?ber einhundert G?ste, darunter Fach- und F?hrungskr?fte aus der Unternehmenspraxis, Vertreter*innen von Branchen- und Sozialpartnerverb?nden sowie wissenschaftlichen Einrichtungen, begr??te Prof. Dr. Sascha Stowasser, Direktor des ifaa, am 5. Juni anl?sslich des ifaa-Fachkolloquiums 2019 in Essen.

Unter dem Titel ?Arbeits- und prozessorientierte Digitalisierung? berichteten in entspannter Lounge-Atmosph?re unter dem Dach des Oktogon, Zeche Zollverein, Industrieunternehmen ?ber Erfahrungen bei der Entwicklung und Einf?hrung digitaler L?sungen. Sie zogen damit eine Bilanz ihrer bisherigen Forschungs- und Entwicklungsarbeit im Projekt APRODI

Wie kann man Arbeit besser gestalten? Diese Frage treibt mich schon lange um", 

stellte Dr. Ernst Bartels, Ver?nderungsmanager im zentralen Business Service bei der ZF Friedrichshafen AG in Schweinfurt, unter Hinweis auf seine langj?hrige Mitgliedschaft in den RKW-Gremien ?Weiterentwicklung kompetenter Arbeitssysteme? und ?Mensch und Arbeit? fest. Mit der Projektarbeit in APRODI bot sich die Gelegenheit, eine unterst?tzende digitale L?sung f?r die Ersatzteilversorgung der Instandhaltung weiterzuentwickeln. Es zeigte sich schon zu Beginn des Projektes, dass das technische System ohne eine tiefgreifende strategische und organisatorische Neuorientierung und damit einen ganzheitlichen Blick auf das Werk und seine Mitarbeiter wenig Aussicht auf Erfolg haben w?rde. Tats?chlich sah man sich mit komplexen Herausforderungen konfrontiert, die zum Teil zun?chst wenig mit Digitalisierung zu tun hatten, aber dennoch angepackt werden mussten. Denn: ?Ein schlechter Prozess bleibt auch digitalisiert ein schlechter Prozess?.

?Das richtige Teil zur richtigen Zeit am richtigen Ort ? bei optimalen Best?nden? wurde als Ziel formuliert. Kein einfaches Unterfangen, erstreckt sich das Werk mit seinen historisch gewachsenen Lagerorten doch beiderseits des Mains ?ber mehrere Kilometer. Die Zusammenlegung von L?gern wurde geplant, eine Maschinenersatzteilstrategie entwickelt. Als eigentliches Digitalisierungsprojekt sollte das vor 15 Jahren am Standort Schweinfurt geschaffene und bew?hrte ?Instandhaltungsplanungssystem (IPS)? in die gesamte Prozesskette des Maschinenersatzteilmanagements eingebunden, allgemein ? auch von der IT - anerkannt, weiterentwickelt und intensiver in das bestehende SAP-System eingebunden werden. So sollen die Medienbr?che im Wesentlichen reduziert werden.

Unterschiedliche Erhebungsinstrumente dienten dazu Unternehmens- und Mitarbeiter- bzw. Nutzerinteressen abzuklopfen und Verbesserungspotenziale zu definieren. Dabei gab es, wie k?nnte es anders sein, nicht nur Erfolgserlebnisse. So brachte eine Selbstaufschreibung der Instandhaltungskollegen nicht die von den Forschern erwarteten vertiefenden  Hinweise auf konkrete Optimierungspotenziale. Andere Formate (Beobachtungsinterviews, Expertengespr?che, Vor-Ort-Begehungen und Workshops) trugen zur Identifizierung von Handlungsfeldern und Planung von Umsetzungsma?nahmen wesentlich besser bei und setzten eine Reihe Aktivit?ten in Gang. Dass der partizipative Ansatz, d. h. die fr?hzeitige Beteiligung der Mitarbeiter, ein wesentlicher Erfolgsfaktor ist, fasste Dr. Ernst Bartels mit seinem abschlie?enden Statement zusammen: "Wenn ich von Menschen Ver?nderung erwarte, muss ich sie mitnehmen, ?berzeugen und mitgestalten lassen." 

Besucher am RKW-Info-Stand (ifaa)


Agile Vorgehensweisen stehen bei John Deere in Mannheim im Fokus, wenn es darum geht, eine App f?r das digitale Shopfloor Management zu entwickeln. Ausreichende Freir?ume f?r die Entwicklung und Experimentierphase in cross-funktionalen Teams sind dabei f?r Organisationsentwicklerin Ina Beck unabdingbar. Mitarbeiterorientierung und der Aufbau digitaler Kompetenzen stehen f?r sie an erster Stelle, wenn es darum geht, neue Systeme einzuf?hren. Zu den notwendigen ?digitalen? F?higkeiten, jenseits des technischen Know-hows rechnet sie

  • Lernkompetenz
  • Ver?nderungskompetenz
  • Eigenverantwortung
  • ?bung und
  • ein digitales Mindset, gekennzeichnet durch Neugier und Furchtlosigkeit

Es sei wichtig, auf individuelle Qualifizierungsbedarfe einzugehen und alle mitzunehmen. Kurze Trainingseinheiten im Arbeitsbereich als niedrigschwellige Angebote seien insgesamt erfolgreicher als mehrst?ndige classroom-Formate. Einfache Anwendungen erm?glichten positive Lernerfahrungen.

Digitalisierung ist kein Projekt, sondern ein Prozess der kontinuierlichen Verbesserung?,

konstatierte Ina Beck. Es gebe auch nicht das eine erfolgversprechende Konzept, vielmehr seien Rahmenbedingungen zu ber?cksichtigen, etwa unterschiedliche F?hrungs- und Kommunikationskulturen. Neue Tools brauchten zudem einen dauerhaften Service- und Ansprechpartner und nicht zuletzt m?ssten klare Regeln zur digitalen Zusammenarbeit erarbeitet werden, z.B. welchen Stellenwert die face-to-face-Kommunikation haben soll.

Friedrich M?ller, Operations Manager der DuBay Polymer GmbH berichtete, dass die ausgepr?gt beteiligungsorientierte Arbeitskultur des Unternehmens (High Performance Works Culture) durch eine digitale L?sung unterst?tzt werden soll. Mit ein Ausl?ser f?r diese Entscheidung sei eine zun?chst diffus wahrzunehmende Unzufriedenheit in der Belegschaft gewesen,  die unter anderem auf unzureichende bzw. ?altmodische? Kommunikationsm?glichkeiten im Schichtbetrieb zur?ckgef?hrt wurde. Die Entwicklung einer zeitgem??eren Kommunikationsplattform auf MS-SharePoint-Basis erschien sinnvoll. In den vergangenen Monaten wurden mit fachlicher Begleitung des APRODI-Betriebsteams umfangreiche Bedarfs- bzw. Anforderungsanalysen mit Besch?ftigten aus allen betroffenen Funktionsbereichen und unter Mitwirkung des IT-Mitarbeiters durchgef?hrt (Beobachtungen, Interviews, Workshops). Ein Prototyp wurde entwickelt und zum mehrw?chigen Test freigegeben. Zwischenzeitlich konnten im Rahmen eines weiteren Workshops anhand von sogenannten Daumenregeln dessen Nutzerfreundlichkeit unter die Lupe genommen und  Verbesserungspotenziale erhoben werden, die bei der Weiterentwicklung des Systems Ber?cksichtigung finden.

Man darf gespannt sein, wie sich das neue Medium auf die Arbeitskultur auswirkt,?

so Friedrich M?ller.

Bei Agfa HealthCare GmbH in Pei?enberg soll ein digitales Assistenzsystem f?r die Montagemitarbeiter entwickelt werden. Projektleiter Johann Schmid und APRODI-Forschungspartner Wolfgang K?tter (GITTA mbH) erl?uterten ihre Beweggr?nde, schon bei der Auswahl des IT-Dienstleisters eine agile Vorgehensweise zu bevorzugen und diese auch im Designprozess beizubehalten. Nach ihrer ?berzeugung m?ssen IT-Entwicklung und -Service deutlich ?ber die technische Dienstleistung hinausgehen und setzen die Bereitschaft voraus, sich flexibel auf die Anforderungen des Auftraggebers/Nutzers einzustellen. Eine lauff?hige Version des neuen Systems sollte in kurzer Zeit angestrebt, kontinuierliche Verbesserungen gemeinsam erarbeitet und schnell umgesetzt werden k?nnen. Weitere Elemente agiler Vorgehensweise wie Taktung, Timeboxing, gemeinsame Etappenplanung und regelm??ige Reviews, sollen daf?r sorgen, dass IT-Vorhaben und Tagesgesch?ft unter einen Hut gebracht werden k?nnen. 

Mit Lego Serious Play den k?nftigen Arbeitsplatz gestalten (ifaa)

 Digitalisierung begreifbar machen",

unter dieses Motto stellten  Judith Hennemann und Marc Wilhelm, Continental Werk Frankfurt, ihren Erfahrungsbericht aus dem APRODI-Projekt. Judith Hennemann, Referentin f?r Organisationsentwicklung und Betriebliches Gesundheitsmanagement, hatte zum Auftakt des Digitalisierungsprojektes einen Visionsworkshop "Unser Werk 2025" durchgef?hrt. F?hrungskr?fte visualisierten mit Hilfe von Lego-Serious Play ihre Zukunftserwartungen und machten sie so im wahrsten Sinne des Wortes f?r sich und andere begreifbar.  

Eine au?ergew?hnliche Kreativmethode, die bei den Fachkolloquiums-G?sten auf gro?es Interesse stie? und viele zum "Mitspielen" in einem eigens angebotenen Workshop animierte. Eine Reihe anderer Methoden diente dazu, Mitarbeiter als Mitstreiter zu gewinnen (Influencer Workshop/Walt-Disney-Methode), ein eigenes Digitalisierungs-Reifegradmodell zu entwickeln oder Weiterbildungsbedarfe zu erheben.

 
"Es geht nicht darum, Arbeit ?berfl?ssig zu machen," res?mierte Thomas Merfeld, stellvertretender Vorstandsvorsitzender des ifaa, in seiner Zusammenfassung. Die Unternehmensberichte verdeutlichten vielmehr, dass es darauf ankommt, eine sozio-technische Herangehensweise, wie sie das APRODI-Projekt vorsieht, zu verfolgen. Technikaffine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seien bei der Entwicklung und Einf?hrung digitaler L?sungen unerl?ssliche Verb?ndete, aber sie m?ssten wie alle anderen auch mit den notwendigen Kompetenzen ausgestattet werden.? 

Hier geht's zur Dokumentation der Vortr?ge und Workshops