Jeder kennt es: dieses mulmige Gef?hl, irgendwo "der/die Neue" zu sein ? sei es am ersten Schultag, in einer neuen Stadt oder eben in einem neuen Job. Meistens l?st sich die anf?ngliche Nervosit?t dann aber doch schnell auf und im besten Fall wird sie von einem hier-geh?re-ich-hin-Gef?hl abgel?st. Aber was, wenn dem nicht so ist? Manchmal sorgen gerade in der Onboarding-Phase Stereotype und Vorurteile f?r Missverst?ndnisse und Unzufriedenheit. Unter Umst?nden wird sogar eine Negativspirale ausgel?st, die eine erfolgreiche Zusammenarbeit verhindert. Lesen Sie in dieser zweiteiligen Artikel-Reihe, wie sich anfangs  unscheinbare ?u?erungen oder Verhaltensweisen am Arbeitsplatz festfahren und f?r alle Beteiligten unbefriedigende Zust?nde entstehen k?nnen. Den Anfang macht?

?Belonging Uncertainty ? oder die Angst nicht dazuzugeh?ren

2007 untersuchten Wissenschaftler das Gef?hl zu einer Gruppe nicht dazuzugeh?ren (sog. Belonging Uncertainty). In zwei Experimenten auf dem Campus einer US-Elite Universit?t stellten sie in diesem Zusammenhang bedeutende Unterschiede zwischen Zugeh?rigen ethnischer Minderheiten mit negativem gesellschaftlichem Bildungs-Stigma und ihren wei?en Kommilitonen fest. Zwar gaben fast alle Befragten an, am Anfang des Studiums von Heimweh und Zweifeln geplagt zu sein, doch projizierten z. B. afroamerikanische Studierende dies scheinbar zus?tzlich auf ihre Hautfarbe. Sie scheint Belonging Uncertainty ungemein h?rter und in einem problematischen Zusammenhang zu treffen. Sie f?hlen sich nicht nur aufgrund von zum Beispiel fehlendem Anschluss, unsicherem Auftreten oder Ortsunkundigkeit unwohl, sondern denken:

Jemand wie ich geh?rt hier nicht her

Diese Erkenntnis ist durchaus bemerkenswert, denn das Gef?hl, in eine neue Umgebung nicht hineinzupassen kennt eigentlich jeder zum Beispiel von den ersten Tagen an einer neuen Arbeitsst?tte. Vermischt sich die nat?rliche Unsicherheit der Onboarding-Phase gleichzeitig aber auch noch - m?glicherweise zu Unrecht - mit dem Gef?hl, dass man "Leute wie mich hier nicht will", dann kann sich schnell eine Kettenreaktion von Frustration, (Selbst-)Ausgrenzung, Isolation und am Ende schlechteren Leistungen in Gang setzen. In der Studie zeigen das die durchschnittlich schlechteren Notendurchschnitte von afroamerikanischen Studierenden und Hispanics. Letztlich erf?llt sich also das anf?ngliche Vorurteil, wonach die angesprochenen Minderheiten weniger leistungsstark in der Ausbildung seien, obwohl es von den Voraussetzungen m?glicherweise gar nicht h?tte sein m?ssen. Solch ein Ph?nomen nennt man selbsterf?llende Prophezeiung.

Kleine Interventionen zeigen gro?e Wirkung

Nun kann man der Studie entgegnen, dass die Ergebnisse erst einmal nicht wirklich ?berraschend daherkommen. Umso spannender wird es allerdings, wenn man die Wirkungen von kleinen Interventionen in dieser Phase betrachtet. Die Forscher konfrontierten die Studierenden mit aufmunternden Aussagen ?lterer Semester, die alle das gleiche durchlebt hatten. Zu keinem Zeitpunkt wurden ethnische Zugeh?rigkeiten thematisiert. Die ?lteren betonten vielmehr, dass die erste Zeit f?r alle schwer sei.

Diese simple Ma?nahme hatte einen erstaunlichen Effekt - vor allem auf afroamerikanische Studierende und Hispanics. In der Folge reduzierte sich n?mlich ihre zuvor festgestellte kognitive Verkn?pfung von Ethnie und Unsicherheit drastisch. Sie wurden selbstbewusster und ihre Studienleistungen verbesserten sich im Vergleich zu Testgruppen signifikant. Ein Semester sp?ter hatten sich ihre Noten auf das Niveau des Gesamtdurchschnitts angehoben. Auch bei wei?en Studierenden hatten sich die Leistungen verbessert, wenn auch in einem geringeren Ausma?.

?bertragen auf den Arbeitsplatz: Was k?nnen Sie aus dem Beispiel lernen?

Folgende Denkanst??e k?nnen Sie f?r sich, Ihre Belegschaft und den ganzen Betrieb aus den Erkenntnissen der Studie ziehen:

Menschen arbeiten erfolgreicher, wenn sie sich integriert f?hlen.

  • Seien Sie sich bewusst, dass Menschen, die sich einer Minderheit zugeh?rig f?hlen, h?ufig schon gesellschaftliche Ausgrenzungserfahrungen durchlebt haben und "allt?gliche" Situationen vielleicht anders bewerten.
  • Die beschriebenen Dynamiken lassen sich auf jegliche Facetten von Vielfalt ?bertragen.
  • Gerade bei der Integration von vielf?ltigen Mitarbeitern (z. B. mit Migrationshintergrund) k?nnte das Beispiel der Studie n?tzlich f?r Unternehmen sein. Schlie?lich wurde nachgewiesen, dass Menschen erfolgreicher arbeiten, wenn sie sich integriert in ihr Umfeld f?hlen. Wie oben dargestellt, reicht h?ufig bereits ein aufmunterndes Wort, ein Gru? oder eine kleine Geste, um das Gef?hl zu vermitteln: "du geh?rst dazu".
  • F?rdern oder organisieren Sie beispielsweise au?erbetriebliche Aktivit?ten (Sportangebote, Firmenfeiern etc.) und laden Sie die gesamte Belegschaft ein. Sprechen Sie gezielt Personen an, die sich m?glicherweise selbst nicht trauen w?rden - zum Beispiel aufgrund sprachlicher Schwierigkeiten - und laden Sie diese ein.
  • Zeigen Sie Interesse am pers?nlichen Befinden der Betroffenen: Wie kommt der Besch?ftigte beispielsweise in der neuen Umgebung (eventuell neuen Heimat) zurecht? Wie gef?llt es ihm oder ihr am neuen Arbeitsplatz?
  • Mentoren oder Paten aus der Belegschaft k?nnten die Rolle der ?lteren Studierenden ?bernehmen und durch die anf?ngliche Unsicherheit helfen.
  • Erkl?ren Sie interne Gepflogenheiten ("Kaffee-Club", Stammtisch etc.) und laden Sie zur Teilnahme ein.
  • Weitere Studien zeigen, dass hier vor allem die F?hrungskr?fte gefragt sind. Wertsch?tzendes Verhalten und kulturelle Offenheit ?bertr?gt sich n?mlich auch auf das gesamte Team.

Warum sind Personen, die sich einer Minderheit zugeh?rig f?hlen, von Belonging Uncertainty st?rker betroffen, als andere? Grund hierf?r sind im Falle der oben genannten Studie negative Bildungs-Stereotype gegen?ber afroamerikanischen Studierenden und Hispanics. Doch auch in anderen Situationen k?nnen gesellschaftliche Vorurteile Ausgangspunkt f?r eine sich selbst verst?rkende Negativspirale sein.

Was sich hinter den Begriffen Andorra- bzw. Pygmalion-Effekt sowie Stereotype Threat auf sich hat und was das alles mit der Integration vielf?ltiger Mitarbeiter zu tun hat, erfahren Sie in den n?chsten beiden Blog-Beitr?gen.

 

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