Wie Mitarbeiterkompetenzen bei der Einf?hrung digitaler Technologien gezielt genutzt und ausgebaut werden k?nnen, um die angestrebten Effizienzziele zu erreichen und gleichzeitig die Qualit?t der Arbeit zu erh?hen, damit besch?ftigt sich das BMBF-Projekt "Arbeits- und prozessorientierte Digitalisierung in Industrieunternehmen", kurz APRODI. Wolfgang K?tter, GITTA mbH in Berlin, begleitet gemeinsam mit dem RKW Kompetenzzentrum und zwei weiteren Forschungspartnern die Entwicklungen in f?nf Industrieunternehmen. Wir fragten ihn, wie Arbeit zukunftsf?hig gestaltet werden kann.
Autonomie oder Flie?band-Monotonie? Mehr oder weniger, bessere oder schlechtere Arbeit? Wie sehen Sie die Zukunft?
Es sollten immer mehrere Zukunftsszenarien in die ?berlegungen einbezogen werden. Denn Entwicklungsrichtung und -dynamik sind offen. Wir k?nnen aber wie beim Wetterbericht eine rein beobachtende Position einnehmen, die Dinge laufen lassen und als unab?nderlich hinnehmen, oder wir k?nnen aktiv werden und damit wichtige Weichenstellungen wie z.B. die Entscheidung ?ber Ziele der Digitalisierung und Anforderungen an die IT-Systeme ("Requirements Engineering") beeinflussen. Noch haben wir die Wahl und die M?glichkeit, die Arbeit am Menschen orientiert zu gestalten.
Welche Rolle spielt der Mensch?
Die Rolle des Menschen bleibt auch weiterhin unverzichtbar. So k?nnen zwar Steuerungsfunktionen an die Technik "verloren" gehen. Was auf jeden Fall als menschliche Aufgabe bleibt, ist jedoch die Bew?ltigung des nicht Geplanten. Deshalb gilt es, "Crashkompetenzen" zu erhalten. Diagnose- und Entscheidungsf?higkeit in komplexen Situationen setzt allerdings voraus, dass der Mensch die zugrundliegenden Algorithmen kennt und die Prozesse durchschauen kann. Wenn wir verhindern wollen, dass Besch?ftigte zum Anh?ngsel der Technik werden und wie "dressierte Affen" die L?cken f?llen, f?r die es (noch) keine rentable technische L?sung gibt, dann m?ssen wir die Technik so entwickeln und die Arbeitssysteme so gestalten, dass der Mensch die IT-Systeme zu seiner Unterst?tzung nutzen kann. Das alles erfordert auch den Aufbau entsprechender Kompetenzen im F?hrungskr?ftebereich und bei den Fachkr?ften.
Worauf sollten sich Unternehmen einstellen?
Manager und F?hrungskr?fte m?ssen lernen, auf Selbstorganisation zu setzen und ihre F?hrungspraxis darauf auszurichten. Dazu gilt es, Orientierung zu geben, Ziele zu formulieren, und so einen Handlungsrahmen f?r die Mitarbeitenden zu schaffen. Interdisziplin?res Wissen und fach- bzw. abteilungs?bergreifende Kommunikation und Kooperation werden immer wichtiger. Fertigungs- und betriebswirtschaftliche Bereiche brauchen mehr IT-Wissen, umgekehrt m?ssen sich die IT-Abteilungen verst?rkt auf die Programme der Produktion einlassen und betriebswirtschaftliches Denken entwickeln. Die Rationalisierung von Produktionsprozessen und Dienstleistungsfunktionen im Umfeld der Produktion erfordern einen Blick ?ber den einzelnen Arbeitsplatz hinaus, um zum Beispiel ?berwachungst?tigkeiten vern?nftig zu gestalten. Risikoabsch?tzung und Risikomanagement werden perspektivisch ein zentrales betriebliches Kompetenzfeld bilden. Neben der Datensicherheit wird f?r die Besch?ftigten auch der Datenschutz immer wichtiger werden, da die technischen M?glichkeiten zur Verhaltenskontrolle mitwachsen.
Welche betrieblichen Ma?nahmen sind sinnvoll?
Der Gestaltung von Arbeitsanforderungen und Qualifizierungsma?nahmen sollte eine Bestandsaufnahme der bereits vorhandenen Qualifikationen vorangehen. So geben Altersstrukturanalysen Auskunft dar?ber, welche Besch?ftigten mit welcher Qualifikation und wann in Rente gehen. Sie sind im Hinblick auf unsere alternden Belegschaften wichtig. Das Lernen im Arbeitsprozess erm?glicht den raschen und flexiblen Kompetenzaufbau. Insbesondere j?ngere Menschen tragen h?ufig neue Impulse der Techniknutzung in die Betriebe. Ein Ausspielen der (meist technikaffinen) j?ngeren Belegschaftsmitglieder gegen die ?lteren und umgekehrt ist dabei unbedingt zu vermeiden. Und ganz wichtig: Digitalisierungsl?sungen d?rfen nicht "?ber den Menschen ausgekippt werden". Beteiligungs- und Mitgestaltungsm?glichkeiten tragen dazu bei, Rationalisierungspotenziale auszusch?pfen, sie erh?hen Akzeptanz und Motivation und f?rdern auch ganz nebenbei den Kompetenzaufbau.
Links:
Perspektiven f?r die Arbeitswelt von morgen, Leitfaden 2, Begleitforschung AUTONOMIK f?r Industrie 4.0. VDI/VDE Innovation + Technik GmbH (Hrsg.). Berlin September 2016
Post, Till: Fachkraft Technische Dienstleistungen. RKW-Kompetenzzentrum. Eschborn 2015