Dr. Zern-Breuer, bevor wir uns Innovationslaboren widmen: Was ist ?berhaupt eine Innovation?
Von Joseph Schumpeter stammt die sch?ne Erkl?rung, dass Fortschritt und Innovation eine ?sch?pferische Zerst?rung? vorausgehen m?sse. Grunds?tzlich bedeutet der Begriff nicht nur eine Neuerung im Sinne einer neuen Idee oder Erfindung ? zur Innovation wird diese erst, wenn sie sich zum Beispiel als Produkt oder Dienstleistung   durchsetzt. Dann bringt diese oftmals auch technischen, sozialen oder wirtschaftlichen Wandel hervor.

Und was hat das mit Verwaltungen zu tun?
Aktuell steht die Verwaltung auf allen Ebenen vor gewaltigen Herausforderungen ? manche entwickeln sich rapide, wie etwa die Digitalisierung mit all ihren Folgen. Manche bestehen seit langer Zeit, wie etwa die kommunale Verschuldung.
Es hat immer wieder Versuche gegeben, durch Reformen die Verwaltungen moderner und leistungsf?higer zu machen. Die Gemengelage ist allerdings mittlerweile so komplex, dass sich die Herausforderungen nicht mehr durch bereits vorhandene Instrumente aufl?sen lassen.

Ein vielversprechendes Instrument sind Innovationslabore. Was genau ist das?
Grunds?tzlich ist ein Innovationslabor ein Ort, an dem experimentiert werden kann und soll, um mithilfe kreativer Methoden zu neuen L?sungen f?r ein Problem zu kommen ? und zwar m?glichst mit Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus ganz unterschiedlichen Bereichen. Es ist also eine Art Forschungskonzept, das eine neue Form der Kooperation zwischen Wissenschaft, Gesellschaft und weiteren Gruppen beinhaltet, gegenseitiges Lernen beinhaltet und kann gleichzeitig auch ein physischer Ort sein, an dem man gemeinsam arbeitet.

Und wie sieht das konkret in dem Innovationslabor aus, das Sie betreuen?
Im Innovationslabor auf dem Campus Speyer erarbeiten Personen aus Wissenschaft, Verwaltung, Wirtschaft, Politik und Gesellschaft gemeinsam L?sungen f?r Verwaltungsprobleme. Dabei wenden wir insbesondere in Workshops, aber auch bspw. bei Prozessbegleitungen kreative Formate auf Basis von Design-Ans?tzen und agilen Elementen an. Unsere Angebote erstrecken sich von der praktischen Initiierung und Begleitung von Innovationsprozessen f?r die ?ffentliche Verwaltung ?ber B?rgerbeteiligungsprozesse bis hin zu wissenschaftlicher Begleitforschung und Evaluation.

Und das Ziel Ihres Labors ist??
Unser langfristiges Ziel ist es, die Verwaltung auf allen Ebenen bei all den anstehenden Herausforderungen gut zu unterst?tzen und einen nachhaltigen Kulturwandel in der Verwaltung zu f?rdern. Dies ist aber sehr eng verzahnt mit weiteren Entwicklungen, die ?nderungsprozessen in der Verwaltung unterworfen sind ? bspw. Personalpolitik, Anreizsysteme, Curricula f?r Ausbildung und Studium. Es gibt also viel zu tun!

Eine letzte Frage: Ein Labor impliziert f?r mich, dass auch mal etwas schief geht. Inwiefern ist also eine gute Fehlerkultur wichtig?
Immens wichtig! Wenn eine positive Fehlerkultur vorhanden ist, gibt es auch eine konstruktive Vertrauenskultur in der Organisation bzw. im Team. Insbesondere sicherheitsorientierte Organisationen wie Verwaltungen sind oftmals von einer Kultur der Fehlervermeidung gepr?gt. Das kommt nat?rlich nicht von ungef?hr, die Aufgabe der Verwaltung ist verk?rzt gesagt vor allem die Sicherstellung, dass unser Gemeinwesen ?funktioniert?. Da denkt man nicht in erster Linie an Fehlerkultur, Kreativit?t etc. Ein Wandel der Arbeitskultur geht deshalb nur Schritt f?r Schritt ? es sollte z. B. ?berhaupt ein allgemeines Bewusstsein f?r Fehlerkultur geschaffen werden, inklusive regelm??iger, offener Kommunikation.


Vielen Dank f?r das Interview!