Herr Wagner, starten wir direkt mit der Gretchenfrage: Was ist Agilit?t?
Das ist wirklich keine einfache Frage. Ich denke es ist gut, Agilit?t als eine Geisteshaltung zu beschreiben, die man sich aneignen kann. Das Wort ?agil? selbst bedeutet ?beweglich?. Hier kann man es so verstehen, dass man in der ?beraus komplexen, globalisierten Welt offen, flexibel und proaktiv ist. Man akzeptiert, dass die Welt nicht berechenbar ist und hei?t Ver?nderungen willkommen.
Und warum k?nnen Verwaltungen Agilit?t brauchen?
Verwaltungen stehen aktuell vor sehr komplexen Herausforderungen. Alles soll digital, schlanker und nutzer*innenfreundlicher werden. Gleichzeitig droht der demografische Wandel die Personalressourcen zu schm?lern. In solchen Umgebungen bietet sich Agilit?t zum Umgang mit komplexen Aufgaben an.
Verdeutlichen wir das anhand eines Beispiels: Beantragt ein B?rger*in einen Anwohner*innenparkausweis, gibt es zur Bearbeitung des Antrags ein standardisiertes Vorgehen. Hier wird Agilit?t nicht ben?tigt. M?chte ich jedoch das Vorgehen neu gestalten, vielleicht sogar unter Einbezug der B?rger*innen, bietet sich Agilit?t durchaus an. Was braucht der Antragsstellende, was ben?tigten die Bearbeitenden, um den Ausweis (in Zukunft) einfacher und schneller ausgeben zu k?nnen?
Scrum ist wohl die bekannteste agile Methode. Welche Methoden gibt?s denn noch so?
Es gibt ganz unterschiedliche Methoden. Kanban und Design Thinking sind noch sehr gel?ufig. Wichtig ist jedoch nicht die Anwendung von agilen Methoden, sondern das agile Mindset.
Auch passt nicht jede Methoden zu jedem Team oder jedem Problem. Wichtig ist hier, das passende aus dem Set der agilen Methoden auszusuchen. Was m?chte ich erreichen? Was ist das aktuelle Problem, das ich l?sen m?chte. Man kann sich z.B. auf den Seiten des ?Forum Agile Verwaltung e.V.? umsehen und inspirieren lassen.
Ich will als Verwaltung agil werden. Wie gehe ich das am besten an?
Einfach machen. Am besten klein anfangen, ausprobieren und Mut f?r neue Experimente haben. Gut funktioniert es ein einem kleinen vertrauten Kreis und im eigenen pers?nlichen Arbeitsumfeld. Im Optimalfall sieht man sofort ein Ergebnis und schafft so ein positives Erlebnis, das zum Weitermachen motiviert. Wichtig ist es zum Lernen zu kommen. Was habe ich ge?ndert, was hat es bewirkt? Wie kann ich/Wie k?nnen wir es jetzt noch ein wenig besser machen? Diese letzten Fragen stammen von einem Werkzeug mit dem Namen Retrospektive.
Haben Sie noch weitere Tipps f?r Neu-Agilisten?
Man sollte sich eine positive Fehlerkultur aneignen. Fehler sind etwas Gutes, aber das muss man erst verstehen und lernen. Statt zu fragen ?Wie konnte das passieren?? und sich gar Vorw?rfe zu machen sollte man fragen ?Was habe ich daraus gelernt??. Diese offene Haltung ist ein wirklich wichtiger Aspekt von Agilit?t.
Herr Wagner, vielen Dank f?r das Interview!
Ludger Wagner begleitet als Agile Coach und Scrum Master vor allem NGOs und ?ffentliche Verwaltungen, aber auch kleine und gro?e Unternehmen, auf ihrem Weg zu mehr Agilit?t. Er ist Mitglied im ?Forum Agile Verwaltung e.V.?, dessen Ziel es ist, agile Werte, Prinzipien und Praktiken in die Verwaltung und ?ffentliche Einrichtungen zu tragen. Au?erdem organisiert er das Meetup ?Agile Verwaltung Berlin?.
Weiterf?hrende Literatur f?r Interessierte: Agile Verwaltung. Wie der ?ffentliche Dienst aus der Gegenwart die Zukunft entwickeln kann. Springer Gabler Verlag, Nov. 2018. Bartonitz, M.; L?vesque, V.; Michl, T.; Steinbrecher W.; Vonhof, C.; Wagner,L. (Hg.).