Analysen der Gr?ndungslandschaft in Deutschland zeigen: Der Weg in die Selbstst?ndigkeit oder zum eigenen Unternehmen ist nicht f?r alle Menschen gleicherma?en zug?nglich. Formale H?rden und kulturelle Haltungen f?hren zu unterschiedlichen Voraussetzungen in der Gesellschaft. Julia K?mper von Ventreneurs hat sich mit ihrem Team zum Ziel gesetzt, die Start-up-Szene ausgewogener und vielf?ltiger zu gestalten. Wir haben mit ihr ?ber die aktuellen Herausforderungen gesprochen.

Frau K?mper, im M?rz 2021 haben Sie gemeinsam mit Verena W?rsig Ventreneurs gegr?ndet. Es handelt sich dabei um einen Blended Value Incubator. Was ist das und welche Ziele stehen im Fokus?

Fangen wir mit unserer Vision an: Gr?nden f?r alle. Das klingt im ersten Moment nach nichts Besonderem. In Deutschland kann ja schlie?lich jede/jeder gr?nden, die/der m?chte. Oder? Unsere Arbeit in den letzten Monaten hat gezeigt: Nein, es kann nicht jede/jeder gr?n- den. Es gibt formale, rechtliche und gesellschaftliche H?rden. Mit Ventreneurs haben wir das Ziel, diese H?rden zu minimieren. Blended Value bedeutet, dass wir nicht nur wirtschaftliche Faktoren, sondern auch ?kologische und gesellschaftliche Themen in den Blick nehmen.

Welche Kompetenzen haben Sie in die Gr?ndung mitgebracht, um die angestrebten Ziele zu erreichen?

Verena war 27 Jahre bei einer Landesf?rderbank im Bereich Au?enwirtschaft, F?rder- und Innovationsberatung aktiv. Ich habe selbst bereits mehrmals gegr?ndet und bin zun?chst Mentorin und seit 2018 Gesch?ftsf?hrerin der VentureVilla Accelerator und Teil des weltweiten Netzwerks Women in VC. Au?erdem haben wir unser Team bereits erweitert um einen Anwalt, der sich um die rechtlichen Fragestellungen k?mmert, sowie um einen Experten f?r alles im Bereich IT.

Gr?ndung als Privileg? Analysen f?r Deutschland zeigen, dass Menschen, die gut verdienen, deutlich h?ufiger ein Unternehmen gr?nden als Personen mit einem geringeren Einkommen. Die Gr?ndung zeigt somit Charakterz?ge eines Privilegs. Wie ist Ihre Einsch?tzung?

Aus meinen Gespr?chen der letzten drei Jahre mit Nichtgr?ndern und -gr?nderinnen kann ich dies best?tigen. Allein die Anfangsh?rde, sich entsprechend Wissen bzgl. Rechtsformen und erster Gr?ndungskosten anzueignen, ist abh?ngig vom Einkommen bzw. Bildungsstand. Und die Kosten einer UG- und GmbH-Gr?ndung mit allen Folgekosten sind f?r Personen mit geringem Einkommen ein grunds?tzliches Problem.

Deutschland schl?gt bei Gr?nderinnen und Gr?ndern die Fortf?hrung einer Familientradition(?ber 60 Prozent) das Motiv der Weltver?nderungen (44 Prozent). Das klingt nach einer konservativen Haltung. Typisch f?r den Standort Deutschland?

Ja, die Zuschreibung, Start-ups seien innovativ, trifft gegebenenfalls auf die technische Seite zu. Kulturell sehe ich weniger innovative Ans?tze. Dieses Motiv beinhaltet aber auch wieder ein, wenn nicht sogar mehrere Privileg(ien): Gr?nden als Familientradition fortzusetzen,bringt bereits eine privilegierte Situation, n?mlich Wissen ?ber Gr?ndung mit und legt die Vermutung nahe, dass die Startschwierigkeiten durch die Familie in Form von monet?rer Unterst?tzung minimiert werden.

In Ihrem Impact Report f?r das erste Halbjahr 2021 wurden 22 Gr?ndungshemmnisse identifiziert. Wo liegen aus Ihrer Sicht die gr??ten Herausforderungen, um ?Gr?ndungen f?r alle? m?glich zu machen?

Die Komplexit?t der Hemmnisse zu verstehen und systemisch zu ver?ndern. Es gibt nicht das eine Gr?ndungshemmnis, sondern es kommen h?ufig viele verschiedene Faktoren zusammen. Die Herausforderung ist, die Hemmnisse mit den gr??ten Folgen zu identifizieren und langfristig systemisch zu ver?ndern. Wie beispielsweise das komplizierte und gr?ndungsunfreundliche Visa-Recht.

Die Analyse der Gr?ndungsquoten im Rahmen des Global Entrepreneurship Monitor ?ber die letzten 20 Jahre zeigt: Sowohl w?hrend der Finanzkrise 2008 und 2009 als auch in der Corona-Krise sind Gr?ndungsaktivit?ten von Frauen weniger stark zur?ckgegangen als die von M?nnern. Welche Interpretation k?nnte als Erkl?rungsversuch hier weiterhelfen?

Die Anzahl von Frauen im Gr?ndungskontext verglichen mit M?nnern ist niedrig. Aus meiner Sicht haben Frauen bereits jahrzehntelange Erfahrung mit unsicheren Lebensverh?ltnissen, gl?serner Decke, ?gender pay gap?und ?hnlichem gelebt. Alles Faktoren, die eine Gr?ndung unwahrscheinlicher machen, da das Scheitern h?here negative Auswirkungen h?tte. M?nner befinden sich nun durch die Corona-Pandemie auch in einer versch?rften Unsicherheitssituation.

Der Anteil junger Menschen, die ein Unternehmen gr?nden,hat in den vergangenen Jahren zugenommen. Welche Themen treiben die junge Generation voran?

Das ist eine gute Frage und pauschal nicht zu beantworten. Zumal Diversit?t und Inklusion der Start-up-Szene au?erdem beinhalten, dass auch ?ber 50-j?hrige Gr?nderinnen und Gr?nder eine wertvolle Perspektiverweiterung erfahren.

Was w?nschen Sie sich f?r die zuk?nftige Entwicklung hier in Deutschland mit Blick auf Gr?ndungen und Start-ups?

Weniger dem Silicon-Valley-Hero nacheifern, mehr kritisches Hinterfragen des Status quo und der Wille der im System handelnden Personen zu Reflexion und Ver?nderung.


Vielen Dank f?r das Gespr?ch!

Das Interview wurde bereits im RKW Magazin 4/2021 "Diversit?t bereichert" ver?ffentlicht.
 

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