der befragten 18- bis 64-J?hrigen vornehmlich durch Angst am Gr?nden gehindert. In einer Studie der Universit?t Hohenheim haben 11,6 Prozent der befragten Bundesb?rger eine ?berwiegend negative Einstellung in Bezug auf unternehmerisches Scheitern.

Impulse setzen und voneinander lernen

Nat?rlich ist Gr?nden riskant: Entrepreneure m?ssen mit wenig Geld in relativ kurzer Zeit viel erreichen. Sie f?llen Entscheidungen in f?r sie ganz neuen Situationen.

Nach dem "KFW-Gr?ndungsmonitor 2017" sind die h?ufigsten Ursachen f?r das Scheitern pers?nliche Gr?nde, ohne unmittelbaren, wirtschaftlichen Zwang. Dazu geh?ren beispielsweise famili?re Belastungen, Stress, Krankheit, Unzufriedenheit mit dem erzielten Einkommen oder bessere Jobalternativen.

Fest steht, dass Deutschland "gr?nderfreundlicher" werden muss. Die Grundlagen sollten bereits in den Schulen gelegt werden. Werte, wie Risikobereitschaft und Gr?ndergeist bzw. Potenziale f?r Innovationen m?ssen bereits bei jungen Leuten geweckt werden, damit fr?hzeitig der Geist f?r Entrepreneurship geweckt wird.

Sicherlich kann man niemanden vor dem Scheitern bewahren, aber zumindest sollten (potenzielle) Gr?nder aus eigenen und fremden Fehlern lernen und so die Angst verlieren.

?Kein Risiko einzugehen, ist das gr??te Risiko.? Marc Zuckerberg

Der Wandel zum unternehmerischen Geist muss in den K?pfen und Herzen der Menschen beginnen. Die Herausforderung dabei ist, Menschen davon zu ?berzeugen, dass Scheitern nicht als Makel, sondern als neue Chance wahrgenommen werden kann. Dabei spielt die Politik und die F?rderung gru?nderfreundlicher Rahmenbedingungen eine gro?e Rolle. Laut einer Studie von "Ernst & Young" und "Deutsche B?rse Group"ben?tigt Deutschland einen st?rkeren Gr?ndergeist, indem die Gr?nder ermutigt werden, mit ihren Ideen auch mal zu scheitern. Ebenso macht der "Bundesverband Deutsche Startups" in seiner "Deutschen Startup Agenda 2017" darauf aufmerksam, dass in Deutschland keine insolvenzrechtlichen Erleichterungen und Ausnahmevorschriften f?r junge Unternehmen bestehen.

Kultur des Scheiterns in der Startup-Szene

Etwas positiver mit Scheitern umgehen k?nnen insbesondere junge Gr?nder (20 bis 30 Jahre) aus der Digitalwirtschaft, so die Studie der Universit?t Hohenheim. Dies best?tigt Prof. Tobias Kollmann, Inhaber des Lehrstuhls f?r E-Business und E-Entrepreneurship an der Universit?t Duisburg-Essen. Diese Zielgruppe befindet sich in einer Lebensphase, in der sie meist noch keine famili?ren oder anderen Lebensverpflichtungen haben und somit bereit sind, einen zweiten oder gar dritten Anlauf zu starten. Sicherlich liegt dies auch in der Besonderheit dieser Branche, die insgesamt vielf?ltig und gro? ist und damit, im Gegensatz zu anderen Branchen, Chancen f?r multiple Versuche bietet.

Die Autoren der Studie der Universit?t Hohenheim sind der Meinung, dass "die Chancen f?r eine neue Gr?nderzeit und einen positiveren Umgang mit Fehlern gut stehen ? diese wird insbesondere durch die junge, weltoffene, gut ausgebildete und risikoaffine Generation etabliert werden" (A. Kuckertz, u.a. 2015). Hierzu m?ssen insbesondere Ma?nahmen umgesetzt werden, wie:

  • Das Verst?ndnis unternehmerischen Handelns (Ausprobieren, Versuchen, Wagen, Lernen, Testen) muss mehr Verbreitung in der Gesellschaft finden.
  • Eine tolerante und fehlerfreundliche Unternehmerkultur muss eine erh?hte Aufmerksamkeit in Politik, Wirtschaft und Medien erhalten.
  • Erfahrene und weniger erfolgreiche Personen sollen bereit sein, von ihren Erfahrungen zu berichten.
  • Unternehmertum und positives Scheitern sollen als Themen fr?hzeitig in Schulen vermittelt werden.

Ist Deutschland bereit, f?r eine neue Gr?nderzeit? Die Chancen daf?r stehen auf jeden Fall gut. Jedoch braucht Deutschland eine Gr?ndungskultur der zweiten und dritten Chance und keine Stigmatisierung bei Misserfolg. Idealerweise soll eine Gr?ndung Spa? machen und andere Menschen motivieren, sich ebenfalls selbst?ndig zu machen. Das Bewusstsein, dass zu Erfolgen fast immer auch R?ckschl?ge geh?ren und Ideen Zeit zum Reifen ben?tigen, bis man ?die Ernte? einfahren kann, muss hierzulande noch wachsen.

Dieser Beitrag ist in gek?rzter Form dem RKW Magazin 3/2017 entnommen. Gern k?nnen Sie weitere Beitr?ge per Online-PDF lesen oder gleich eine Printausgabe bestellen:

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